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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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noch …«
    »Oh, Marcel, findest du nicht, dass du übertreibst?«
    »Nur noch eins, Ginette, aber das ist wichtig, vergiss es nicht! Sag ihr, dass ihr Bankkonto vor Freude platzen wird! Meiner Choupette soll’s an nichts fehlen! Und sie soll sich schonen!«
    »Jetzt ist es aber gut, Marcel. Ich hab drei Kinder auf die Welt gebracht, und ich hab es überlebt. Beruhige dich!«
    »Man kann nie vorsichtig genug sein. Sie ist es doch gar nicht gewohnt, Däumchen zu drehen! Sie könnte sich wehtun.«
    »Ich mach mich mal wieder an die Arbeit. Du bezahlst mich ja nicht dafür, dass ich neben dem Telefon sitze und warte, oder?«
    Marcel sprang auf, umarmte eine Glyzinienranke und küsste sie. Die Regentropfen liefen über seine Wangen. Es sah aus, als weinte er vor Glück.
     
    Iris warf die Zeitschrift auf den Couchtisch und verzog das Gesicht. Sie war in die Falle getappt. Sie hatte die Journalistin in ihrer Wohnung empfangen, hatte Carmen den Tee auf einem großen dunklen, mit Schnitzereien verzierten Tablett von Brown and Birdy servieren lassen, hatte sie mit einem Zitronenkuchen mit Baiserhaube verwöhnt und ruhig und unbewegt ihre Fragen beantwortet. Alles war perfekt, ich hätte nur »Film ab« zu sagen brauchen, und es hätte auch noch eine Kamera laufen können! Szene 14. Arbeitszimmer der Autorin, über die alle Welt redet, an einem Spätnachmittag im Herbst: Sie empfängt eine Journalistin. Sie hat Bücher auf dem Boden verteilt, Papier zerknüllt, ein Notizbuch aufgeschlagen und einen Stift quer darüber gelegt. Im Hintergrund läuft leise Jazz, die raue Stimme von Billie Holiday unterstreicht ihre verzweifelte Melancholie. Alles war perfekt vorbereitet, zumindest hatte sie das gedacht …
    Ihre Beiläufigkeit war als Arroganz aufgefasst worden. Fehlte nur noch, dass sie mich als aufgeblasene Spießerin im Sonntagskostüm bezeichnet!, schäumte Iris. Sie las den Artikel noch einmal. Immer die gleichen Fragen: Wodurch unterschied sich das Verhältnis zwischen Männern und Frauen im zwölften Jahrhundert von dem heutigen? Worunter litten die Frauen damals? Sind sie im einundzwanzigsten Jahrhundert wirklich glücklicher als im zwölften? Was hat sich überhaupt verändert? Gefährden Moderne und Gleichberechtigung letztlich nicht die wahre Leidenschaft? »Frauen haben heute keine größere emotionale Sicherheit als früher«, hatte Iris geantwortet, »heutzutage passen sie sich besser an, das ist alles. Die einzig mögliche Sicherheit wäre, sich ganz von den Männern abzuwenden, sie nicht mehr
zu brauchen, aber das hieße auch, ein Stück weit zu sterben – zumindest für mich.« Das klingt doch gar nicht so schlecht. Und es ist nicht arrogant. »Es gibt keinen perfekten Mann. Der perfekte Mann ist immer der, den man liebt. Er kann achtzehn Jahre alt sein oder neunzig, dafür gibt es keine Regel. Hauptsache, man liebt ihn! Ich kenne keinen perfekten Mann, ich kenne nur Männer, manche davon liebe ich, andere nicht.«
    »Sie könnten also einen achtzehnjährigen Jungen lieben?«
    »Warum nicht? Wenn man liebt, haben Zahlen keine Bedeutung.«
    »Wie alt sind Sie?«
    »So alt, wie mich der Mann sieht, der mich liebt.«
    Sie spürte, wie ihr vor Zorn die Tränen kamen, griff nach einer anderen Zeitschrift und suchte den Beitrag über ihr Buch. Sie konnte keine Zeitung mehr aufschlagen, ohne auf ein Bild von sich zu stoßen. Manchmal betrachtete sie sich liebevoll, manchmal verärgert. Zu viel Rouge auf den Wangen, schlechtes Licht, oh, da sehe ich ja hübsch aus! Sie liebte es, für die Fotografen zu posieren. Sie gab sich ihnen hin, schmollte, lachte ausgelassen, setzte sich einen großen Hut auf, drückte sich die Nase mit ihrem behandschuhten Zeigefinger platt … Ein Spiel, dessen sie niemals überdrüssig wurde.
    Seite 121. Der Artikel eines griesgrämigen, intellektuellen alten Literaturkritikers. Er war bekannt für seine bissigen Kommentare und sein gnadenloses Urteil. Ängstlich las Iris die ersten Worte und seufzte erleichtert auf. Das Buch gefiel ihm: »Gelehrsamkeit und Talent in einer Feder vereint. Details, die fesseln, Seelenregungen, die begeistern. Ein Vokabular, das nicht nach Hermetismus strebt, sondern klar zu sein versteht, ohne durchsichtig zu sein …« Das ist doch schön, »klar, ohne durchsichtig zu sein«! Iris zog das Ende des wollenen Tuchs über ihre Füße, ihr war kalt, und sie läutete nach Carmen, sie hatte Durst. Sie erinnerte sich noch genau an diesen Kritiker. Sie hatte ihn

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