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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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aufgeweckt …«
    »Und war es ein hartes Erwachen?«
    »Ja, ziemlich hart.«
    »Wissen Sie noch, wie wir zusammen ins Kino gegangen sind? Damals haben Sie gesagt, dass Sie ein Buch schreiben und sich gleich darauf korrigiert, und ich habe mich gefragt, ob Sie sich nur versprochen hatten oder …«
    »Das habe ich gesagt?«, fragte Joséphine, um Zeit zu gewinnen.
    »Ja. Und ich finde, Sie sollten tatsächlich schreiben. Sie haben eine sehr lebendige Art, über Geschichte zu sprechen. Ich habe heute Nachmittag Ihren Vortrag gehört.«
    »Und was ist mit Ihnen? Warum schreiben Sie nicht?«
    »Weil man beim Schreiben auf sich allein gestellt ist. Man muss einen eigenen Standpunkt haben. Wissen, wer man ist … Und das weiß ich noch nicht.«
    »Sie vermitteln aber einen ganz anderen Eindruck.«
    »Ach ja?«
    Er zog schmerzlich eine Augenbraue hoch und spielte mit seinem Weinglas.
    »Dann sagen wir einfach, der Schein trügt … Aber das tut er ja meistens. Wissen Sie, wir beide haben etwas gemeinsam, wir sind Einzelgänger … Ich beobachte Sie in der Bibliothek, Sie reden mit niemandem, ich fühle mich sehr geschmeichelt, dass Sie mir Beachtung geschenkt haben.«
    »Sie machen sich über mich lustig«, stammelte sie errötend.
    »Nein, das meine ich ernst. Beim Arbeiten heben Sie den Blick nicht von Ihren Büchern, und abends huschen Sie wie ein kleines Mäuschen wieder hinaus. Es sei denn, Sie lassen gerade wieder Bücher fallen!«
    Joséphine lachte.
    Eine unwirkliche Stimmung lag über diesem Abend. Sie konnte nicht glauben, dass sie tatsächlich hier mit ihm auf einer Terrasse am Meer saß. Ihre Schüchternheit fiel von ihr ab, und sie verspürte den
Drang, sich ihm anzuvertrauen, ihm von sich zu erzählen. Das Restaurant hatte sich gefüllt, lautes Stimmengewirr die anfängliche Stille abgelöst. Sie mussten sich beim Reden vorbeugen, und das machte die Atmosphäre noch vertraulicher.
    »Darf ich Ihnen eine sehr persönliche Frage stellen, Luca …«
    Sie schrieb ihre Kühnheit dem Wein zu, der Meeresluft, diesem Hauch von Spätsommer, der über den weißen Tischdecken und den kurzen Röcken der Frauen lag. Sie fühlte sich wohl. Und alles ringsum schien von dem gleichen Wohlbefinden durchdrungen. Der abendliche Dunst zeichnete Wellen auf die hölzernen Terrassendielen, und sie las aus ihnen eine ermutigende Botschaft. Sie hatte das bislang nie gekannte Gefühl, in vollkommenem Einklang mit ihrer Umgebung zu sein. Sie spürte, dass das Glück zum Greifen nah war, und sie wollte es nicht unbeachtet vorbeigehen lassen.
    »Haben Sie nie geheiratet? Wollten Sie nie Kinder haben?«
    Er antwortete nicht. Seine Miene verfinsterte sich, sein Blick glitt in die Ferne, seine Lippen zogen sich zu zwei schmalen, bitteren Strichen zusammen.
    »Darauf möchte ich lieber nicht antworten, Joséphine …«
    Wieder verspürte sie das quälende Gefühl, ins Fettnäpfchen getreten zu sein.
    »Es tut mir furchtbar leid, ich wollte Sie nicht verletzen.«
    »Sie haben mich nicht verletzt. Schließlich war ich ja derjenige, der mit den persönlichen Fragen angefangen hat …«
    Aber wenn wir nur über Banalitäten oder das Mittelalter reden, werden wir einander nie besser kennenlernen, protestierte sie stumm. Im Sommer hatte sie beim Durchblättern von Zeitschriften erneut sein Bild in Anzeigen gesehen, unter anderem in einer Kampagne für ein Herrenparfüm; er hielt eine große, braun gebrannte Frau mit langen Haaren im Arm, die lachend den Kopf in den Nacken warf, wodurch ihre schlanke, muskulöse Taille sichtbar wurde. Sie hatte das Bild lange betrachtet: Lucas Blick war von einer Intensität, die sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Ein dunkles, ungezügeltes Verlangen. Die Männer werden dieses Eau de Toilette kaufen, um ihm ähnlich zu sein. Sie hatte sich gefragt, ob sie ihre Haare wachsen lassen sollte, so wie das Mädchen mit der goldbraunen Haut.
    »Ich glaube, ich habe Sie diesen Sommer in einer Anzeige für ein Eau de Toilette gesehen«, sagte sie, um das Thema zu wechseln.
    »Lassen Sie uns nicht darüber reden, ja?«
    Sein Blick war wieder verschlossen und undurchdringlich. Er wandte sich ab und schaute ins Innere des Restaurants, als warte er auf jemanden. Der freundliche, gut gelaunte Mann, der noch vor ein paar Minuten mit ihr geplaudert hatte, war verschwunden, geblieben war ein Fremder.
    »Es ist kalt, wollen Sie nicht lieber hineingehen?«
    Im Taxi, das sie zurück ins Hotel brachte, beobachtete sie ihn. Er

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