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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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sein, aber so ist es nun mal. Und jetzt will ich nicht mehr darüber reden, einverstanden?«
    Ihre Stimme war immer lauter geworden, bis sie sich zum Ende des Satzes hin überschlug und die gedämpfte Atmosphäre des friedlichen Abends zerriss.
    Nanu, was ist das für ein Radau?, dachte Chef und spitzte die Ohren. Sie verheimlichen alles vor mir! Ich bin wirklich das allerletzte Rad am Wagen in dieser Familie. Unauffällig verschob er die Zeitung auf dem Couchtisch und rutschte näher an die drei Frauen heran.
    »Mit der Situation klarkommen – und wie willst du das anstellen?«
    »Indem ich arbeite, Nachhilfe gebe … Ich weiß doch auch nicht! Ich komme gerade erst wieder zu mir, und ihr könnt mir glauben, das ist schwer genug. Ich glaube, ich habe noch gar nicht realisiert, was passiert ist.«
    Iris musterte ihre Schwester und bewunderte ihren Mut.
    »Was sagst denn du dazu, Iris?«, wollte Madame wissen.
    »Jo hat recht, es ist doch alles noch so frisch. Wir sollten ihr Zeit geben, sich zu fassen, ehe wir sie fragen, was sie vorhat.«
    »Danke, Iris…«, seufzte Joséphine und wagte zu hoffen, dass das Unwetter vorbeigezogen war.
    Doch sie hatte die Rechnung ohne Madames Starrköpfigkeit gemacht.
    »Als ich damals von einem Tag auf den anderen mit euch beiden allein dastand, da habe ich die Ärmel hochgekrempelt und gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet …«
    »Ich arbeite doch, Maman, ich arbeite! Das scheinst du nur immer wieder zu vergessen.«
    »So etwas nenne ich nicht arbeiten, Kind.«
    »Weil ich kein Büro habe, keinen Vorgesetzten, keine Essensgutscheine? Weil es mit nichts vergleichbar ist, was du kennst? Aber ich verdiene meinen Lebensunterhalt, ob du es glaubst oder nicht.«
    »Mit deinem lächerlichen Gehalt!«
    »Wie hoch war denn dein Gehalt, als du bei Chef angefangen hast? Das dürfte auch nicht viel höher gewesen sein.«
    »Sprich nicht in diesem Ton mit mir, Joséphine.«
    Amüsiert richtete Chef sich auf. Meine Fresse, das sieht nach Gewitter aus, dachte er. Endlich wurde der Abend spaßig. Die feine Dame würde sich aufs hohe Ross schwingen, Lügen über Lügen erzählen, in ihren Erinnerungen kramen und das alte Bild der frommen Witwe und großherzigen Mutter hervorzaubern, die sich für ihre Kinder aufgeopfert hatte! Er kannte ihre Märtyrernummer auswendig.
    »Es war tatsächlich eine schwere Zeit. Wir mussten den Gürtel enger schnallen, aber dank meiner Fähigkeiten konnte ich Chef sehr schnell von mir überzeugen … und ich habe die Situation gemeistert …«
    Noch immer gerührt von diesem unglaublichen Sieg über das widrige Schicksal, warf sie sich in die Brust, und ein Bild legte sich über ihre Worte: das Bild einer schönen, großen, heroischen Frau, die die entfesselten Wogen durchschnitt wie eine Galionsfigur und dabei zwei kleine Waisenmädchen mit vom Weinen geröteten Nasen hinter sich herzog. Dass sie es geschafft hatte, ganz allein ihre beiden Töchter großzuziehen, war ihr Ruhmestitel, ihre Marseillaise , ihre Eintrittskarte in die Ehrenlegion.
    Du hast die Situation gemeistert, weil ich dir immer wieder unter fadenscheinigen Vorwänden Geld zugesteckt habe und du so getan hast, als würdest du nichts merken, um mir nicht dankbar sein zu müssen, dachte Chef und feuchtete einen Zeigefinger an, um die Seiten der Zeitung umzublättern. Du hast die Situation gemeistert, weil du ein eiskalter Drachen bist, weil du käuflicher und herzloser bist als die durchtriebenste Nutte! Aber damals steckte mein Kopf schon in der Schlinge, und ich hätte alles getan, um dir zu gefallen und dir das Leben zu erleichtern.
    »… Später wurde meine Arbeit dann von allen anerkannt, sogar von Chefs Konkurrenten, und er wollte mich um jeden Preis behalten …«
    Ich wollte dich so unbedingt ins Bett kriegen, dass ich dir sogar das Gehalt eines Geschäftsführers überwiesen hätte, du hättest mich nicht mal darum zu bitten brauchen. Ich hab dir eingeredet, dass alle anderen
dich abwerben wollten, damit du mein Geld auch nimmst, ohne beleidigt zu sein. Gott, war ich blöd! Saublöd! Wenn Blödheit wehtun würde, müsste ich den ganzen Tag schreien! Und heute spielst du die Tugendhafte. Erzähl deiner Tochter doch, wie du mich geködert hast! Wie du mich nach deiner Pfeife hast tanzen lassen! Ich wollte dein Ehemann sein, aber ich war bloß ein Lakai. Ich hab dich angefleht, mir einen Kleinen zu machen, und du hast mir einfach ins Gesicht gelacht. Ein Kind! Einen kleinen Grobz! Dein Mund

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