Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
anscheinend zwei Hormone frei, die den Appetit auf Zucker und Kohlehydrate in Ihrem Gehirn ausschalten. Sie ham keinen Hunger mehr zwischen den Mahlzeiten. Also nehmen Sie ab, das ist wissenschaftlich bewiesen. Max hat das für mich im Internet gefunden … Sie ham doch auch Internet. Nicht? Sonst hätt ich Ihnen den Namen der Seite gegeben. Kaum zu glauben, diese Diät, aber ich schwör Ihnen, es funktioniert.«
»Ein Computer ist kein Luxus, Maman, sondern ein Arbeitsgerät … Du könntest ihn für deinen Job nutzen und wir für die Schule.«
»Ich weiß, Liebes, ich weiß.«
»Das sagst du zwar, aber in Wahrheit interessiert es dich gar nicht. Dabei geht es um meine Zukunft …«
»Hör zu, Hortense, ich werde alles für euch tun. Alles! Und wenn ich dir sage, dass ich erst darüber nachdenken muss, dann nur, weil ich
dir keine falschen Versprechungen machen will. Aber es kann durchaus sein, dass ich es irgendwie hinbekomme.«
»Oh, danke, Maman, danke! Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.«
Hortense schlang die Arme um den Hals ihrer Mutter und bestand darauf, sich wie zuvor Zoé auf ihren Schoß zu setzen.
»Das darf ich doch noch, nicht wahr, Maman? Ich bin noch nicht zu alt dafür?«
Joséphine lachte und drückte sie an sich. Sie war gerührter, als sie es hätte sein sollen. Sie so zu halten, ihre Wärme zu spüren, den süßen Geruch ihrer Haut zu riechen, den zarten Duft einzuatmen, der von ihren Kleidern aufstieg, das alles ließ ihr die Tränen in die Augen steigen.
»Ach, Schatz, wenn du wüsstest, wie sehr ich dich liebe! Es macht mich so unglücklich, wenn wir uns streiten.«
»Wir streiten uns nicht, Maman, wir diskutieren. Wir sehen manche Dinge eben unterschiedlich, das ist alles. Und, weißt du, wenn ich mich manchmal aufrege, dann liegt das daran, dass ich so traurig bin, seit Papa weg ist, und dann reagiere ich mich eben an dir ab, weil du da bist…«
Joséphine hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten.
»Du bist der einzige Mensch, auf den ich mich verlassen kann, verstehst du? Darum erwarte ich so viel von dir, denn ich bin ganz sicher, dass du alles schaffen kannst, meine liebste Maman … Du bist so stark, so tapfer, so verlässlich.«
Während Jo den Worten ihrer Tochter lauschte, fasste sie neuen Mut. Sie hatte keine Angst mehr, sondern fühlte sich zu allen Opfern bereit, nur damit Hortense sich noch länger an sie kuschelte und weiter zärtlich zu ihr war.
»Ich verspreche dir, du bekommst deinen Computer, Liebes. Zu Weihnachten … Kannst du noch bis Weihnachten warten?«
»Oh, danke, Maman. Du hättest mir keine größere Freude machen können.«
Sie schlang die Arme um Joséphines Nacken und umarmte sie so fest, dass diese rief: »Erbarmen! Erbarmen! Du brichst mir noch das Genick!« Dann rannte sie zu ihrer Schwester ins Zimmer, um ihr die gute Nachricht zu verkünden.
Joséphine fühlte sich leicht. Die Freude ihrer Tochter wärmte ihr Herz und verdrängte alle Sorgen. Seit sie die ersten Übersetzungsaufträge angenommen hatte, gingen Hortense und Zoé mittags in die Schulkantine, und abends gab es fast jeden Tag das Gleiche: Schinken und Kartoffelpüree. Zoé verzog beim Essen das Gesicht, und Hortense stocherte lustlos auf ihrem Teller herum. Joséphine aß ihre Reste, um nichts wegwerfen zu müssen. Noch ein Grund, warum ich zunehme, dachte sie, ich esse für drei. Nach dem Essen spülte sie – der Geschirrspüler war kaputt, und sie hatte nicht genug Geld, um ihn reparieren zu lassen oder einen neuen zu kaufen –, wischte die Wachstuchdecke auf dem Küchentisch sauber, holte ihre Bücher aus dem Schrank und machte sich wieder an die Arbeit. Sie erlaubte den Mädchen, den Fernseher einzuschalten … und wandte sich ihrer Übersetzung zu.
Von Zeit zu Zeit hörte sie ihre Kommentare. »Ich werde später mal Modedesignerin«, sagte Hortense, »und gründe mein eigenes Modelabel …«
»Und ich nähe dann Kleider für meine Puppen«, antwortete Zoé.
Sie hob den Kopf, lächelte und versenkte sich erneut in das Leben von Audrey Hepburn. Sie machte nur eine kurze Pause, um sich zu vergewissern, dass die Mädchen ihre Zähne geputzt hatten, und ihnen einen Gutenachtkuss zu geben, wenn sie im Bett lagen.
»Max Barthillet lädt mich gar nicht mehr zu sich ein, Maman … Was glaubst du, warum?«
»Ich weiß es nicht, Liebes«, antwortete Joséphine geistesabwesend. »Alle Leute haben ihre Sorgen …«
»Maman, wenn ich später
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