Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
Modedesignerin werden will, muss ich schon jetzt anfangen, mich schick zu machen …«, erklärte Hortense. »Ich kann nicht einfach irgendwas anziehen.«
    »Los, schlaft jetzt, ihr beiden!«, drängte Joséphine, die es eilig hatte, wieder an ihre Arbeit zu kommen. »Morgen früh um sieben müsst ihr wieder aufstehen.«
    »Glaubst du, die Eltern von Max Barthillet lassen sich scheiden?«, fragte Zoé.
    »Das weiß ich nicht, Schatz, schlaf jetzt.«
    »Gibst du mir etwas Geld, damit ich mir ein T-Shirt von Diesel kaufen kann, Maman«, bettelte Hortense.
    »Schlaft! Ich will kein Wort mehr hören.«
    »Nacht, Maman …«
    Sie kehrte zu ihrer Übersetzung zurück. Was hätte Audrey Hepburn in ihrer Situation getan? Sie hätte gearbeitet, sie hätte ihre Würde bewahrt, sie hätte stets an das Wohl ihrer Kinder gedacht. SICH SEINE WÜRDE BEWAHREN UND AN DAS WOHL DER KINDER DENKEN. So hatte sie ihr Leben gelebt, würdevoll, liebenswürdig und spindeldürr. An diesem Abend beschloss Joséphine, mit der Kartoffeldiät anzufangen.
     
    Es war eine kalte, regnerische Novembernacht. Philippe und Iris Dupin waren auf dem Heimweg von einem Abendessen bei einem von Philippes Partnern. Großer Rahmen, etwa zwanzig Gäste, ein Butler für den Service, prächtige Blumenarrangements, ein prasselndes Kaminfeuer im Salon und derart banale Gespräche, dass Iris sie im Voraus hätte wiedergeben können. Luxus, gutes Essen und … Langeweile, resümierte sie, während sie sich auf dem Beifahrersitz der bequemen Limousine nach hinten sinken ließ. Philippe fuhr schweigend durch Paris. Es war ihr den ganzen Abend über nicht gelungen, auch nur einmal seinen Blick aufzufangen.
    Iris sah hinaus auf Paris und bewunderte unwillkürlich die Gebäude, die Denkmäler, die Seinebrücken, die Architektur der breiten Straßen. Als sie in New York lebte, hatte sie Paris vermisst. Die Straßen von Paris, den hellen Stein der Gebäude, die Alleen, die Terrassen der Cafés, das friedliche Dahinfließen der Seine. Manchmal hatte sie die Augen geschlossen und Fotografien der Stadt vor sich gesehen.
    Das mochte sie am liebsten an solchen Abenden: die Rückfahrt. Die Schuhe ausziehen, ihre langen Beine ausstrecken, den Nacken gegen die Kopfstütze sinken lassen, die Augen halb schließen und sich vom Anblick der Stadt, die im Scheinwerferlicht zu zittern schien, gefangen nehmen lassen.
    Sie hatte sich heute Abend zu Tode gelangweilt. Man hatte sie zwischen einen enthusiastischen jungen Anwalt am Beginn seiner Karriere und einen der bedeutendsten Notare von Paris gesetzt, der die ganze Zeit über den Aufschwung am Immobilienmarkt geredet hatte. Langeweile führte bei ihr zu Wutanfällen. Am liebsten wäre sie aufgestanden
und hätte den Tisch umgeworfen. Stattdessen spaltete sie ihre Persönlichkeit und ließ »die andere«, die schöne Madame Dupin, ihre Rolle als »Frau von …« spielen. Sie ließ ihr Lachen – das Lachen einer glücklichen Frau – erklingen, um den Zorn, der in ihr loderte, zu ersticken.
    Zu Beginn ihrer Ehe hatte sie sich bemüht, sich an den Gesprächen zu beteiligen, hatte sich für das Geschäftsleben interessiert, für die Börse, für Gewinne, Dividenden, Konzernfusionen, Strategien, die ersonnen wurden, um einen Konkurrenten zu schlagen oder einen neuen Verbündeten zu gewinnen. Sie stammte aus einer völlig anderen Welt: Der Welt der Columbia-Universität, der leidenschaftlichen Diskussionen über Filme, Drehbücher und Literatur, und sie fühlte sich linkisch und gehemmt wie eine Debütantin. Doch mit der Zeit hatte sie begriffen, dass sie unwiderruflich im Abseits stand. Man lud sie ein, weil sie schön war, weil sie charmant war, weil sie Philippes Frau war. Sie gehörten zusammen. Aber sobald ihr Tischnachbar fragte: »Und Sie, Madame? Was machen Sie?«, und sie antwortete: »Ach, nicht viel! Ich kümmere mich um meinen Sohn …«, wandte er sich kaum merklich von ihr ab und einer anderen Dame zu. Anfangs war sie unglücklich darüber gewesen, es hatte sie verletzt, aber dann hatte sie sich daran gewöhnt. Es kam vor, dass gewisse Männer ihr diskret Avancen machten, aber sobald die Diskussion am Tisch lebhaft wurde, schwand ihr Interesse rasch.
    Doch heute Abend war es anders gewesen …
    Als der Gast, der ihr gegenübersaß, ein attraktiver Verleger, der für seinen Erfolg bei Frauen ebenso berühmt war wie für seine Bücher, sie ironisch gefragt hatte: »Nun, meine liebe Iris, spielen Sie immer noch zu Hause die

Weitere Kostenlose Bücher