Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
hübschen jungen Damen?« Dann antworte ich stolz: »Das sind meine Töchter, die beiden schönsten Mädchen auf der ganzen Welt!« Schreibt mir. Sagt Maman, sie soll Euch einen Computer kaufen, dann kann ich Euch Fotos vom Haus, von den Krokodilen und von den kleinen Chinesen in kurzen Hosen schicken! Es gibt mittlerweile recht günstige Modelle zu kaufen, sie muss also gar nicht so viel dafür ausgeben. Ich umarme Euch ganz fest und habe Euch lieb, Papa. P.S.: Anbei ein Brief für Eure Mutter…
Hortense reichte Joséphine das letzte Blatt, und diese faltete es zusammen und steckte es in die Tasche ihrer Küchenschürze.
»Willst du ihn nicht sofort lesen?«, fragte Hortense.
»Nein … Wollt ihr über Papas Brief reden?«
Die Mädchen sahen sie schweigend an. Zoé lutschte am Daumen. Hortense dachte nach.
»Krokodile sind blöd!«, sagte Zoé. »Und warum ist er nicht in Frankreich geblieben?«
»Weil in Frankreich keine Krokodile ›angebaut‹ werden, wie er sich ausdrückt«, antwortete Hortense seufzend. »Außerdem hat er ständig davon gesprochen, dass er wieder ins Ausland wollte. Wenn wir ihn gesehen haben, hat er über nichts anderes geredet … Ich frage mich nur, ob sie mit ihm gegangen ist …«
»Ich hoffe, dass er gut bezahlt wird und seine Arbeit ihm auch weiterhin gefällt«, mischte sich Joséphine hastig ein, damit die Mädchen nicht anfingen, über Mylène zu reden. »Es ist so wichtig für ihn, endlich wieder auf die Beine zu kommen und Verantwortung zu tragen. Ein Mann ohne Arbeit fühlt sich einfach nicht wohl in seiner Haut … Außerdem ist er dort ganz in seinem Element. Er hat diese Weiten immer schon geliebt, das Reisen, Afrika …«
Joséphine versuchte, mit Worten die Angst zu bannen, die in ihr aufstieg. Was für ein Irrsinn!, dachte sie. Hoffentlich hat er nicht auch noch Geld in dieses Wagnis investiert … Aber welches Geld hätte er dazu nehmen sollen? Das von Mylène? Ich hätte ihm wohl kaum dabei helfen können. Aber wehe, er bittet mich irgendwann, ihm unter die Arme zu greifen. Da fiel ihr ein, dass sie ja ein gemeinsames Konto hatten. Sie nahm sich vor, mit Monsieur Faugeron, ihrem Ansprechpartner bei der Bank, darüber zu reden.
»Ich geh jetzt in unser Zimmer und lese in meinem Reptilienbuch nach, was Krokodile so machen«, erklärte Zoé und sprang vom Schoß ihrer Mutter.
»Wenn wir Internet hätten, brauchtest du dafür kein Buch.«
»Wir haben aber kein Internet«, entgegnete Zoé, »und darum schaue ich in Büchern nach …«
»Es wäre gut, wenn du uns einen Computer kaufen würdest«, sagte Hortense. »Alle meine Freundinnen haben einen.«
Aber wenn er sich das Geld von Mylène geliehen hat, bedeutet das, die Sache zwischen ihnen ist ernst. Vielleicht werden sie sogar heiraten … »Ach was, du dumme Kuh, er kann sie nicht heiraten, er ist doch gar nicht geschieden!«, entfuhr ihr mit einem Seufzen.
»Maman, du hörst mir nicht zu!«
»Doch, doch …«
»Was habe ich gerade gesagt?«
»Dass du einen Computer brauchst.«
»Und, was willst du deswegen unternehmen?«
»Ich weiß es nicht, Liebes, ich muss erst darüber nachdenken.«
»Durch Nachdenken allein kannst du ihn garantiert nicht bezahlen.«
Sie ist sicher eine wunderschöne Hausherrin! Rosig, frisch, schlank. Joséphine stellte sich vor, wie sie auf der Veranda stand und auf Antoine wartete, wie sie in den Jeep sprang, um mit ihm über die Farm zu fahren, wie sie sich in der Küche zu schaffen machte, in einem großen Schaukelstuhl die Zeitung las … Und abends, wenn er nach Hause kommt, kocht ein Boy für sie ein leckeres Abendessen, das sie im Kerzenschein genießen. Es muss ihm vorkommen, als würde er noch einmal ganz von vorn anfangen. Eine neue Frau, ein neues Haus, ein neuer Job. Wir drei hier in unserer kleinen Wohnung in Courbevoie müssen ihm ziemlich bieder erscheinen.
Heute Morgen erst hatte Madame Barthillet, die Mutter von Max, sie gefragt: »Na, Madame Cortès, gibt’s was Neues von Ihrem Mann?« Sie hatte ausweichend geantwortet. Madame Barthillet hatte stark abgenommen, und Joséphine hatte sie gefragt, ob sie eine Diät mache. »Sie wern lachen, Madame Cortès, ich mach ’ne Kartoffeldiät!« Joséphine hatte tatsächlich laut aufgelacht, und Madame Barthillet hatte sie getadelt: »Im Ernst: Jeden Abend drei Stunden nach dem Abendessen eine Kartoffel, und Sie ham keine Lust mehr auf Süßes! Wenn man vorm Einschlafen ’ne Kartoffel isst, setzt die
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