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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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sagen?«, fragte er und spielte mit einem Stift, der der Flutwelle, die seinen Schreibtisch leergefegt hatte, entgangen war.
    René verschränkte die Arme und verkündete Marcel in aller Seelenruhe, dass seine größte Sorge Wirklichkeit zu werden drohte: Die Chinesen hatten seine Anweisungen falsch abgeschrieben. Sie hatten Zentimeter mit englischen Fuß verwechselt!
    »Ich hab’s gerade gemerkt, als ich die Bestelllisten für deine Fabrik in der Nähe von Peking überprüft hab. Die haben alles falsch verstanden, und wenn du das Schlimmste verhindern willst, solltest du dir das lieber schnellstens ansehen und dich dann hinters Telefon klemmen.«
    »Verdammte Scheiße!«, donnerte Marcel. »Da geht’s um Milliarden! Und das sagst du mir erst jetzt.«
    Er sprang auf, packte Jacke und Brille und stürmte hinaus ins Treppenhaus.
    René folgte ihm, und als er an Josianes Schreibtisch vorbeikam, befahl er: »Schnapp dir’nen Stift und deinen Block und komm …’S gibt Ärger bei den Schlitzaugen!«
    Josiane gehorchte, und zu dritt rannten sie nach unten.
    Renés Büro war ein kleiner, fast vollständig verglaster Nebenraum des Lagers. Ursprünglich sollte er als Umkleideraum dienen, doch dann hatte René ihn mit Beschlag belegt, weil er fand, dass sei viel praktischer, um den Warenein- und -ausgang zu überwachen. Und seitdem war der Raum Renés Heiligtum.
    Es war das erste Mal, dass Josiane und Marcel einander seit dem Vorfall beim Kaffeeautomaten von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. René öffnete die Rechnungsbücher auf seinem Schreibtisch und schlug sich gegen die Stirn.
    »Ach, verdammt!«, rief er. »Ich hab das andere vergessen … das Wichtigste! Es liegt noch vorne am Tor. Wartet hier, ich hol es schnell.«
    Er verließ das Büro, nahm den Schlüssel aus seiner Tasche, und – klick, klack – hatte er die beiden eingeschlossen. Dann ging er, sich die Hände reibend, davon und schnippte mit den Schnallen seiner Latzhose.
    Josiane und Marcel blieben im Büro und warteten. Josiane legte eine Hand auf den Heizkörper und zog sie jäh zurück: Er war glühend heiß! Vor Überraschung schrie sie leise auf.
    »Hast du was gesagt?«, fragte Marcel.
    Sie schüttelte den Kopf. Wenigstens hatte er sie dabei angesehen. Endlich wandte er ihr wieder das Gesicht zu und drehte sich nicht mit gerümpfter Nase weg.
    »Nein … Nur die Heizung, sie ist so heiß …«
    »Ach so …«
    Wieder senkte sich Schweigen auf sie herab. Man hörte nur das Geräusch der Gabelstapler, die Rufe der Arbeiter, die einander dirigierten  – rechts, links, höher  –, und die Flüche, die losbrachen, wenn durch ein abruptes Manöver die ganze Ladung auf den Boden zu kippen drohte.
    »Was treibt der denn?«, brummte Marcel und sah aus dem Fenster.
    »Der treibt gar nichts. Der wollte uns nur zusammen in einen Raum sperren, und das hat er geschafft! Seine Geschichte von der vermasselten Bestellung war erstunken und erlogen.«
    »Meinst du?«
    »Versuch doch mal rauszukommen … Ich bin sicher, er hat abgeschlossen. Eingebuchtet hat der uns wie die Panzerknacker.«
    Marcel legte eine Hand an die Bürotür, drehte den Knauf in sämtliche Richtungen, rüttelte ihn, doch die Tür blieb zu. Er schimpfte und versetzte ihr einen Fußtritt.
    Josiane lächelte.
    »Ich hab auch noch was anderes zu tun, verdammt noch mal!«, fluchte Marcel.
    »Glaubst du, ich nicht? Hältst du uns vielleicht für den Club Med?«
    Im Büro war es warm und stickig. Es roch nach kaltem Zigarettenrauch, bis zum Anschlag aufgedrehter Elektroheizung und feuchter Wolle. Josiane rümpfte die Nase und schnüffelte vorsichtig. Sie beugte sich über den Schreibtisch und entdeckte einen alten Pullover mit Rautenmuster, der über der Rückenlehne des Stuhls hing und direkt an der Heizung trocknete. Er hat vergessen, ihn mitzunehmen, er wird sich noch erkälten! Sie drehte sich zur Glyzinie um, und in diesem Moment sah sie den Zahnstocher, der in seinem üblichen Stechschritt anmarschiert kam.
    »Verdammt, Marcel! Der Zahnstocher!«, zischte sie.
    »Los, duck dich«, antwortete Marcel, »falls sie hier vorbeikommt.«
    »Und warum sollte ich mich ducken? Wir tun doch nichts Verbotenes.«
    »Runter mit dir, sag ich! Gleich sieht sie uns noch.«
    Er zog sie an sich, und zusammen sanken sie zu Boden und kauerten sich vor das niedrige Mäuerchen.
    »Warum hast du solche Angst vor ihr?«, wollte Josiane wissen.
    Marcel verschloss ihr mit einer Hand den Mund und presste

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