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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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sie mit dem Arm an seine Brust.
    »Du vergisst, dass sie am Ende alles unterschreibt.«
    »Weil du so blöd warst, sie unterschreiben zu lassen.«
    »Hör auf, ständig alles umkrempeln zu wollen.«
    »Dann hör du auf, dich von ihr übern Tisch ziehen zu lassen!«
    »Jetzt reicht’s aber! Du willst mir hier doch wohl keine Predigt halten … Neulich beim Kaffeeautomaten warst du nicht so superschlau, was? Ganz schwach und hingebungsvoll in den Armen von diesem Schönling, der seine eigene Mutter für’nen Goldzahn verkaufen würde!«
    »Ich hab mir nur ’nen Kaffee geholt … Das war alles.«
    Marcel blieb die Luft weg.
    »Hingst du vielleicht nicht diesem Chaval am Hals?«, protestierte er mit gepresster, beinahe tonloser Stimme.
    »Du hast ja recht, wir haben ’n bisschen rumgemacht. Aber damit wollte ich dich bloß eifersüchtig machen.«
    »Das hast du geschafft.«
    »Ja … das hab ich geschafft. Und seitdem redest du nicht mehr mit mir!«
    »Na ja, weil … das hatte ich nicht von dir erwartet …«
    »Was hattest du denn erwartet? Dass ich brav rumsitze und dir für deine alten Tage Wollmützen stricke?«
    Marcel zuckte mit den Schultern und begann mit dem Ärmel seiner Jacke seine Schuhspitzen zu polieren.
    »Ich hatte die Nase voll, Marcel …«
    »Ach ja?«, antwortete er so beiläufig, als gäbe es für ihn nichts Wichtigeres als die Sauberkeit seiner Schuhe.
    »Ich hatte die Nase voll davon zu sehen, wie du jeden Abend mit dem Zahnstocher abziehst! Es hat mir gereicht, Marcel, endgültig gereicht! Bist du nie auf die Idee gekommen, dass mich das verrückt macht? Du hast dein kuscheliges Doppelleben, und ich geb mich mit den paar Bröseln zufrieden, die du mir hinwirfst. Und dann soll ich sie auch noch ganz leise mit den Fingerspitzen aufpicken, damit sie nur ja nichts hört. Mein Leben rast vorbei, ohne dass ich auch nur irgendwas davon hätte. Das läuft jetzt schon ewig mit uns beiden, Marcel! Und wir treffen uns immer noch heimlich! Ich bin nie die Frau an deiner Seite, du führst mich nie richtig schön aus, wir machen nie Urlaub auf einer Südseeinsel! Nein, Choupette sitzt da im Dunkeln … Abendessen für zwanzig Euro und Plastikblumen! Dann die Beine auseinander, Willi hat seinen Spaß, und – zack – packst du deinen Kram und fährst zurück nach Hause! Ja klar … wenn ich Krach schlage, wenn ich drohe, deinen kleinen Freund nicht mehr ranzulassen, dann krieg ich mal wieder Schmuck geschenkt. Damit ich weiter stillhalte … damit sich der Sturm in meinem Kopf beruhigt. Aber sonst nur leere Versprechungen! Immer nur Versprechungen! Und an dem Tag, da konnte ich einfach nicht mehr … Sie war so gemein zu
mir gewesen. An dem Tag war meine Mutter gestorben, und sie hatte mir verboten, im Büro zu weinen. Dafür würde ich nicht bezahlt, hat sie gesagt! Ich hätte sie erwürgen können …«
    Marcel saß gegen das niedrige Mäuerchen gelehnt und hörte zu. Er ließ den sanften Klang ihrer Worte in sich einfließen und spürte, wie nach und nach Zärtlichkeit in ihm aufstieg. Sein Zorn fiel in sich zusammen wie ein Fallschirm nach der Landung. Josiane merkte, dass er allmählich weich wurde. Sie zog ihre Erklärungen in die Länge, bauschte sie auf, garnierte sie mit Tränen, Seufzern, Gelübden, färbte sie violett, braun, schwarz und rosa. Während sie ihm flüsternd ihr Leid klagte, spürte sie, wie Marcels Körper langsam, aber sicher immer näher auf sie zusank. Noch saß er gerade, noch umschlang er seine Knie mit den Händen, um nicht zur Seite zu sacken, aber er schwankte sacht und kam unweigerlich näher.
    »Meine Mutter zu verlieren war ein ziemlicher Schock für mich. Sie war beileibe keine Heilige, das weißt du ja! Aber sie war meine Mutter … Ich dachte, ich könnte stark sein, ich dachte, ich könnte das einfach schlucken, ohne was zu sagen, aber dann … wumm … Es war, als hätt mir jemand ’nen derben Schlag in den Magen verpasst, mir ist die Luft weggeblieben …«
    Sie nahm seine Hand und legte sie zwischen ihre Brüste, dorthin, wo es so wehgetan hatte. Marcels Hand wurde warm unter ihrer eigenen und fand ihren alten Platz in der weichen, vertrauten Mulde wieder.
    »Mir war plötzlich, als wär ich wieder zweieinhalb Jahre alt … Wenn du voller Vertrauen zu dem Erwachsenen hochschaust, der dich eigentlich beschützen soll, und stattdessen kriegst du eine gescheuert und fängst dir ’ne Ohrfeige ein, die du dein Lebtag nicht vergisst … Solche Wunden

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