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Die gelehrige Schuelerin

Die gelehrige Schuelerin

Titel: Die gelehrige Schuelerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ira Miller
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Annie sein?
    Ich wachte früh am Morgen auf, stand auf und spähte durch einen Spalt in der Jalousie. Ein wunderschöner, sonniger Tag. Ja, wir würden vergessen können, wir würden noch einmal von vorn anfangen. Annie und ich würden es schon schaffen. Wenn wir nach all diesem Scheiß noch zusammenbleiben würden, könnte nichts auf der Welt uns wieder voneinander trennen. Ich rollte die Jalousie ganz hoch. Annie wurde nun direkt von der Sonne gebadet. Sie richtete sich auf. »Okay, Schlafmütze«, sagte ich fröhlich. »Steh auf und erstrahle im Morgenlicht. Ein wundervoller Tag. Eine wunderschöne Stadt liegt uns zu Füßen. Liebende begeben sich auf die Pirsch.« Annie drehte sich auf die Seite und zog die Decke über den Kopf. Immer noch nackt, ging ich auf Zehenspitzen zu ihrem Bett hinüber, steckte den Kopf unter das Fußende ihrer Decke und begann, ihre Füße zu kitzeln. »Ja, ich weiß, du bist noch sehr schläfrig.« Sie zog ihren Fuß weg. »Du hast eine anstrengende Nacht hinter dir.« Ich fand ihren Fuß wieder und nahm ihn in die Hände. »Aber jetzt ist es Zeit aufzustehen und den Tag zu feiern.« Meine Stimme wurde lauter, so als würde ich versuchen, eine Menge zur Begeisterung anzustacheln. »Wir müssen aufwachen und den Sonnenschein begrüßen, der extra für unsere Feier hier eingetroffen ist. Die frische Luft, der blaue Himmel. Wir müssen unsere Liebe feiern. Denn, ja, das stimmt, Liebe ist der Schlüssel zum Universum. Das Kernstück, um das sich alles andere dreht. Wir wollen es allen zeigen, du und ich. Wir gehören zusammen. Annie und Arnie. Zwei süße, verliebte Liebende. Wir werden diese nette kleine Stadt zusammen erobern«– ich zog ihr die Decke weg; das war die Art, wie meine Mutter mich immer aus dem Bett gekriegt hatte –»und wir werden über alle Dächer und Schornsteine hinweg von der Spitze des höchsten Bauwerks unsere Liebe hinausschreien, verkünden, feiern…«
    »Arnie!« Sie setzte sich im Bett auf. Ihr Gesicht war schmerzvoll verzogen, so als täten meine Worte ihr weh. »Ich kann es jetzt nicht mehr länger aushalten. Arnie! Ich bin in jemand anderes verliebt.«
    Der Schock lähmte mich. Es dauerte ein paar Sekunden, bis meine Gedanken das Gesagte aufnahmen, ich mir des jähen Sturzes von kindischem Optimismus zur tiefsten Tragödie bewusst wurde. Ich vergaß meine früheren Zweifel, meine Probleme, die einfältige Hoffnung, dass es irgendwie doch noch klappen könnte. Der Gedanke, dass Annie jemand anderen liebte, überwältigte mich.
    Ich raste im Zimmer hin und her. Etwas musste jetzt sofort umgestoßen werden, da, der Papierkorb – Scheiße, leer. »Scheiße. Warum? Scheiße! Gott, o mein Gott. Scheiße, Scheiße, Scheiße.«
    Das war es. Ich konnte mich jetzt nicht mehr länger selbst an der Nase herumführen. Annie liebte einen anderen. Es war vorbei.
    »Arnie, hör mir doch mal eine Sekunde zu. Es ist nicht so schlimm, wie du denkst.«
    Wie hätte es nicht so schlimm sein können, wie ich es jetzt fühlte?! Sie liebte einen anderen. Schlicht und einfach. Nein, sie war nicht nur in einen anderen verliebt, sie konnte es mit mir ganz einfach nicht mehr länger aushalten. Sie hatte diesen Kerl also schon länger geliebt. Sie hatte mir gesagt, dass sie mich liebe, während sie in Wirklichkeit schon einen anderen liebte. Sie hatte mit mir geschlafen, obwohl und während sie dabei an einen anderen dachte. Wenn schon der Muskelprotz im Fernseher für mich ein Schlag ins Gesicht gewesen war, das hier war die Vernichtung.
    »Zieh dich an!«, donnerte ich. Ich wollte es nicht zugeben, aber ich fühlte mich zutiefst gedemütigt. Noch nie war ich mir so unbedeutend, so dämlich vorgekommen. Nie wieder würde ich jemandem meine Liebe schenken können. Was für Liebe eigentlich? Ich hatte nichts mehr davon übrig.
    »Arnie. Jetzt beruhige dich doch mal etwas, und hör mir zu! Bitte! Ich habe doch nicht gesagt, dass ich dich nicht mehr lieben würde. Ich habe bloß auch…«
    Ich griff zur Nachttischlampe und schmiss sie mit aller Gewalt gegen die Wand. Sie zersplitterte in tausend Stücke. Annie langte nach ihren Kleidern, flüchtete ins Bad und schloss die Tür hinter sich ab. Ich hasste sie. Ich wollte ihr nicht die Schuld geben. Ich wollte sie nicht hassen. Ich wollte sie nicht verletzen. (Aber dieser ganze Kummer kam schließlich durch sie.) Ich musste meine Wut an Gegenständen auslassen, weiter um mich schlagen, Dinge zertrümmern, mit den Füßen danach stoßen.

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