Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
morgens aufstehe«, erklärte der Dekan und spähte über Ridcullys Schulter.
    »Wo ist das Haar geblieben?« fragte der Erzkanzler.
    »Nun, manche Leute rasieren sich«, antwortete der Dekan.
    »Ich finde dieses Buch seltsam «, sagte Ridcully und richtete einen vorwurfsvollen Blick auf den Bibliothekar, der vor allem deshalb still blieb, weil er ein wenig besorgt war. Er befürchtete, die Vergangenheit verändert zu haben, zumindest eine Vergangenheit, und auf dem Rückweg zur Sicherheit der Unsichtbaren Universität hatte er das erste Buch ergriffen, das ihm für Leute mit einem sehr hohen IQ, aber dem geistigen Alter von etwa zehn geeignet erschien. Er hatte es auf einem Seitenweg gefunden, abseits der üblichen Forschungsebenen. Voller Unbehagen erinnerte er sich an die sehr kleinen roten Stühle in der Nähe.
    »Oh, jetzt verstehe ich, dies ist ein Märchenbuch«, sagte Ridcully. »Frösche verwandeln sich in Prinzen – so etwas in der Art. Nehmen wir nur diese Stelle … Hier gibt es etwas, das unseren Klecksen ähnelt, und dann gibt es Fische und dann einen … Molch, und dann folgt ein drachenartiges großes Wesen und dann, ha, eine Maus, und dann ein Affe, und dann ein Mensch. So etwas passiert die ganze Zeit über, vor allem in ländlichen Gegenden, wo manche Hexen ziemlich rachsüchtig sein können.«
    »Wißt ihr, die Omnianer glauben an so etwas«, sagte der Oberste Hirte. »Bei ihnen heißt es, Om schuf erst einfache Dinge, wie zum Beispiel Schlangen, um sich dann bis zum Menschen hochzuarbeiten.«
    »Als sei das Leben eine Art Modellierton?« fragte Ridcully, der mit Religion nicht viel anfangen konnte. »Man beginnt mit einfachen Dingen, um sich dann Elefanten und Vögel vorzunehmen, die nicht richtig stehen, wenn man sie absetzt? Wir sind dem Gott der Evolution begegnet , meine Herren, erinnert ihr euch? Die natürliche Evolution verbessert eine Spezies nur, kann aber nicht alles verändern. «
    Er klopfte mit dem Zeigefinger auf das nächste Bild im ziemlich bunten Buch.
    »Meine Herren, ich vermute inzwischen, dies ist ein Buch über Magie, vermutlich über die Hypothese des morphischen Rücksprungs.* [ * Schon seit vielen Jahren befaßten sich die Zauberer damit. Man ging dabei von folgenden Überlegungen aus. Es war recht einfach, jemanden in einen Frosch oder in eine weiße Maus zu verwandeln. Doch es erfordert große Mengen thaumischer Energie, um jemanden zu einem Orang-Utan werden zu lassen, obwohl Größe und Struktur einer solchen Gestalt der eines Menschen ähnelten – der Bibliothekar verdankt sein derzeitiges Erscheinungsbild einer magischen Explosion in der Bibliothek. Noch viel schwerer war es, jemanden in einen Baum zu verwandeln. Andererseits: Die Verwandlung eines Kürbisses in eine Kutsche bereitete so wenig Probleme, daß es sogar eine irre Alte mit einem Zauberstab bewerkstelligen konnte. Auf welche Weise sollte man dies alles erklären?
Die gegenwärtige Hypothese ging davon aus, daß die verschiedenen Arten des Veränderungszaubers das morphische Feld der betreffenden Person bis zu einem elementaren Niveau auflösten, um sie dann ›zurückspringen‹ zu lassen. Ein Frosch war ein recht einfaches Geschöpf, und deshalb genügte ein kurzer Rücksprung. Ein Affe hingegen, der in vielerlei Hinsicht große Ähnlichkeit mit dem Menschen aufweist, erfordert einen wesentlich längeren Rücksprung. Die Verwandlung eines Kürbisses in eine Kutsche fiel deshalb so leicht, weil im Pflanzenkosmos kein großer Unterschied zwischen ihnen existierte.
Für die Zauberer klang das alles vollkommen einleuchtend, weshalb es der Wahrheit entsprach.
Wenn Wilhelm von Ockham Zauberer an der Unsichtbaren Universität gewesen wäre, so hätte er sich einen Bart wachsen lassen. ] Seht euch dies an.« Das Bild zeigte eine sehr große Eidechse, gefolgt von einem roten Pfeil, gefolgt von einem Vogel. »Eidechsen verwandeln sich nicht in Vögel. Wenn sie dazu imstande wären, gäbe es überhaupt keine Eidechsen mehr, oder? Lebensformen können nicht selbst entscheiden, welche Gestalt sie haben möchten. Stimmt’s, Quästor?«
    Der Quästor nickte fröhlich. Er hatte die Hälfte von HEX’ Beschreibungen der theoretischen Physik des Projekts gelesen und bisher jedes Wort verstanden. Seine besondere Zufriedenheit galt der Begrenzung der Lichtgeschwindigkeit; sie ergab einen großen Sinn.
    Er nahm einen Stift und schrieb an den Rand: ›Angenommen, das Universum ist negativ gekrümmt und hat eine

Weitere Kostenlose Bücher