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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mehrfach gefaltete, nichtparamideanische Struktur, was mehr oder weniger offensichtlich ist – dann könnte man topologische Erkenntnisse gewinnen, indem man die gleichen Galaxien in verschiedenen Richtungen beobachtet.‹ Er überlegte kurz und fügte dann hinzu: ›Reisen sind dafür erforderlich.‹
    Der Quästor war ein geborener Mathematiker, und geborene Mathematiker wünschen sich, den verdammten Summen so schnell wie möglich zu entkommen und jenes sonnige Hochland zu erreichen, wo alles mit den Buchstaben eines fremden Alphabets erklärt wird und kaum jemand schreit. Dies hier war sogar noch besser. Die schwer zu verdauende Vorstellung, daß es Dutzende von Dimensionen gab, die sich irgendwo zusammenrollten, wo man sie nicht sehen konnte, war ein gefundenes Fressen für jemanden, der viel mehr sah als gewöhnliche Leute.

SECHSUNDZWANZIG
    Die Abstammung des Darwin
    In Heiße Hüpfer sind die Zauberer dem Gott der Evolution begegnet. Er machte Dinge, wie es ein Gott tun sollte:
    »›Bemerkenswerte Arbeit‹, sagte Ridcully und kletterte aus dem Elefanten hervor. ›Ausgezeichnete Räder. Die einzelnen Teile werden bemalt, bevor man sie zusammensetzt, nicht wahr?‹«
    Der Gott der Evolution baut Geschöpfe Stück für Stück, wie ein Fleischer, nur in umgekehrter Reihenfolge. Er mag Würmer und Schlangen, weil sie sehr einfach sind – man kann sie ausrollen wie ein Kind mit Modelliermasse. Aber wenn der Gott der Evolution einmal eine Art gemacht hat – kann sie sich dann verändern? Auf der Scheibenwelt tut sie es, weil der Gott herumläuft und in aller Eile etwas nachstellt … Doch wie funktioniert es ohne solche göttlichen Eingriffe?
    Alle Gesellschaften, die Haustiere besitzen, seien es Jagdhunde oder eßbare Schweine, wissen, daß sich die Form von Lebewesen von Generation zu Generation allmählich ändern kann. Menschliche Eingriffe in Form einer ›unnatürlichen Auslese‹ vermögen lange dünne Hunde zu züchten , die in Löcher kriechen können, und große fette Schweine, die mehr Schinken pro Haxe liefern.* [ * Die Menge des Schinkens pro Haxe liegt im Durchschnitt knapp über einem Viertel der Menge pro Kopf. ] Die Zauberer wissen das, und die Leute im viktorianischen Zeitalter wußten es auch. Bis ins neunzehnte Jahrhundert scheint jedoch niemandem aufgegangen zu sein, daß ein ganz ähnlicher Vorgang die außerordentliche Vielfalt des Lebens auf der Erde von Bakterien bis Baktriern, von Orangen bis Orang-Utans erklären könnte.
    Das kam ihnen aus zwei Gründen nicht in den Sinn. Wenn man Hunde züchtet, bekommt man eine andere Sorte Hund – keine Banane und keinen Fisch. Und Tierzucht war die reinste Magie: Wenn Menschen einen langen dünnen Hund wollten und mit kurzen dicken anfingen, und wenn sie wußten, wie der Trick funktioniert (wenn sie sozusagen die richtigen ›Zaubersprüche‹ anwandten), dann bekamen sie einen langen dünnen Hund. Bananen, auch wenn sie lang und dünn sein mochten, waren kein guter Ausgangspunkt. Organismen konnten nicht die Art wechseln, und innerhalb ihrer eigenen Art veränderten sie sich nur, weil Menschen es wollten.
    Gegen 1850 begannen sich zwei Leute unabhängig voneinander zu fragen, ob nicht die Natur ein ähnliches Spiel spielt, aber in weitaus größerem Zeitmaßstab und in viel größerem Umfang – und ohne jeden vorgefaßten Zweck (was der Fehler in früheren Spekulationen in ähnlicher Richtung gewesen war). Sie zogen eine selbstgetriebene Magie in Betracht: die ›natürliche‹ Auslese im Gegensatz zur Zuchtwahl durch Menschen. Einer von ihnen war Alfred Wallace, der andere – heute wesentlich bekanntere – war Charles Darwin. Darwin war jahrelang auf Weltreisen. 1831 bis 1836 war er als Schiffs-Naturforscher auf HMS Beagle angestellt, und seine Aufgabe lautete, Pflanzen und Tiere zu beobachten und zu notieren, was er sah. In einem Brief von 1877 schrieb er, daß er an Bord der Beagle an die ›Unveränderlichkeit der Arten‹ glaubte, bei seiner Heimkehr 1836 aber über die tiefere Bedeutung dessen nachzudenken begann, was er gesehen hatte, und erkannte, daß ›viele Tatsachen auf die gemeinsame Abstammung von Arten hindeuteten‹. Damit meinte er, daß Arten, die sich jetzt unterscheiden, wahrscheinlich von Vorfahren stammen, die einmal zur selben Art gehörten. Arten mußten imstande sein, sich zu verändern. Das war keine ganz neue Idee, doch er kam auch auf einen Mechanismus für solche Veränderungen, und das war wirklich

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