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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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komisch, daß du dich ausgerechnet danach erkundigst …«
    Die Holzsandalen rührten sich kaum von der Stelle. Rincewind sprang aus ihnen heraus wie ein Sprinter, der sich von den Startblöcken abstieß. Noch vor der Landung traten seine Beine wie die eines Schnelläufers.
    Nach einer Weile erschien das Känguruh an seiner Seite und begleitete ihn mit mühelosen Sprüngen.
    »Warum läufst du fort, ohne anzuhören, was ich dir zu sagen habe?« fragte es.
    »Ich habe viel Erfahrung darin, ich zu sein«, schnaufte Rincewind. »Ich weiß , was sich anbahnt: Die Umstände werden mich in Dinge verwickeln, die mich eigentlich gar nichts angehen. Und du bist nur eine Halluzination, verursacht von schwerem Essen auf leeren Magen. Versuche also nicht, mich aufzuhalten!«
    »Warum sollte ich dich aufhalten?« entgegnete das Känguruh. »Immerhin bist du in der richtigen Richtung unterwegs.«
    Australien allein hat über hundert Arten von Beuteltieren – überhaupt sind die meisten einheimischen australischen Säuger Beuteltiere. Rund siebzig weitere finden sich in derselben Weltgegend – Tasmanien, Irian-Neuguinea, Timor, Sulawesi, etliche kleinere Inseln in der Nachbarschaft. Die übrigen sind Opossums und etliche kleine rattenähnliche Wesen, hauptsächlich in Südamerika, obwohl sie nach Mittelamerika hineinreichen und mit der einen Art Opossum bis hinauf nach Kanada.
    Es sieht so aus, daß Plazenta-Säugetiere in der Regel gegenüber Beuteltieren im Vorteil sind, aber der Unterschied ist nicht allzu groß, und wenn es keine konkurrierenden Plazentatiere gibt, kommen die Beuteltiere wirklich sehr gut zurecht. Es gibt sogar sehr enge Parallelen zwischen Plazentaliern und Beuteltieren – ein gutes Beispiel ist der Koala-›Bär‹, der kein echter Bär ist, aber wie ein besonders knuddeliger Teddy aussieht.
    Die meisten Beuteltiere ähneln ›parallelen‹ Plazentaliern; ein sehr merkwürdiges Beispiel ist der tasmanische Beutelwolf oder -tiger, der deutlich einem Wolf ähnelt und ein gestreiftes Hinterteil hat. Er wurde 1936 offiziell für ausgestorben erklärt, doch es werden immer wieder gelegentliche Sichtungen gemeldet, und geeigneter Lebensraum ist noch vorhanden. Man sollte also nicht überrascht sein, wenn der Beutelwolf wieder auf der Szene erscheint. Der Nationalpark-Hüter Charlie Beasley berichtete 1995, einen Beutelwolf zwei Minuten lang auf Tasmanien gesehen zu haben. Ähnliche Sichtungen sind von der Sunshine Coast in Queensland seit 1993 gemeldet worden – wenn sie echt sind, handelt es sich dabei wahrscheinlich um Beutelwölfe, deren überlebende Vorfahren aus Zoos entwichen sind.
    Warum solch eine Konzentration von Beuteltieren in Australien? Die Fossilbelege machen deutlich, daß die Beuteltiere in Amerika ihren Ursprung nahmen – höchstwahrscheinlich in Nordamerika, doch das ist nicht so sicher. Die Plazentalier entstanden in dem Teil der Welt, der heute Asien ist, dann aber mit den anderen Kontinenten verbunden wurde, so daß sie sich nach Europa und Amerika ausbreiteten. Ehe der Vormarsch der Plazenta-Säugetiere nach Amerika richtig in Schwung gekommen war, wanderten die Beuteltiere über Antarktika (damals noch nicht die Eiswüste von heute) nach Südamerika. Australien hatte bereits begonnen, sich von Südamerika zu entfernen, war aber noch nicht sehr weit gekommen, ebensowenig wie Antarktika; also verlief die Wanderung vermutlich mit einem ›Inselspringen‹ oder über Landbrücken, die vorübergehend aus dem Ozean auftauchten. Vor 65 Millionen Jahren – seltsamerweise zu der Zeit, als die Dinosaurier ausstarben, obwohl da wahrscheinlich kein Zusammenhang besteht – war Australien schon nachhaltig von den anderen Kontinenten einschließlich Antarktikas getrennt, und die Evolution lief hier ziemlich eigenständig ab.
    Frei von ernsthafter Konkurrenz gediehen die Beuteltiere – ebenso wie die Laufvögel auf Neuseeland und aus den gleichen Gründen. In Amerika und anderswo verdrängten die überlegenen Plazentalier inzwischen die Beuteltiere fast vollständig.
    Bis vor ein paar Jahren war man der Ansicht, die Plazentalier hätten überhaupt nie den Weg nach Australien gefunden – abgesehen vom sehr späten Eintreffen von Nagetieren und Fledermäusen aus Südostasien vor rund 10 Millionen Jahren und der späteren Einführung von Arten wie Hunden und Kaninchen durch die Menschen. Diese Theorie stürzte zusammen, als Mike Archer an einem Ort namens Tingamarra einen einzigen fossilen Zahn fand.

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