Die Gelehrten der Scheibenwelt
Der Zahn stammt von einem Plazenta-Säugetier und ist 55 Millionen Jahre alt.
Aus der Form des Zahns wird deutlich, daß dieses Säugetier Hufe hatte.
Haben viele Plazentalier die Beuteltiere bei ihrer Wanderung nach Australien begleitet? Oder waren es nur ein paar? So oder so, warum starben die Plazentalier aus, und die Beuteltiere gediehen?
Wir haben keine Ahnung.
Die frühen Beuteltiere lebten wahrscheinlich auf Bäumen, nach ihren Vorderpfoten zu urteilen. Die frühen Plazenta-Säugetiere lebten wahrscheinlich am Boden, insbesondere in Erdhöhlen. Dieser Unterschied im Lebensraum erlaubte es ihnen, lange Zeit zu koexistieren. Die Ausrottung der Beuteltiere in Amerika wurde vom Menschen vorangetrieben, für den sie eine besonders leichte Beute waren.
Vor etwa 40 000 bis 50 000 Jahren starben in Australien plötzlich die Genyornis aus, die schwersten Vögel aller Zeiten, und das Beuteltier-Gegenstück zum Löwen. Abermals weisen Indizien darauf hin, daß Menschen dafür verantwortlich waren, doch diese Theorie wurde stark angezweifelt, weil es schwierig war, die Ereignisse exakt zu datieren. Und vermutlich auch, weil viele Leute partout glauben wollen, alle ›primitiven‹ Menschen hätten in vorbildlichem Einklang mit ihrer Umwelt gelebt. 2001 verwendeten Linda Ayliffe und Richard Roberts zwei exakte Datierungsmethoden, um festzustellen, wann 45 Arten, die als Fossilien an 28 verschiedenen Stellen gefunden wurden, verschwanden. Sie alle starben vor 46 000 Jahren aus – kurz nach der Ankunft der Aborigines, der ersten Menschen, die Australien erreichten.
Spätere Ankömmlinge waren nicht besser. Die europäischen Siedler rotteten nach ihrer Ankunft seit 1815 zahlreiche Beuteltier-Arten fast vollständig aus.
Die Evolutionsgeschichte der Plazenta-Säugetiere ist strittig und nicht bis ins einzelne umrissen. Eine frühe Abzweigung vom Familienbaum waren die Faultiere, Ameisenbären und Gürteltiere – alles Tiere, die ›primitiv‹ aussehen , obwohl es dafür keinen vernünftigen Grund gibt, denn die heutigen Faultiere, Ameisenfresser und Gürteltiere haben sich ebensolange wie alle anderen modernen Säuger entwickelt; sie haben ja dieselbe Zeit überlebt.
Richtig in Schwung kamen die Säugetiere während des frühen Tertiärs, vor etwa 66 bis 57 Millionen Jahren. Das Klima war damals mild, an beiden Polen wuchs Laubwald. Es hat den Anschein, daß das, was immer die Dinosaurier ausrottete, auch das Klima veränderte, so daß es insbesondere viel regnerischer war als zur Zeit der Dinosaurier, und der Regen war gleichmäßiger übers Jahr verteilt, statt auf einmal in einer Regenzeit zu fallen. Tropenwälder bedeckten einen großen Teil des Planeten, doch darin lebten hauptsächlich winzige baumbewohnende Säugetiere. Keine großen Raubtiere, nicht einmal große Pflanzenfresser … keine Leoparden, keine Hirsche, keine Elefanten. Die Säugetiere brauchten etliche Millionen Jahre, um größere Körper zu entwickeln. Möglicherweise waren die Wälder viel dichter als zur Zeit der Dinosaurier, denn es gab keine großen Tiere, die Wege durch das Unterholz getrampelt hätten. Wenn dem so war, wurde die Entwicklung großer Tiere weniger begünstigt, denn sie hätten sich nicht mühelos durch den Wald bewegen können.
Nachdem die Vielfalt der Säugetiere sich erst einmal zu entwickeln begonnen hatte, nahm sie explosionsartig zu. Es gab tigerähnliche und flußpferdähnliche Tiere und riesige Wiesel. Nach modernen Maßstäben waren sie allerdings alle ein wenig plump und schwerfällig – nicht zu vergleichen mit den schlankknochigen Wesen wie Gazellen, die später kamen.
Vor 32 Millionen Jahren war Antarktika wieder zu einer Eiskappe geworden, und die Welt kühlte sich ab. Die Evolution der Säugetiere hatte ihr Gleichgewicht gefunden, und es kamen nur noch relativ geringe Veränderungen vor. Es gab Bärenhunde und Giraffennashörner und Schweine von der Größe einer Kuh, Lamas und Kamele und sylphidenähnliche Hirsche und Kaninchen mit Hufen. Vor 23 Millionen Jahren wurde das Klima wieder wärmer. Antarktika hatte sich von Südamerika gelöst, was große Veränderungen in den Meeresströmungen auslöste: Jetzt konnte kaltes Wasser ohne Ende immer rund um den Südpol fließen. Da Wasser im Polareis gebunden wurde, sank der Meeresspiegel, und mit der Zunahme des Festlands und der Abnahme der Ozeanfläche wurde das Klima extremer, da sich die Temperaturen auf dem Land rascher ändern können als im und am
Weitere Kostenlose Bücher