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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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des Omniskops.
    Das Donnern des heftigsten Regengusses aller Zeiten erklang.
    Bis zum Mittag wurde eine Eiswelt daraus.
    »Und wir kamen so gut voran«, sagte Ridcully.
    »Ich weiß gar nicht, was schiefging«, erwiderte Ponder und gestikulierte hilflos. »Es entstanden Meere!«
    »Können wir die Kugel nicht einfach ein wenig aufwärmen?« fragte der Oberste Hirte.
    Ponder setzte sich auf einen Stuhl und ließ den Kopf hängen.
    »Der viele Regen mußte die Welt ja abkühlen«, meinte der Dozent für neue Runen.
    »Sehr gute … äh … Felsen«, sagte der Dekan. Er klopfte Ponder auf den Rücken.
    »Armer Kerl, scheint ziemlich niedergeschlagen zu sein«, wandte sich der Oberste Hirte leise an Ridcully. »Ich glaube, er hat nicht richtig gegessen.«
    »Du meinst … er kaut nicht richtig?«
    »Nein, ich meine, er ißt nicht genug, Erzkanzler.«
    Der Dekan nahm ein Blatt Papier von Ponders überfülltem Schreibtisch.
    »He, seht euch das an«, sagte er.
    In Ponders sehr sauberer Handschrift stand auf dem Blatt geschrieben:
    DIE REGELN
1 Dinge fallen auseinander, aber Zentren bleiben stabil.
2 Alles bewegt sich bogenförmig.
3 Man bekommt Kugeln.
4 Große Kugeln sagen dem Raum, daß er sich krümmen soll.
5 Nirgends gibt es Schildkröten.
6 … Es ist alles so deprimierend.
    »Hält immer nach Regeln Ausschau, unser Ponder«, sagte der Oberste Hirte.
    »Nummer Sechs scheint nicht besonders gut formuliert zu sein«, meinte Ridcully.
    »Ihr glaubt doch nicht, daß er wie der Quästor werden könnte, oder?« fragte der Dozent für neue Runen.
    »Er glaubt immer, alles müßte etwas bedeuten «, sagte Ridcully, der für gewöhnlich folgenden Standpunkt vertrat: Das Suchen nach tieferer Bedeutung in bestimmten Ereignissen ähnelt dem Bestreben, Spiegelbilder in einem Spiegel zu finden – man entdeckt immer welche, wird dadurch aber nicht schlauer.
    »Ich schlage vor, wir wärmen das Ding einfach ein wenig auf«, meinte der Oberste Hirte.
    »Eine Sonne sollte ganz einfach sein«, sagte Ridcully. »Einem fähigen Zauberer fällt es sicher nicht schwer, eine große Feuerkugel zu beschwören.« Er ließ die Fingerknöchel knacken. »Laßt Stibbons von einigen Studenten zu Bett bringen. Wir haben seine kleine Welt bald hübsch warm, oder ich will nicht mehr Mustrum Ridcully heißen.«

VIERZEHN
    Scheibenwelten
    Für die Zauberer der Unsichtbaren Universität enthält der Himmel zwei offensichtlich verschiedene Arten von Körpern: Sterne, die winzige Stecknadelköpfe von Licht sind, und die Sonne, die eine heiße Kugel ist, nicht allzuweit entfernt, und die am Tag über der Scheibe hin und nachts unter ihr hinwegzieht. Die Menschheit hat eine Weile gebraucht, ehe sie erkannte, daß es in unserem Universum nicht so ist. Unsere Sonne ist ein Stern, und wie alle Sterne ist sie riesig, und jene winzigen Stecknadelköpfe müssen sehr weit entfernt sein. Außerdem sind manche der Stecknadelköpfe, die Sterne zu sein scheinen, gar keine Sterne: Sie verraten sich, indem sie sich anders als die übrigen bewegen. Das sind die Planeten, die viel näher und viel kleiner sind, und zusammen mit Erde, Mond und Sonne bilden sie unser Sonnensystem. Unser Sonnensystem mag wie eine Menge Kugeln aussehen, die in einer Art kosmischem Billardspiel umherflitzen, doch das bedeutet nicht, daß es als Kugeln von Fels oder Eis begonnen hat. Es ist das Ergebnis eines physikalischen Prozesses, und die Bestandteile, die in diesen Prozeß eingegangen sind, brauchen nicht dem Ergebnis zu ähneln, das herauskommt.
    Je mehr wir über das Sonnensystem herausfinden, um so schwieriger wird es, eine plausible Antwort auf die Frage zu geben: Wie fing es an? Es ist dabei nicht die ›Antwort‹ an sich, die schwieriger wird, es ist die Plausibilität. In dem Maß, wie wir immer mehr über das Sonnensystem erfahren, müssen unsere Theorien immer genaueren Überprüfungen durch die Wirklichkeit standhalten. Das ist einer der Gründe, warum Wissenschaftler die Angewohnheit haben, alte Fragen wieder aufzugreifen, die jeder für längst erledigt hält, und festzustellen, daß sie nicht erledigt sind. Das heißt nicht, daß Wissenschaftler unfähig wären: Es zeigt ihre Bereitschaft, neue Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen und alte Schlußfolgerungen in ihrem Lichte zu überprüfen. Die Wissenschaft behauptet fürwahr nicht, alles richtig zu machen, aber sie kann auf gute Erfolge verweisen, wenn es darum geht, Methoden auszuschließen, wie man es falsch

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