Die Gelehrten der Scheibenwelt
bemerkenswert rund und überraschend glatt. Die Schwerkraft hat ihn dazu gemacht, und sie sorgt dafür, daß er so bleibt – nur daß ein paar kleine, aber interessante Bewegungen im Mantel und in der Kruste ein paar Falten hinzufügen.
Woher wissen wir das alles? Größtenteils durch Erdbeben. Wenn die Erde bebt, klingt der ganze Planet wie eine mit einem Hammer angeschlagene Glocke. Schockwellen, von dem Beben ausgesandte Schwingungen, laufen durch die Erde. Sie werden von Übergangszonen zwischen verschiedenen Arten von Stoffen wie zwischen Kern und Mantel oder zwischen oberem und unterem Mantel reflektiert. Sie prallen an der Erdkruste ab und laufen zurück. Es gibt verschiedene Arten von Wellen, und sie breiten sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten aus. So erzeugt der kurze, scharfe Schock eines Erdbebens ein sehr komplexes Muster von Wellen. Wenn die Wellen an die Oberfläche treffen, können sie gemessen und aufgezeichnet werden, und Aufzeichnungen von verschiedenen Orten können verglichen werden. Indem man von diesen aufgezeichneten Signalen zurückrechnet, kann man einen gewissen Anteil der unterirdischen Geographie unseres Planeten schlußfolgern.
Eine Folge der inneren Struktur der Erde ist ein Magnetfeld. Eine Kompaßnadel zeigt ungefähr nach Norden. Die übliche ›Lüge-für-Kinder‹ lautet, daß die Erde ein riesiger Magnet sei. Packen wir die nächste Schicht Erklärungen aus.
Das Magnetfeld der Erde ist lange Zeit ziemlich rätselhaft gewesen, denn Magneten bestehen selten aus Gestein; doch wenn man erst einmal weiß, daß die Erde im Innern einen mordsmäßig großen Klumpen Eisen hat, bekommt alles viel mehr Sinn. Das Eisen bildet keinen ›Permanentmagneten‹ von der Art, wie man sie unerklärlicherweise kauft, um Kunststoffschweine und Teddybären an die Kühlschranktür zu heften; es ähnelt eher einem Dynamo. Das Eisen im Kern ist wie gesagt größtenteils geschmolzen, ausgenommen ein etwas klumpiges festes Stück in der Mitte. Der flüssige Teil heizt sich noch immer auf – die alte Erklärung dafür lautete, daß radioaktive Elemente dichter sind als die meisten anderen Bestandteile der Erde, deshalb zur Mitte hinabsanken und dort verblieben, wo sich ihre radioaktive Energie nun in Wärme umsetzt. Die aktuelle Theorie lautet ganz anders: Der geschmolzene Teil des Kerns heizt sich auf, weil sich der feste abkühlt. Das flüssige Eisen, das den festen Kern berührt, erstarrt allmählich selbst, und dabei verliert es Wärme. Diese Wärme muß irgendwo bleiben, und sie kann nicht einfach wie warme Luft unbemerkt verpuffen, weil sich alles Tausende von Kilometern unter der Oberfläche abspielt. Also geht sie in den geschmolzenen Teil des Kerns über und heizt ihn auf.
Sie fragen sich wahrscheinlich, wie der Teil, der mit dem festen Kern in Berührung ist, gleichzeitig kälter werden kann, so daß er ebenfalls fest wird, und im Ergebnis der Erstarrung wärmer; es ist aber so, daß sich das heiße Eisen wegbewegt, sobald es erwärmt worden ist. Stellen Sie sich als Analogie einen Heißluftballon vor. Wenn man Luft erwärmt, steigt sie auf. Der Grund ist, daß sich Luft ausdehnt, wenn sie heiß wird, also nimmt ihre Dichte ab, und weniger dichte Stoffe schwimmen auf dichteren. Ein Ballon fängt die Luft in einem großen Stoffsack auf, meistens in leuchtenden Farben und mit Reklame für Banken und Immobilienmakler geschmückt, und steigt zusammen mit der Luft auf. Das heiße Eisen steigt also genauso wie die heiße Luft auf, und so kommt das frisch erhitzte Eisen vom festen Kern weg. Es steigt auf, kühlt sich dabei allmählich ab, und wenn es ganz oben ist, kühlt es sich weiter ab – relativ gesehen – und sinkt wieder herab. Es kann nicht überall gleichzeitig aufsteigen, also steigt es in manchen Bereichen auf, und in anderen sinkt es herab. Diese Art von wärmegetriebener Zirkulation heißt Konvektion.
Den Physikern zufolge kann eine sich bewegende Flüssigkeit ein Magnetfeld entwickeln, wenn drei Bedingungen erfüllt sind. Erstens muß die Flüssigkeit Elektrizität leiten – was Eisen sehr gut kann. Zweitens muß als Ausgangspunkt wenigstens ein winziges Magnetfeld vorhanden sein – und es gibt gute Gründe für die Annahme, daß die Erde von Anfang an ein bißchen Eigenmagnetismus besaß. Drittens muß etwas die Flüssigkeit verdrehen, so daß das ursprüngliche Magnetfeld gestört wird – und bei der Erde besorgt dieses Verdrehen die Corioliskraft, die ähnlich der
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