Die Gelehrten der Scheibenwelt
Afrika und Südamerika. Auf einer Karte ist die Ähnlichkeit frappierend. Das war jedoch nicht Wegeners einzige Quelle der Inspiration. Er war kein Geologe, er war Meteorologe, der sich auf das Klima in ferner Vergangenheit spezialisiert hatte. Warum, fragte er sich, finden wir heute in Gegenden mit kaltem Klima Gesteine, die sich zweifellos in Gegenden mit warmem Klima abgelagert haben? Und warum finden wir andererseits in heute warmen Gegenden Gesteine, die sich offensichtlich in Gegenden mit kaltem Klima abgelagert haben? Beispielsweise können die Reste 420 Millionen Jahre alter Gletscher in der Sahara gefunden werden und fossile Farne in der Antarktis. So gut wie alle anderen meinten, das Klima müsse sich geändert haben; Wegener kam zu der Überzeugung, das Klima sei sich ziemlich gleich geblieben, abgesehen von einer Eiszeit ab und zu, aber die Kontinente hätten sich verschoben. Vielleicht waren sie von Konvektion im Erdmantel auseinandergetrieben worden – dessen war er sich nicht sicher.
Man hielt dies für eine verrückte Idee: Sie war nicht von einem Geologen vorgeschlagen worden, und sie ignorierte alle möglichen unerwünschten Indizien, und so gut paßten Afrika und Südamerika nun doch nicht aneinander, und zu guter Letzt gab es keinen erkennbaren Mechanismus, der die Kontinente herumtransportieren sollte. Konvektion gewiß nicht, die war zu schwach. Groß-A’Tuin mag einen Planeten auf ihrem Rücken hin und her schieben, aber das ist Phantasie – in der wirklichen Welt schien es keinen erkennbaren Vorgang zu geben, der dies hätte bewirken können.
Wir benutzen das Wort ›erkennbar‹, weil eine Reihe sehr kluger und sehr angesehener Wissenschaftler sich eifrig bemühte, einen der schlimmsten und verbreitetsten Fehler in solchen Dingen zu machen. Sie verwechselten »Ich kann nicht erkennen, wie das passieren soll« mit »Das kann nicht passieren«. Einer von ihnen (wie einer von uns schmerzlich eingesteht) war ein Mathematiker, und ein brillanter dazu, doch als seine Berechnungen ergaben, daß der Erdmantel keine Kräfte hervorbringen könnte, die stark genug wären, um Kontinente zu bewegen, kam ihm nicht in den Sinn, daß vielleicht die Theorien falsch sein könnten, auf denen diese Berechnungen beruhten. Sein Name war Sir Harold Jeffreys, und er hätte wirklich mehr Phantasie aufbringen sollen, denn es waren nicht nur die Umrisse des Landes auf beiden Seiten des Atlantiks, die zusammenpaßten. Die Geologie paßte auch, und ebenso die Fossilien. Es gibt zum Beispiel ein fossiles Tier namens Mesosaurus . Es lebte vor 270 Millionen Jahren und wird nur in Südamerika und in Afrika gefunden. Es kann nicht über den Atlantik geschwommen sein, aber es kann sich auf der Pangäa entwickelt und über beide Kontinente verbreitet haben, ehe diese sich trennten.
In den sechziger Jahren jedoch wurde Wegeners Theorie orthodox und die Theorie von der ›Kontinenaldrift‹ anerkannt – allerdings wurde der alte Superkontinent in Gondwanaland umbenannt, da er in gewisser Hinsicht von Wegeners Konzeption der Pangäa abwich. Bei einer Zusammenkunft führender Geologen versicherte sich ein Ponder-Stibbons-ähnlicher junger Mann namens Edward Bullard mit zwei Kollegen der Unterstützung einer neuen Vorrichtung namens Computer. Sie beauftragten die Maschine, die beste Art zu finden, wie Afrika und Südamerika sowie Nordamerika und Europa aneinanderpaßten, wobei sie ein wenig Bruch zuließen, aber nicht zuviel. Anstatt die gegenwärtige Küstenlinie zu verwenden (was keine besonders vernünftige Idee war, aber die Behauptung erlaubte, die Übereinstimmung sei gar nicht so gut), benutzten sie die Kontur in einer Tiefe von 1000 m unter dem Meeresspiegel, deren Form sich vermutlich weniger durch Erosion verändert hatte. Die Übereinstimmung war gut, und die Geologie zu beiden Seiten paßte erstaunlich genau. Und obwohl die Leute die Konferenz mit ebenso geteilten Ansichten verließen, wie sie gekommen waren, war die Kontinentaldrift irgendwie anerkannte Tatsache geworden.
Heute haben wir viel mehr Beweise und eine recht gute Vorstellung vom Mechanismus. Unten in der Mitte des Atlantischen Ozeans und in anderen Ozeanen verläuft ein Bergrücken – ungefähr in nordsüdlicher Richtung und auf halbem Wege zwischen Südamerika und Afrika. Entlang dieses Rückens quillt vulkanisches Material empor und breitet sich nach den Seiten hin aus. Das tut es seit 200 Millionen Jahren, damals wie heute; wir können sogar
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