Die Gelehrten der Scheibenwelt
Zentrifugalkraft ist, aber ein wenig komplizierter, und von der Erdumdrehung hervorgerufen wird. Grob gesagt verbiegt die Verdrehung das ursprüngliche, schwache Magnetfeld, wie wenn Spaghetti auf eine Gabel gewickelt werden; dann wandert der Magnetismus nach oben, gefangen in den aufsteigenden Teilen des Eisenkerns. Im Ergebnis dieser Bewegungen wird das Magnetfeld wesentlich stärker.
Ja, die Erde verhält sich also wirklich ein bißchen so, als stäke ein großer Stabmagnet darin, aber es passiert viel mehr als das. Nur um das Bild ein wenig detaillierter zu zeichnen: Es gibt mindestens sieben weitere Faktoren, die zum Magnetfeld der Erde beitragen. Manche Stoffe der Erdkruste können tatsächlich Permanentmagnete bilden. Wie eine Kompaßnadel, die nach Norden zeigt, richten sich diese Stoffe am stärkeren Magnetfeld des geomagnetischen Dynamos aus und verstärken es. In den oberen Regionen der Atmosphäre befindet sich eine Schicht von ionisiertem Gas – Gas, das eine elektrische Ladung hat. Bevor Satelliten erfunden wurden, war diese ›Ionosphäre‹ entscheidend für den Rundfunkverkehr, da die Radiowellen von dem geladenen Gas zurückgeworfen wurden, statt in den Weltraum hinauszustrahlen. Die Ionosphäre bewegt sich, und bewegte Ladungen erzeugen ein Magnetfeld. Etwa 24 000 km draußen liegt der Ringstrom, ein Gebiet geringer Dichte aus ionisierten Teilchen, die einen riesigen Torus bilden. Das mindert die Stärke des Magnetfelds geringfügig. Die beiden nächsten Faktoren, die Magnetopause und der Magnetschweif, entstehen durch die Wechselwirkung des irdischen Magnetfelds mit dem Sonnenwind – einem ständigen Strom von Teilchen, der von unserer hyperaktiven Sonne ausgeht. Die Magnetopause ist die ›Bugwelle‹ des irdischen Magnetfelds, wo es auf den Sonnenwind trifft; der Magnetschweif ist das ›Kielwasser‹ an der sonnenabgewandten Seite der Erde, wo das Erdfeld vom Sonnenwind noch stärker verzerrt wird und nach außen strömt. Der Sonnenwind bewirkt auch eine Drift entlang der Richtung des Erdumlaufs, wodurch eine weitere Verlagerung der magnetischen Feldlinien entsteht, die als ›feldgerichtete Ströme‹ bekannt ist. Schließlich gibt es die konvektiven Elektrojets. Das Nordlicht oder Aurora borealis ist dramatisch, unheimliche Bänder von blassem Licht, die am nördlichen Polarhimmel wogen und schimmern; eine ähnliche Erscheinung, die Aurora australis, gibt es in der Nähe des Südpols. Diese Lichter werden von zwei Lagen elektrischer Ströme erzeugt, die von Magnetopause zu Magnetschweif fließen und ihrerseits Magnetfelder hervorrufen, die westlichen und östlichen Elektrojets.
Ja, wie ein Stabmagnet – in dem Sinn, wie der Ozean gleichsam eine Schüssel voller Wasser ist.
Magnetische Stoffe, die man in alten Gesteinen findet, zeigen, daß hin und wieder – im Schnitt etwa alle halbe Million Jahre, aber ohne Anzeichen von Regelmäßigkeit – das Magnetfeld der Erde seine Polarität wechselt und den magnetischen Nord- und Südpol vertauscht. Wir kennen den Grund nicht genau, doch mathematische Modelle zeigen, daß das Magnetfeld in diesen beiden Ausrichtungen vorkommen kann, die beide nicht ganz stabil sind. Also verliert es, welche von beiden es auch gerade hat, irgendwann die Stabilität und schlägt in die andere um. Das Umschlagen geschieht schnell, es dauert etwa 5000 Jahre; die Zeiträume dazwischen sind etwa tausendmal länger.
Die meisten anderen Planeten haben Magnetfelder, und die können noch komplizierter und schwerer zu erklären sein als das irdische Magnetfeld. Wir müssen noch viel über planetaren Magnetismus lernen.
Eine der dramatischsten Eigenschaften unseres Planeten wurde 1912 entdeckt, aber erst in den sechziger Jahren von der Wissenschaft anerkannt, und einige der überzeugendsten Beweise dafür haben jene Wechsel des Erdmagnetismus hinterlassen. Es ist die Feststellung, daß die Kontinente nicht unveränderlich am Ort bleiben, sondern langsam über die Oberfläche des Planeten wandern. Nach Alfred Wegener, dem Deutschen, der diesen Gedanken als erster veröffentlichte, waren alle heute getrennten Kontinente einst Teil eines einzigen Superkontinents, den er Pangäa (›All-Erde‹) nannte. Die Pangäa bestand vor ungefähr 300 Millionen Jahren.
Wegener war sicherlich nicht der erste, der auf derlei Gedanken kam, denn den Anstoß zu seinen Überlegungen erhielt er – teilweise zumindest – durch die merkwürdige Übereinstimmung der Küstenlinien von
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