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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zeigen – nicht in dieselbe Richtung in bezug auf die Erde, sondern in dieselbe Richtung, Punkt. Stellen Sie sich jemanden vor, der im Kreis um Sie herumgeht, aber dabei immer nach, sagen wir, Norden schaut. Dann schaut er nicht immerzu Sie an. Vielmehr sehen Sie ihn von allen Seiten.) Es ist nicht immer so gewesen. Hunderte von Jahrmillionen lang haben die Gezeiten bewirkt, daß sich die Umdrehungsgeschwindigkeiten sowohl des Mondes als auch der Erde verringerten. Als sich die Mondrotation mit seinem Umlauf um die Erde synchronisiert hatte, wurde das System stabil. Der Mond war der Erde auch ein gutes Stück näher, doch über lange Zeiträume hinweg hat er sich immer weiter entfernt.
    Zwischen 1600 und 1900 kamen drei Theorien über die Entstehung des Mondes in und wieder aus der Mode. Eine Theorie besagte, daß der Mond zur selben Zeit wie die Erde entstanden sei, als die Staubwolke kondensierte und das Sonnensystem – Sonne, Planeten, Monde – bildete. Wie die frühen Theorien über die Entstehung des Sonnensystems versagt auch diese angesichts des Drehimpulses. Die Erde dreht sich zu schnell, und der Mond läuft zu schnell um, als daß der Mond aus einer Staubwolke kondensiert sein könnte. (Wir haben Sie früher irregeführt, als wir sagten, die Staubwolkentheorie erkläre auch die Monde. Größtenteils tut sie das, aber nicht für unseren rätselhaften Mond. Lügen-für-Kinder eben – jetzt sind Sie bereit für die nächste, kompliziertere Ebene.)
    Theorie zwei hielt den Mond für ein Stück der Erde, das sich abtrennte, vielleicht zu der Zeit, als die Erde noch vollständig geschmolzen war und ein gutes Stück schneller rotierte. Diese Theorie kam in den Mülleimer, weil niemand eine plausible Erklärung dafür finden konnte, wieso die rotierende geschmolzene Erde irgend etwas ausstoßen sollte, das auch nur im entferntesten an den Mond erinnerte, selbst wenn man eine Weile wartete, bis sich die Dinge etwas abgekühlt hätten.
    Nach Theorie drei entstand der Mond anderswo im Sonnensystem und zog seine Bahn, bis er zufällig in die Schwerkraftfänge der Erde geriet, ohne wieder loskommen zu können. Diese Theorie war sehr beliebt, obwohl ein Einfangen im Gravitationsfeld ausgesprochen schwierig zu bewerkstelligen ist. Es ist ungefähr das gleiche, als wolle man einen Golfball so in ein Loch werfen, daß er gerade immer am Rande herumläuft. Für gewöhnlich fällt er einfach in das Loch (stößt mit der Erde zusammen) oder tut, was jeder Golfspieler zu seinem blanken Entsetzen erlebt hat: Er verschwindet für den Bruchteil einer Sekunde im Loch und springt wieder heraus (entweicht, ohne eingefangen zu werden).
    Die Gesteinsproben von den Apollomissionen machten den Ursprung des Mondes noch rätselhafter. In mancherlei Beziehung ist Mondgestein dem irdischen Gestein erstaunlich ähnlich. Wenn sie in den meisten Beziehungen ähnlich wären, so wäre das ein Indiz für gemeinsamen Ursprung, und wir müßten uns die Theorie, nach der sie beide aus derselben Staubwolke entstanden sind, noch einmal genauer ansehen. Doch Mondgestein ähnelt nicht dem gesamten Erdgestein, sondern nur dem Erdmantel. Die gegenwärtige Theorie, die aus den frühen achtziger Jahren stammt, besagt, daß der Mond einmal Teil des Erdmantels war. Er löste sich nicht im Ergebnis der Erdumdrehung ab: Er wurde vor etwa vier Milliarden Jahren in den Weltraum geschleudert, als ein riesiger Himmelskörper etwa von der Größe des Mars die Erde streifte. Computerberechnungen zeigen, daß solch ein Hieb unter geeigneten Bedingungen ein großes Stück vom Erdmantel herausschlagen und sozusagen im Raum verteilen kann. Das dauert 13 Minuten (sind Computer nicht gut?). Dann beginnt die herausgeschlagene Mantelmaterie, die geschmolzen ist, zu einem Ring von Gesteinsbrocken unterschiedlicher Größe zu kondensieren. Ein Teil davon bildet einen großen Klumpen, den Proto-Mond, und der schluckt ziemlich schnell den größten Teil der anderen. Was übrigbleibt, verschwindet freilich nicht ganz so schnell, aber im Laufe von 100 Millionen Jahren stürzt fast alles davon infolge der Schwerkraft entweder auf den Mond oder auf die Erde.
    Die ersten Computersimulationen, mit denen diese Theorie von der Entstehung des Mondes zu stützen wäre, wiesen etliche Probleme auf; insbesondere datierten sie den Aufschlag sehr früh in die Entstehungsgeschichte der Erde, um auf das richtige Drehmoment für den Mond zu kommen. Wenn der Zusammenstoß aber so früh

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