Die Gelehrten der Scheibenwelt
erfolgte, dann hätte der Mond aufgrund späterer Einschläge eine Menge Eisen angesammelt, ebenso wie es die Erde getan hat. Es gibt jedoch wenig Eisen auf dem (oder im) Mond. Neuere Arbeiten zeigen, daß ein deutlich späterer Aufschlag dem Mond ebenfalls das richtige Drehmoment geben konnte, und sie vermeiden diese Schwierigkeit. Sie besagen jedoch, daß etwa 80% des aufschlagenden Körpers auf den Mond gelangt wären. Damit der Mond dem Erdmantel so sehr ähnelt, wie es der Fall ist, müßte auch der aufschlagende Körper dem Erdmantel ähnlich gewesen sein.
Diese Richtung der theoretischen Überlegungen könnte jedoch von der Fragestellung abirren, denn es war ja gerade diese Ähnlichkeit, die zunächst nach einer Erklärung verlangte und die Theorie aufbrachte, daß der Mond durch den Aufschlag eines riesigen Körpers entstanden ist. Alles, was die Ähnlichkeit dieses auftreffenden Körpers mit dem Mantel zu erklären vermag – etwa ›er entstand in derselben Entfernung von der Sonne wie die Erde‹ –, kann wahrscheinlich auch die Ähnlichkeit des Mondes mit dem Erdmantel erklären, ohne daß überhaupt ein aufschlagender Körper benötigt wird. Vielleicht wurden bei einem Aufschlag sowohl der Mond als auch der Erdmantel von etwas anderem abgeschlagen.
Da die Erde Wetter hat – vor allem seinerzeit, Junge, hatte die damals ein Wetter! –, sind die resultierenden Einschlagkrater alle von der Erosion ausgelöscht worden, doch da der Mond kein Wetter hat, sind die Einschlagkrater auf dem Mond nicht erodiert worden, und viele von ihnen sind noch da. Das Schöne an dieser Theorie ist die Tatsache, daß sie viele verschiedene Eigenschaften des Mondes in einem Aufwasch erklärt – seine Ähnlichkeit mit dem Erdmantel, die Tatsache, daß seine Oberfläche vor etwa vier Milliarden Jahre eine plötzliche und extreme Erwärmung durchgemacht zu haben scheint, seine Krater, seine Größe, seine Rotation – sogar die meerähnlichen Mare, die freigesetzt wurden, als der Proto-Mond sich langsam abkühlte. Im frühen Sonnensystem ging es ziemlich gewaltsam zu.
Im Grunde könnte uns die mißratene Sonne des Dekans doch einen guten Dienst erwiesen haben …
Der Mond beeinflußt das Leben auf der Erde auf mindestens zwei oder drei Weisen, die wir kennen, und wahrscheinlich Dutzende weitere, die wir noch nicht bemerkt haben.
Die offensichtlichste Wirkung des Mondes auf die Erde sind die Gezeiten – eine Tatsache, auf die die Zauberer zu stolpern. Wie meistens in der Wissenschaft verläuft die Geschichte mit den Gezeiten nicht ganz geradlinig und hängt nur lose mit dem zusammen, was der gesunde Menschenverstand, wenn er sich selbst überlassen bleibt, uns vermuten ließe. Der gesunde Menschenverstand sagt, daß die Schwerkraft des Mondes an der Erde zieht, und am stärksten an dem Stück, das dem Mond am nächsten liegt. Wenn dieses Stück Land ist, passiert weiter nichts, ist es aber Wasser – und über die Hälfte der Oberfläche unseres Planeten besteht aus Ozean –, kann es sich auftürmen. Diese Erklärung ist eine Lüge-für-Kinder und stimmt nicht mit dem tatsächlichen Geschehen überein. Sie drängt uns zu der Annahme, an jedem Ort der Erde trete das Hochwasser ein, wenn sich der Mond am höchsten Punkt seiner Bahn am Himmel befindet. Das würde zu einem Hochwasser pro Tag führen – oder mit Rücksicht auf eine gewisse Komplexität des Erde-Mond-Systems zu einem Hochwasser alle 24 Stunden und 50 Minuten.
In Wahrheit tritt das Hochwasser zweimal täglich auf, im Abstand von 12 Stunden und 25 Minuten. Genau doppelt so oft.
Nicht nur dies: Der Gravitationszug des Mondes an der Erdoberfläche beträgt nur ein Zehnmillionstel der Erdanziehung, der Gravitationszug der Sonne etwa die Hälfte davon. Sogar zusammen sind die beiden Kräfte nicht stark genug, um Wassermassen zu Höhen bis zu 21 m anzuheben – das ist der größte Tidenhub auf der Erde, der in der Fundy-Bucht zwischen Nova Scotia und New Brunswick vorkommt.
Eine annehmbare Erklärung der Gezeiten verschloß sich der Menschheit, bis Isaac Newton das Gravitationsgesetz fand und die notwendigen Berechnungen anstellte. Seine Vorstellungen sind seither verfeinert und verbessert worden, doch er verfügte über die Grundlagen.
Der Einfachheit halber wollen wir alles außer Erde und Mond außer acht lassen und annehmen, die Erde bestünde vollständig aus Wasser. Die Wasser-Erde dreht sich um ihre Achse, also unterliegt sie der Zentrifugalkraft
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