Die Geliebte des Gelatiere
tun würde, wenn ich das Haus fand, verwarf aber alle Pläne gleich wieder. Vor lauter Aufregung würde ich wohl einen großen Bogen darum machen, alles in Frage stellen und mir schwören, sofort heimzureisen. Wenn ich vor Ort war, musste ich meiner Intuition folgen. So genau wusste ich auch nicht, wo das Haus lag. Allzu weit weg konnte es nicht sein.
Vor mir bog ein Pick-up mit einem verschlammten Motorrad auf der Pritsche nach rechts über eine Auffahrt und zog eine weite, graue Staubfahne hinter sich her. Hier in der Nähe musste sich der Skulpturenpark befinden, von dem ich gehört hatte, und eine Künstlerkolonie mit Schriftstellern und Malern. Ich kam zu einem hübschen hellblauen Haus bei einer Kreuzung, bog in die Straße ein, um zur Kolonie zu fahren, als ich vom Haus her ein lautes Bellen hörte und ein wolliger Riesenpudel mit gewaltigen Sprüngen auf mich zujagte. Mir blieb fast das Herz stehen. Ich hoffte, dass ihn jemand zurückrief, meinte eine Stimme auszumachen, aber der Riesenpudel ließ sich nicht beirren, setzte mir nach, als gehe es um Leben und Tod. Ich versuchte zu beschleunigen, hatte aber der Kreuzung wegen abgebremst. Es dauerte, bis ich wieder in Fahrt kam. Der Hund rückte immer näher. Ich wandte mich um und fluchte über die Leute, die sich solche Hunde hielten, fluchte über dieses fucking America, wo jeder eine Knarre und einen Hund hatte und Eigentum wichtiger war als alles andere. Das Biest holte mich ein, japste neben mir her, jaulte, hechelte und kläffte mich an. »Via! Via!«, brüllte ich, so laut und böse ich konnte, aber der Riesenpudel ließ nicht von mir ab, im Gegenteil, er begann in die Luft zu springen, als wollte er mich um jeden Preis stoppen. Er war völlig außer sich. Die Worte des Taxifahrers schossen mir durch den Kopf: Passen Sie auf sich auf, Mann. Ist nicht ungefährlich hier.
Für den Bruchteil einer Sekunde schien die Zeit stehen zu bleiben, ich blickte auf die Weite der Straße vor mir, den gelben Mittelstreifen, die Sonne, die hoch stand und die Landschaft zum Leuchten brachte, die Pyramidenpappeln, den lauschigen Teich und das kleine Boot auf der Wiese. Der Pudel knurrte, er ließ nicht ab von mir, jagte mit wild wedelnder Rute neben mir her, wimmerte, winselte, um mit aufgeregtem Gebell zum Sprung auf mich anzusetzen. Ich spürte seine gekräuselten Läufe, seine Pfoten und Fänge, stürzte zu Boden und prallte auf das Pflaster. Ich fühlte etwas Wolliges und Feuchtes, spürte die Zunge des Hundes, dann spürte ich nichts mehr.
Als ich wieder zu mir kam, brummte mir der Schädel. Ich hatte einen gewaltigen Druck in der Stirn. Ich lag noch immer auf der Straße. Eine Frau beugte sich über mich.
»Fehlt Ihnen was?«
»Nein, nein.«
Die Frau in meinem Alter begleitete mich in das hellblaue Haus und wollte, dass ich mich ein wenig hinlegte. Mit wackligen Beinen folgte ich ihr. Auf einem großen Sofa streckte ich mich aus. An der Wand hing das Bild eines weißen Pferdes, das durch leere Zuschauerreihen ging, draußen hörte ich einen Rasenmäher. Vom Riesenpudel war nichts zu sehen und nichts zu hören. Die Frau schien erleichtert, dass nichts
Ernstes passiert war.
»Mein Gott, bin ich froh, dass Sie wieder zu sich gekommen sind. Ich hatte solche Angst, es könnte etwas Schlimmes sein.«
Ich war noch benommen vom Aufprall.
»Halb so schlimm«, sagte ich. »Ich brauche nur ein bisschen Zeit, um mich von meinem Brummschädel zu erholen.«
Die Frau sah mir eine Weile ins Gesicht, dann blickte sie auf meine Füße, schließlich wieder in mein Gesicht.
»Vielleicht haben Sie doch eine Hirnerschütterung?«
»Nein, nein. Machen Sie sich keine Sorgen. Es geht mir schon besser.«
Ihr Haar fiel ihr auf einer Seite ins Gesicht. Sie trug ein dunkles Kleid. Der Vorfall schien ihr peinlich zu sein.
»Hören Sie, was passiert ist, tut mir sehr leid. Homer ist sonst die Ruhe selbst. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist.«
Seltsamer Name für einen Hund. Ich mochte Hunde nicht besonders. Vielleicht hatte dieser Homer meine Gedanken gerochen. Vielleicht hatte seine Nase gewittert, dass ich Angst hatte und ihn lächerlich fand.
»Auch Hunde haben mal einen schlechten Tag. Wenigstens hat er mich nicht gebissen.«
»Homer hat sie von Kopf bis Fuß abgeleckt. Er wedelte und winselte und hatte unglaublich Freude an Ihnen. Denken Sie nicht, dass er Sie jagen wollte. Es war reine Begeisterung.«
»Begeisterung?«
Ich sah sie mit hochgezogenen Brauen
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