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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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geträumt!“
    „Ich auch“, bestätigte ich. „Du hast mich immer
gerufen, ich solle hierher kommen.“
    Ich spürte seinen Atem auf meinem Kopf. Seine Stimme
klang überrascht, als er sprach.
    „Das habe ich auch! Ich habe jeden Abend hier auf
dich gewartet.“
    Ich hob meinen Kopf und sah meinen Geliebten verblüfft
an. „Es würde mich nicht wundern, wenn wir uns im Traum wirklich träfen!“,
sagte ich. Dann legte ich meinen Kopf wieder auf seine Brust und seufzte. „Ich
wünschte, ich könnte mit dir kommen!“
    Bao küsste meinen Scheitel. „Das ist leider nicht
möglich! Jeder von uns hat seine Aufgabe.“
    „Aufgabe!“, schnaubte ich. „Was für eine Aufgabe
habe ich? Durch eine Vereinbarung meines Vaters mit dem Kaiser bin ich
gezwungen, als Nebenfrau am kaiserlichen Hof zu leben.“
    Bao schwieg eine Weile. Dann nahm er mich an
beiden Schultern und rollte sich halb auf mich. Mit seinen dunklen Augen
musterte er mein Gesicht und streichelte dabei zärtlich über meine rechte
Augenbraue. „Oh doch, du hast eine Aufgabe! – Ich will dir etwas versprechen!
Wenn dieser Krieg gegen Xia zu Ende gebracht ist und ich vom Hof entlassen bin,
dann werde ich dich mitnehmen! Wir werden es schaffen! Aber so lange wirst du
hier in Sicherheit leben!“
    Resigniert sog ich seinen Blick ein, schwieg fürs
Erste.
    „Wirst du auf mich warten?“ Baos Stimme klang erwartungsvoll.
    Eine Träne rann mir über das Gesicht. Bao küsste
sie trocken und flüsterte mir ins Ohr: „Wirst du?“
    Fest schlang ich meine Arme um seinen Hals und
schluchzte ein leises „Ja“.
     
    Wir liebten uns ein letztes Mal, bevor die Sonne
durch eine leichte Morgenröte ihr baldiges Aufgehen ankündigte. Noch im Schutze
der Dunkelheit kehrten wir getrennt in unsere Betten zurück, jeder mit dem Duft
des anderen auf der Haut.
    Wir hatten uns zum Abschied nicht geküsst. Er
hatte sein Gesicht auf meinen Scheitel gelegt, hatte mich kurz an sich gedrückt
und war dann – ohne sich umzudrehen – in die Nacht gerannt. In diesem Moment
wusste ich nicht, wie ich die nächsten Monde oder Jahre überstehen sollte.
    Als die Truppen den Palast am nächsten Tag mit großer
Zeremonie verließen, war ich in den Garten gerannt und schließlich weinend
unter einem Kirschbaum zusammen gebrochen. Ein Grashüpfer landete auf meiner bebenden
Schulter, doch ich bemerkte ihn nicht. Mir war, als müsste ich innerlich
zerbrechen.

TEIL III – JAHRE DER
TRENNUNG
     
    10   Neue Aufgaben
     
     
    Qin, Herbst 1071
     
    Bao Sen-Ho hatte nun bereits seit sechs Monaten
mit einem Drittel der kaiserlichen Armee Stellung in Qin bezogen. Es hatte
Wochen gedauert, die Männer hierher zu bringen. Die Kleinstadt war mit den
Soldaten zu einer beachtlichen Größe angewachsen und der örtliche Markt florierte
und erfreute sich immer größerer Bedeutung im Lande. Der Gouverneur der Provinz
zeigte sich dankbar für des Kaisers Vorhaben, in den nächsten zwei Jahren
weitere Soldaten nach Qin zu holen, denn er witterte trotz der zunächst hohen
Ausgaben einen großen Profit für seine Wirtschaftsregion.
     
    Bao schritt durch die Straßen der neu angelegten
Baracken, die sie vor den kommenden winterlichen Wetterverhältnissen schützen
sollten.
    Die Anfangszeit war leichter gewesen als gedacht.
Während des Marsches war Bao zu beschäftigt gewesen, um an Min-Tao zu denken.
Er musste seine Männer sicher und zügig anführen und dank seiner eisernen
Disziplin konnte er die Gefühle, die er mit ihr verband, meist gut beiseite
schieben. Sie vollständig zu vergessen war ihm nicht möglich gewesen, dazu
hatte die junge Frau ihn zu sehr berührt in seiner Seele. Aber er hatte hier
viele Aufgaben, die seine volle Konzentration verlangten und so verging der
Sommer in der neuen Stadt für ihn wie im Fluge.
    Doch nun, da die Tage kälter wurden und viele
seiner Männer sich an ortsansässigen Frauen wärmten, merkte er, wie einsam er
ohne seine Geliebte war. Zwar hatte er einige eindeutige Angebote von Frauen
bekommen, doch er war nicht interessiert gewesen. Seine Männer waren ohnehin
gewohnt, einen „frauenlosen“ Anführer zu haben. Und so zog Bao sich jede Nacht
in seinen Träumen zurück zur Frau seines Herzens, die Hunderte von Meilen
entfernt im Palast des Kaisers lebte.
    Ich liebe dich, schickte er ihr im Gedanken, in
der Hoffnung, dass sie es hören würde.
     
    Dongjing, zur gleichen Zeit
     
    „Wang Anshi!“
    Cheng-Si hatte erneut um eine Unterredung mit
ihrem

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