Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)
Abendstunden in allerlei gemeinsame
ausgedehnte Abendessen einzubinden. Diese Zeit kam mir wie eine Ewigkeit vor
und ich verlor schon fast die Hoffnung, überhaupt noch die Möglichkeit zu
haben, ihn vor seiner Abreise nochmals heimlich zu treffen. Am dritten Tag
waren die Frauen jedoch alle zu sehr mit sich beschäftigt, und so nutzte ich
diese günstige Gelegenheit, mich nachts wieder heimlich aus dem Haus der
Frauen zu schleichen.
Der Frühling war zwar noch nicht so alt, aber bis
zur Dämmerung dauerte es bereits eine Weile. Ich wartete gerade so lange, dass
ich in der Dämmerung nicht auffallen würde, und verließ leise das Haus der
Frauen . Mittlerweile kannte ich mich sehr gut im Garten aus – auch
außerhalb der Zone der Frauen – und kam schnell und sicher voran. Als ich am
Übungsplatz des Heeres entlang huschte, meinte ich, alle Welt müsste mein
Herzklopfen hören, doch ich blieb unentdeckt. Viele Soldaten waren mit ihren
Frauen beschäftigt, da ein Teil des Heeres in zwei Tagen den Hof verlassen
würde. Hier und da hörte man die Pärchen, die sich in diesem abgelegenen Teil
des Militärtraktes im Schutze der Dunkelheit liebten.
Endlich erreichte ich das einsam gelegene
Bootshaus, das mittlerweile in nächtliche Dunkelheit getaucht war. Schon
befürchtete ich, Bao würde nicht spüren, dass ich hier her kommen würde. Ich
tastete mich entlang der Bretterwand und gelangte zur Tür. Durch ein leichtes
Anstoßen öffnete diese sich und im Inneren der Hütte war – nichts. Nichts und
niemand! Ich war verzweifelt, lehnte mich an die Wand und sank nach unten, bis
ich den Kopf auf meine Knie legen konnte.
Umsonst!
All die Gefahr, entdeckt zu werden, für nichts und
wieder nichts! Meine Gedanken rasten und suchten nach einer anderen
Möglichkeit. Ich war kurz davor, direkt in sein Quartier zu gehen, als ich
Stimmen hörte.
„Wer ist da?“ Eine männliche Stimme erklang.
Ich konnte mir gerade noch einen Aufschrei verkneifen,
als eine weitere männliche Stimme ertönte.
„Ich bin Bao Sen-Ho! Wer seid Ihr? Gebt Euch zu erkennen!“
Weitere Schritte erklangen und eine dritte Stimme
sagte: „Hier ist die kaiserliche Wache. Wir haben jemanden hier herumschleichen
sehen und wollten nachsehen, um wen es sich handelt!“
„Die Nacht ist voller Männer, die nach ihren
Frauen suchen!“ Baos Stimme durchdrang die Nacht.
„Und Ihr? Zu wem wollt Ihr?“ Die erste Stimme lachte.
„Nun, mich erwartet natürlich eine der Frauen des
Kaisers!“ Bao klang vollkommen ernst.
In meinem Versteck riss ich entsetzt die Augen auf
und hielt mir eine Hand vor den Mund. Wie konnte er das laut aussprechen?!
Der Mann, der zur ersten Stimme gehörte, sog
hörbar die Luft durch seine Zähne, doch sein Kollege lachte: „Ich habe von Euch
gehört, Bao Sen-Ho! Ihr schaut keiner einzigen Frau nach, die an diesem Hof
lebt! Nicht einmal, wenn man sie Euch auf den Bauch binden würde!“ Und zu
seinem Kollegen gewandt sagte er: „Das ist der Heerführer des Kaisers. Er
verbringt seit Wochen die Nächte alleine hier. Das gehört wahrscheinlich zu
seiner Meditation.“
„Wenn Ihr mich also bitte alleine lasst!“, hörte
ich Bao sagen. „Ich würde gerne mit meiner Meditation beginnen. Des
Kaisers Heer soll ja schließlich erfolgreich sein!“
Einen Augenblick hörte ich nichts; offenbar war
der eine Wächter unschlüssig, was mich bei diesem Sarkasmus in Baos Stimme
nicht wunderte. Doch ich hörte, wie der zweite Wächter seinem Kollegen auf die
Schulter klopfte: „Los, komm schon! Hier gibt es nichts für uns zu tun. Lassen
wir ihn in Ruhe.“
Während er das sagte, raschelte das Gras und es entfernten
sich Schritte.
Dann öffnete sich die Tür und jemand trat ein.
Es war Bao.
Bei seinem Anblick war ich aufgesprungen,
klammerte mich an ihn und verbarg mein Gesicht an seinem Hals.
„Ich bin fast vor Angst gestorben!“, weinte ich
mit gedämpfter Stimme.
Er murmelte etwas, doch ich konnte ihn nicht verstehen.
„Was sagst du?“
„Du bist endlich gekommen! Ich dachte, ich müsste
dich hinter mir lassen, ohne dich jemals wieder zu sehen!“
„Ich hatte zu viel Angst, dich zu treffen“,
schluchzte ich.
„Aber jetzt bist du da!“ Bao hielt mich noch immer
umschlungen, während wir auf den Boden sanken. Nach einer Weile ließ er mich
los; wir knieten uns gegenüber und sahen uns eine lange Zeit schweigend an.
Schließlich brach er die Stille.
„In zwei Tagen muss ich gehen!“
Seine Worte klangen
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