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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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Herr.“
    „Ach?“ Bao tat erstaunt. „Ich dachte, der Kanzler
hätte so etwas angedeutet. Er beobachtete, wie es im Kopf des Architekten
arbeitete; wie zur Erklärung zeigte er auf seinen Übungsplatz. „Meine Männer
trainieren hier regelmäßig, weil es das größte freie Feld in der Nähe der
Quartiere ist. Ich möchte den Frauen des Kaisers den Anblick meiner wilden
Soldaten gerne ersparen und wäre Euch dankbar, wenn ihr mich, sollte es zu
solchen Vorhaben kommen, in die Planung des Haus der Frauen ein wenig
mit einbeziehen könntet.“
    Der Architekt wirkte erleichtert und Bao konnte
sich einen kleinen Witz nicht verkneifen: „Was dachtet Ihr, was hinter meiner
Bitte steckt? Das Haus der Frauen direkt neben das Quartier der Soldaten
zu bauen?“
    Der Architekt fühlte sich ertappt, wurde verlegen
und verneigte sich. „Nein, es tut mir leid, wenn ich Euch Anlass zu dieser
Vermutung gegeben habe“, sagte er anstandshalber. „Ihr habt natürlich Recht,
dass man diesen Aspekt vorher erörtern muss und ich danke Euch für den Rat, den
Ihr mir gerade gegeben habt.“ Er richtete sich wieder auf und fuhr fort. „Was
Eure Frage betrifft, wie lange die Baumaßnahmen andauern werden, so sind wir
zuversichtlich, diese in zwei Sommern abgeschlossen zu haben.“
    „Danke für diese Information“, verneigte sich Bao.
„Wenn meine Hilfe nun nicht mehr benötigt wird…“
    Der Architekt verneigte sich ebenfalls. „Wir
brauchen noch etwas Zeit, um genaue Berechnungen zu erstellen. Vielen Dank für
Eure Zeit.“
    Bao entfernte sich von der Gruppe und plante
bereits die groben Abläufe der nächsten drei Jahre. Es war gut, zu wissen, dass
der Kaiser nicht so schnell hierher kommen würde. So blieb ihm noch Zeit, weitere
Untersuchungen im Nachbarland durchzuführen. Sein Gefühl sagte ihm, dass etwas
nicht stimmte. Schon morgen würde er den Boten wieder nach Westen schicken, um
sich genauer berichten zu lassen, was bei den Tanguten geschah. Ein vorschneller
Angriff durch Shenzong könnte eine friedliche Einigung gefährden, denn Bao war
überzeugt davon, dass die Chancen auf eine solche höher standen, als Wang Anshi
zugeben wollte.
     
    Neben all diesen militärisch-strategischen
Überlegungen konnte er einen kleinen Gedanken an seine Geliebte nicht
unterdrücken. Wenn die Frauen den Kaiser tatsächlich begleiten durften, wie er
es Wang Anshi nahegelegt hatte, so bestand eine Möglichkeit, Min-Tao in zwei
Jahren endlich wieder zu sehen. Wenn der Kaiser bei seinem Plan blieb, in drei Jahren
eine Einigung zu erzielen, dann hatten sie beide beinahe ein ganzes Jahr des
Friedens, in dem sie vielleicht Wege fanden, sich öfters zu treffen.
    Doch bis dahin war es noch weit und Bao schob den
Gedanken wieder beiseite.

13   Gefangenschaft
     
     
    Dongjing, Sommer 1072
     
    In den letzten Monaten war ich sehr oft mit Quo-Mi
ausgeritten und hatte mit ihr zusammen die Gegend erkundet. Schon bald fand ich
mich auch alleine überall zurecht und kannte ein paar abgelegene Orte, an denen
ich mich frei und unbeschwert bewegen konnte.
    Der Weg zu meinem Lieblingsplatz führte mich zunächst
über die Felder hinter dem Palast. Nach einer Weile erreichte man den Waldrand.
Zwischen den Bäumen führte ein kleiner Pfad in den Wald hinein und wenn man diesen
nicht verließ, gelangte man nach längerer Zeit in einen kleinen Ort. Ich
verließ allerdings schon bald den Weg zur linken Seite und ritt querfeldein
durch das ansteigende Gebiet. Die Bäume standen nicht besonders dicht, so dass
man zügig reiten konnte. Ich genoss den Anblick der Sonnenstrahlen, die sich
ihren Weg durch die Baumkronen bis auf den Waldboden bahnten. Der Frühling war
bereits vorüber, aber das satte Grün der Bäume war noch nicht von der Sonne
ausgebleicht, und ich befand mich inmitten einer Vielzahl von Grüntönen. Die
Vögel zwitscherten ihre Lieder und der Wind blies gerade eine Wolke
Blütenpollen heran, die in den Strahlen der Sonne sichtbar wurden.
    Schließlich gelangte ich auf die Anhöhe des
kleinen Berges und folgte nun dem Pfad bergabwärts. Dort unten befand sich ein
kleiner See, den ich recht bald entdeckt hatte. Beinahe täglich ritt ich zu
dieser Stelle und hatte den Ort bis jetzt immer menschenleer vorgefunden. Und
auch heute versprach der Platz wieder angenehme Einsamkeit.
    Die Sonne stand hoch und ich verspürte leichten Hunger.
Ich lenkte Ning zu unserem gemeinsamen Stammplatz, stieg ab und legte
dem Pferd lediglich Fußfesseln an, so dass

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