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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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glücklicher Mann.“
    Beschämt sah ich zu Boden.
    Shenzong fuhr fort. „Ich habe eine Überraschung
für dich.“ Er zeigte auf die Koppel, auf der Ning am Seil eines
Stallburschen trabte.
    Was meinte er?
    „Ganz recht“, sagte Shenzong. „Sie gehört dir!“ Er
deutete auf die Stute.
    Meine Augen wurden groß. „Das ist zu gütig! Vielen
Dank!“ Ich war glücklich über diese Wertschätzung, auch wenn ich meine wahre
Freude, das Glücksgefühl, ein Ziel erreicht zu haben, geschickt versteckte.
    „Ich freue mich, dass dir das Geschenk gefällt!“
Mit diesen Worten drehte er sich um und ging davon.
    Wang Anshi, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte,
sah mich an. „Wir haben eine Vereinbarung getroffen. Wenn du dich nicht als
Kaiserliche Frau zu erkennen gibst, dann darfst du den Palast für Ausritte
verlassen. Es ist eine stillschweigende Vereinbarung und Shenzong würde es
öffentlich dementieren, wenn es bekannt würde. Verhalte dich also unauffällig,
und du darfst hinaus. Solltest du dich nicht daran halten, nimmt er dir das
Pferd umgehend weg und verwehrt dir jeden Umgang.“ Er sah mich nachdrücklich
an. „Jeden“, wiederholte er.
    Die Drohung des letzten Satzes war nicht zu überhören.
Ich konnte den alten Mann nicht leiden und es beruhte auf Gegenseitigkeit.
Einzig meine Verbindung zu Bao sicherte mir diese Freiheiten, denn Wang Anshi
war für sich sehr daran interessiert, dass ich den Mund hielt – das
hatte ich mittlerweile begriffen.
     
    „Du musst dich verschleiern!“ Cheng-Si hatte
bereits einen Stoff in der Hand, den sie mir über den Kopf legen wollte.
    „Wie soll ich denn damit reiten?“ Ich zog meinen
Kopf zur Seite und sah die Hausmutter entgeistert an. „Und überhaupt! Man wird
mich doch sofort erkennen, wenn ich so reite.“ Ich zeigte sowohl auf den
seidenen Schal als auch auf das schöne Kleid. „Die Bauern werden wissen, dass
da eine kaiserliche Frau reitet. Es wird Gerede geben!“ Beruhigend tätschelte
ich Cheng-Sis Hand, die noch immer den glatten Stoff festhielt. „Steckt ihn
weg, verehrte Mutter. Es wird alles gut sein. Ich verspreche es! Ihr werdet
keine Schande erleiden durch meine Ausflüge! Das habe ich auch Wang Anshi
gesagt.“
    Cheng-Si schien über meine Worte nachzudenken.
    „Du wirst aussehen, wie ein gewöhnliches Stallmädchen.“
Sie blickte mich an. „Macht dir das gar nichts aus?“
    „Was?“ Fragend sah ich sie an und folgte ihrem
skeptischen Blick auf die groben Gewänder. „Ich weiß doch, wer ich bin“,
antwortete ich. „Und ich empfinde nichts Schlimmes dabei, wie ein gewöhnlicher
Mensch zu reiten. Im Gegenteil: Es schützt mich – und damit auch Euch, verehrte
Mutter.“ Ich ging auf Cheng-Si zu und ergriff erneut ihre Hände. „Ich weiß, Ihr
macht Euch Sorgen, aber diese sind unbegründet. In diesen Gewändern wird mich
niemand erkennen. Und wenn man doch Zweifel haben sollte, so gebe ich meine
Füße zu erkennen.“ Lachend hob ich den Rocksaum und wackelte mit den Zehen.
„Dann wird niemand glauben, ich sei eine Frau aus dem Palast.“
     
    Wenig später befand ich mich bei den Stallungen.
Quo-Mi hatte wohl zwei Mal hinsehen müssen, bis sie mich erkannte.
    Ich holte Ning und machte mich bereit für
einen größeren Ausritt. Den Sattel konnte ich mittlerweile selbst auflegen und
freute mich, als der Stallbursche bei der Nachkontrolle nichts mehr nachbessern
musste. Dann schwang ich mich auf das weiße Pferd und trabte neben Quo-Mi auf
den Seiteneingang zu, den gewöhnlich die Bediensteten nahmen.
    „Wen hast du bei dir, Quo-Mi?“, fragte die Wache
am Tor.
    „Das ist meine Schwester“, log sie.
    „Da hast du aber eine schöne Schwester“, rief die
zweite Wache und pfiff durch die Zähne.
    „Lackaffen“, lachte Quo-Mi und gab ihrem Pferd
einen Tritt.
    Ich tat es ihr gleich und wir ritten im Galopp den
Weg entlang.
     
    Es war beinahe unfassbar. Ich hatte tatsächlich
einen Weg gefunden, die Palastmauern hinter mir zu lassen. Überglücklich war
ich über das Privileg gewesen, auf der Koppel reiten zu dürfen, aber das, was
ich nun erlebte, übertraf all meine Träume. Der Tag belohnte uns mit warmem
Frühlingswetter, und der Wind, der mir ins Gesicht blies, war angenehm und mit
dem Duft von Blumen gefüllt.
    „Wenn man Euch so betrachtet, möchte man meinen,
es wäre kein Glück, eine Frau des Palastes zu sein“, sagte Quo-Mi, die ihre
Herrin aufmerksam beobachtete.
    „Nun, alles hat seine Reize, aber mir ist

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