Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)
gewickelt wurde
und man ihn warm und weich wiegte.
Der Sommer ging vorüber und der Herbst stand vor
der Tür. Ich ritt beinahe jeden Tag aus und durchquerte mittlerweile vollkommen
alleine die Ländereien um den Palast. Die Wachen an den Toren hatten sich daran
gewöhnt, dass Quo-Mis „Schwester“ alleine ritt, und ich war dankbar für diese
erste Hilfestellung gewesen. Doch schon bald war mir klar, dass ich lieber
alleine unterwegs war und Quo-Mi respektierte meinen Wunsch.
Es gab ein paar Häuser in der Gegend, deren Bewohner
mir nach ein paar Monaten bekannt genug waren, so dass ich einzelne Worte mit
ihnen wechselte. Besonders eine Familie am anderen Ende des Waldes war mir gegenüber
sehr herzlich. Ich hatte eines Tages – es war besonders heiß gewesen – meinen
Trinkvorrat aufgebraucht und war sehr durstig gewesen. Auch Ning konnte
einen Eimer Wasser vertragen.
Als ich an dem Haus vorbeikam, stand die
Bauersfrau davor und blickte auf, als ich angetrabt kam. Die Frau musste mir
den Durst angesehen haben, denn sie winkte und bot mir einen Krug Wasser an:
„Setzt Euch und gönnt Eurem Pferd eine Pause. Ihr seht beide sehr durstig aus.“
Dankend nahm ich die Einladung an und stieg ab.
„In der Tat; ich bin sehr durstig.“
„Ihr wohnt in der Nähe?“, fragte die Frau und
schaute sogleich etwas beschämt auf den Boden. Leicht stotternd fügte sie
hinzu: „Verzeiht – ich – habe Euch schon – des Öfteren gesehen und ich dachte…“
„Ich komme aus der Stadt. Ich bin zuständig für
dieses Pferd und sorge dafür, dass es genügend Bewegung bekommt. Mein Herr
kommt selbst nicht mehr dazu.“ Ein Teil der Wahrheit war schließlich keine Lüge,
fand ich.
Die Frau blickte etwas enttäuscht und ich fragte
mich, warum wohl. Doch ich ging dem nicht weiter nach, trank den Krug Wasser
leer, den man mir gereicht hatte und gab ihn dankend zurück. „So, jetzt muss
ich wieder weiter. Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft. Vielleicht komme
ich darauf noch einmal zurück, wenn ich darf.“
Die Frau verneigte sich. „Jederzeit. Ihr seid
immer herzlich willkommen.“
„Nein, sie ist es nicht“, wehte der Wind ihre
Stimme in meine Richtung, als ich das Haus hinter mir gelassen hatte.
Wen hatte die Frau wohl erwartet, wunderte ich
mich und gab Ning einen kräftigen Schenkeldruck. Schon kurz darauf
ritten wir wie der Blitz über die herbstlichen Wiesen und waren wenig später am
Palast angekommen.
Am kaiserlichen Hof herrschte mittlerweile wieder
die gewohnte Ordnung, nachdem Suan-Jen sich aufs Neue eingerichtet hatte. Es
waren bereits drei Vollmonde vergangen und noch immer sah man der Ehrwürdigen
Hauptfrau keine Anzeichen einer Schwangerschaft an.
„Das kann ja auch nichts werden, wenn sie immer so
verbissen durch die Gegend läuft“, sagte Su-Ling.
„Sei still. Es steht dir nicht zu, so über die
Ehrwürdige Frau zu sprechen.“ Cheng-Si schickte einen strengen Blick in die
Richtung der Frau, die sie gerade rügte. „Auch wenn sie nicht unser aller
Freundschaft besitzt, so hat sie doch ein Recht auf Mitgefühl in ihrer
Situation. Nicht jede Frau ist gesegnet mit einem gebärfreudigen Körper, wie
Shinlan ihn besitzt.“
„Soll ich etwa ein schlechtes Gewissen deshalb bekommen?“
Shinlan wirkte ein wenig beleidigt.
Ich wusste, dass Shinlan lieber Shenzongs
Hauptfrau geworden wäre und konnte ihre Reaktion gut verstehen.
„Nein, Shinlan. Du weißt genau, was ich damit
sagen will.“ Cheng-Si legte eine gutmütige Miene auf. „Aber wir sind uns doch
alle einig, dass wir ein leichteres Leben haben, wenn der Kaiser endlich einen
legitimen Sohn hat.“
Alle nickten.
Der Winter zog ins Land und Suan-Jen blieb die
gleiche dünne Frau, die sie war, als sie ein halbes Jahr zuvor in Dongjing
angekommen war. Ihre Frustration machte sich immer deutlicher bemerkbar und die
Diener klagten bereits hinter vorgehaltener Hand über ihre ungerechte und
unberechenbare Art.
Ich entfloh der stickigen Atmosphäre der kalten Jahreszeit
auf dem Rücken meines Pferdes. Selbst an besonders kalten Tagen ritt ich für
längere Zeit aus und nutzte die wenigen Stunden des Tages, um an der frischen
Luft zu sein. Der See an meinem Lieblingsplatz war eingefroren und bot ein
wunderschönes Winterbild. Ich war damals, nach jenem seltsamen Ereignis im
Sommer, einige Wochen lang gar nicht mehr zu dieser Stelle gekommen. Mittlerweile
fühlte ich mich jedoch wieder sicher und ritt regelmäßig zum
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