Die Geliebte des Koenigs
fragte er völlig verblüfft.
Jesslyn rückte ihre Tasche auf der Schulter zurecht. „Du bist nicht mehr der Sharif, den ich kenne. Du bist jetzt König Fehz.“
„Jesslyn.“ Der zurückgenommene, schmeichelnde Ton in seiner Stimme ließ sie aufhorchen. „Offensichtlich habe ich dich beleidigt. Das lag nicht in meiner Absicht. Ich bin wirklich gekommen, um dich um deine Hilfe zu bitten. Lass es mich dir wenigstens erklären.“
Zweifelnd schaute sie zur Limousine und den wartenden Leibwächtern hinüber, deren Augen hinter dunklen Brillen versteckt waren. „Ich habe für heute Abend einen Last-Minute - Flug gebucht, den ich auf jeden Fall antreten werde.“
„Also darf ich dich nun doch nach Hause fahren?“
Jesslyn seufzte und sah Sharif fest in die Augen. „Ich werde auf jeden Fall fliegen“, wiederholte sie.
Es gefiel ihm, wie ihr feuchtes dunkles Haar in wilden Locken ihr blasses Gesicht umrahmte. Er liebte den entschlossenen Zug um den sinnlichen Mund und ihr beinahe kämpferisch vorgeschobenes Kinn. „Dann lass uns fahren.“
2. KAPITEL
Nachdem sie Sharifs Chauffeur ihre Adresse gegeben hatte, verstaute Jesslyn ihre Büchermappe und die Handtasche im Fußraum der Limousine, legte ihre durchweichte Kostümjacke auf ihren Schoß und versuchte, Sharifs beunruhigende Nähe so gut wie möglich zu ignorieren.
Unglücklicherweise erwies sich das als unmöglich. Er war der Typ Mann, der einen Raum durch seine bloße Anwesenheit beherrschte. Ganz mühelos zog er alle Aufmerksamkeit auf sich und stand ohne sein Zutun automatisch im Rampenlicht. Und so dicht neben ihm zu sitzen, dass sie seine Wärme spürte und den vertrauten Duft seines herben Aftershaves wahrnehmen konnte, weckte verbotene Erinnerungen und machte alles nur noch schlimmer.
Jesslyns Herz klopfte bis zum Hals, während sie den dünnen Stoff ihrer Jacke umklammerte. Eine Woge widerstreitender Gefühle durchströmte sie.
Angst … Kummer … Verlangen … Reue …
„Warum wendest du dich von mir ab?“
Warum wohl?
Ihn anzuschauen wäre unerträglich für sie, weil es ihr nur wieder in Erinnerung rufen würde, wie dumm es von ihr gewesen war, ihn zu verlassen. Eigentlich hatte Jesslyn damals gar nicht wirklich gehen wollen – jedenfalls nicht für immer. Stattdessen hatte sie insgeheim gehofft, er würde ihr nachkommen, würde versuchen, sie zur Rückkehr zu bewegen. Sie hatte gehofft, er würde sie anflehen zurückzukommen und ihr ewige Liebe schwören.
„Wenn eine Beziehung endet, ist es immer schrecklich. So war es damals, und so ist es heute noch …“, murmelte sie rau.
„Aber du bist jetzt glücklicher. Schau dich an. Du lebst deinen Traum.“
Ihr Traum! Jesslyn atmete tief durch. Ganz sicher hatte sie nie davon geträumt, in ihrem Alter noch Single zu sein. Sie hatte davon geträumt, eine eigene Familie zu haben. Nach dem Tod ihrer Eltern, die im Abstand von drei Jahren verstorben waren, war sie von einer Tante großgezogen worden. In jener Zeit war ihr bewusst geworden, wie sehr sie Menschen brauchte, die sie lieben konnte und die sie liebten. Doch sie lebte immer noch als Single und unterrichtete die Kinder anderer glücklicher Paare.
„Ja“, sagte sie leise. Sie versuchte, den Schmerz zu verbergen, den seine Worte ihr bereitet hatten. „Es ist einfach wundervoll.“
„Ich freue mich für dich. Du bist auch viel … selbstbewusster als früher.“
Jesslyn schaute aus dem Fenster. Wagen für Wagen rückte die Feuerwehr unverrichteter Dinge wieder ab und machte ihnen damit den Weg frei. Endlich konnte die königliche Limousine den Parkplatz verlassen und bog auf die Straße. „Es erscheint mir inzwischen ganz natürlich, stark und selbstbewusst zu sein“, sagte sie an Sharif gewandt. „Damals war ich ein ganz anderer Mensch.“
Er wusste sofort, worauf sie anspielte. Ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Es war ein grauenhaftes Unglück.“
Sie nickte. Und plötzlich war der Unfall, obwohl elf Jahre her, wieder ganz nah und das Verlustgefühl so frisch und schmerzhaft wie damals. „Manchmal träume ich noch davon“, gestand sie leise. Unwillkürlich ballte sie die Hände so fest zu Fäusten, dass ihre zarten Knöchel weiß hervortraten. „Ich schrecke immer im Augenblick des Aufpralls hoch. Ich wache auf, bevor ich weiß, was passiert ist.“
Sharif schwieg, und Jesslyn kämpfte gegen das beklemmende Gefühl an, das ihr die Kehle zuschnürte. „Doch sobald ich richtig wach bin, kehrt die Erinnerung
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