Die Geliebte des Koenigs
zurück.“
„Du hast nicht am Steuer gesessen.“
„Ich weiß, aber Jamila hat nichts falsch gemacht. Niemand im Wagen hat einen Fehler begangen.“
„Deshalb nennt man es auch Unfall.“
Tragödie , schoss es ihr durch den Kopf.
„Du hast unglaubliches Glück gehabt und bist wieder gesund.“
Anders als seine beiden Schwestern …
Heiße Tränen brannten in ihren Augen. Jesslyn wandte den Kopf ab, um sie fortzuwischen, ehe sie über ihre Wangen rollen konnten. Egal, wie lange der Unfall zurücklag, der Schmerz und die Trauer wollten nicht weichen.
Sharifs Schwestern, Jamila und Aman, waren ihre besten Freundinnen gewesen. Mit zehn Jahren hatte sie die beiden kennengelernt, und von da an waren sie unzertrennlich gewesen.
Es ist nicht gut, ständig in der Vergangenheit zu leben, ermahnte Jesslyn sich nun und versuchte, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren.
„Du hast dich auch sehr verändert“, sagte sie rau. „Aber wahrscheinlich war das zwangsläufig, weil du …“ Sie verstummte.
„Weil ich …“, hakte er nach, als sie schwieg, ohne den Satz zu beenden.
Jesslyn hob verlegen die Schultern. „Na, du weißt schon.“
„Nein, keine Ahnung. Warum sagst du es mir nicht einfach?“
„Du musst doch selbst gespürt haben, dass du dich verändert hast“, entgegnete sie ausweichend. Verstohlen musterte sie Sharif. Er war so anders – viel härter, entschlossener, stolzer.
„Was du siehst, scheint dir nicht zu gefallen“, bemerkte er.
Erneut zuckte Jesslyn die Achseln. „Ich kenne dich doch gar nicht mehr.“
„Ich bin immer noch derselbe wie damals.“
Vielleicht glaubte Sharif das tatsächlich, aber es stimmte nicht. Er war nicht mehr der Mann, den sie gekannt und geliebt hatte. Er war größer, mächtiger und schien sich dieser Macht auch absolut bewusst zu sein. „Wenn ich dich anschaue, sehe ich nicht mehr den Mann, sondern den König“, stellte sie nachdenklich fest. Sie sah, wie sich seine Miene verfinsterte – ihm schien ihre Feststellung nicht zu gefallen. „Es ist ganz klar, dass du dich verändert hast“, fügte sie hastig hinzu. „Du bist nicht mehr der junge Mann von damals. Wie alt bist du jetzt? Achtunddreißig … neununddreißig?“
„Siebenunddreißig, Miss Heaton“, stellte er richtig. „Und du bist einunddreißig.“
Der seltsame Unterton in seiner Stimme ließ sie aufhorchen. Sie sah auf. Und sie blickte in diese erstaunlich silbergrauen Augen, die einmal die Welt für sie bedeutet hatten.
Augen, die ihr auch jetzt mitten ins Herz zu schauen schienen.
Jesslyn stockte der Atem.
Es war vorbei!
Ihr Prinz war jetzt König! Er hatte geheiratet und war inzwischen Witwer. Und sie hatte ein eigenes Leben begonnen, das sie auch fortführen wollte.
„Du bist offensichtlich enttäuscht von mir, und ich empfinde genau das Gegenteil“, murmelte Sharif mit verführerisch sanfter Stimme. „Du bist so anders als damals. Schöner, selbstsicherer … einfach umwerfend.“
Ihr Herz schnürte sich zusammen. Das durfte nicht sein. Wenn sie ihm weiter zuhörte, war sie verloren.
Er erinnerte sie an alte, längst vergangene Zeiten, die sich nicht wieder zurückholen ließen.
Und trotzdem hätte sie im Moment alles dafür gegeben, die letzten neun Jahre noch einmal leben und anders gestalten zu können.
Jahre, in denen sie sich hinter ihrer Arbeit verschanzt, in denen sie sich in Fortbildungen, Sommer- und Abendschulkurse gestürzt hatte. Alles nur, um sich selbst daran zu hindern, nachzudenken oder zu fühlen.
Und um die Reue nicht zuzulassen …
Prinz Sharif Fehz, ihr Prinz, ihr erster Liebhaber, ihre einzige Liebe, hatte nur wenige Monate nach ihrer Trennung eine andere geheiratet!
Jesslyn rutschte unbehaglich auf dem Sitz hin und her und starrte angestrengt aus dem Seitenfenster. Erleichtert stellte sie fest, dass sie nur noch knapp eine Meile von ihrem Apartment entfernt waren.
Bald würde Sharif sie absetzen und wieder aus ihrem Leben verschwinden.
Bald würde sie wieder Herr über ihre Gefühle sein.
Noch immer ruhte Sharifs Blick auf ihr. „Erzähle mir mehr über die Schule und deinen augenblicklichen Job. Bist du dort glücklich? Was unterrichtest du?“
Endlich mal eine Frage, die sie leicht beantworteten konnte. „Ich bin Lehrerin mit Leib und Seele! Ich hänge an jedem einzelnen meiner Schüler! Und ihnen Literatur und Geschichte näherzubringen fordert mich immer wieder heraus und macht mir unheimlich viel Spaß.“ Sie sah ihn an. „Diese
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