Die Geliebte des Kosaken
verzweifelt um ihn kämpfen. Aber mit welcher Erfolgsaussicht?
Es war mehr als lachhaft. Als sie vor einigen Monaten die Hauptstadt verließen, schien Fürst Berjow der Mann der Stunde zu sein. Niemand zweifelte daran, dass Zar Nikolaus ihm vertraute, dass das Netz von Beziehungen, welches der Fürst bei Hofe geknüpft hatte, fest und unzerreißbar war. Doch bei ihrer Rückkehr spürten Natalja und er rasch, dass ein anderer, kälterer Wind in der Hauptstadt wehte. Der Zar war ein misstrauischer Mann, Militär und Geheimpolizei gewannen immer mehr Einfluss in Russland, und Kaschubow war ungeheure Macht zugewachsen.
Andrej und Natalja waren nach langer Reise im Haus der Großfürstin Galugina angekommen, und Elisaweta Antonowna, die während Nataljas Abwesenheit schwer erkrankt war, erholte sich von einem Tag zum anderen. Was auch immer Fürst Berjow gegen Andrej Dorogin vorzubringen hatte – Elisaweta Antonowna war entzückt von ihm, denn er hatte ihre Enkelin vor allen Gefahren bewahrt und sicher wieder zu ihr zurückgebracht. Der junge Mann war nicht standesgemäß, aber die Großfürstin hatte sich in ihrem langen Leben einige Menschenkenntnis angeeignet, und sie billigte die Wahl ihrer Enkelin aus vollem Herzen.
An Silvester feierte man Verlobung in kleinen Kreis, zu dem auch Fürst Berjow geladen war. Andrej mochte diesen Menschen nicht, er kannte sein politisches Ränkespiel, und es gefiel ihm überhaupt nicht, dass er jetzt auf die Fürsprache des Fürsten angewiesen war. Die Abneigung war gegenseitig – auch Berjow behandelte Andrej kühl und ließ deutlich durchblicken, dass er sich für die hübsche und schwerreiche Natalja einen besseren Bewerber vorstellen konnte. Zudem war deutlich, dass der Fürst mit eigenen Sorgen beschäftigt war …
Andrej blieb einen Moment stehen, um nach der Schabe zu kicken, die sich wieder aus ihrer Ritze herausgeschlichen hatte. Natürlich war es nicht die gleiche von vorhin, unter den Dielen wohnten ausgedehnte Schabenkolonien, die sich dort offensichtlich wohl fühlten und fleißig vermehrten. Er ärgerte sich, denn der Tritt ging daneben, die Schabe war wieder im Untergrund verschwunden.
Das Fensterchen war jetzt dunkel, aber er hatte vorhin noch sehen können, dass es wieder schneite. Resigniert ließ er sich erneut auf seinem Lager nieder und überlegte, ob er die Wolldecke umhängen sollte. Es passte ihm nicht, wie ein Großmütterchen dazusitzen, stattdessen legte er sich auf den Boden und wärmte sich durch einige Liegestütze auf.
Zwei Tage nach seiner Verlobung war ein langer Brief von Katja angekommen, der ihn völlig aus der Fassung gebracht hatte. Bogdan war wieder wohlauf, hatte in allen Ehren um Katjas Hand angehalten und – sie bekommen. Jetzt waren die beiden unten am Don in Bogdans Heimat, er hatte dort ein Landgut erworben, das nach Katjas Beschreibung ein Kleinod war.
„Woher hat er das Geld?“
„Nun“, hatte Natalja mit harmloser Miene gesagt, „vermutlich haben sie das Gold doch noch gefunden.“
Er schüttelte ungläubig den Kopf, dann fiel ihm Nataljas verschmitztes Lächeln auf, und sie gestand ihm die ganze Geschichte. „Es war dieser Berg, zu dem Oleg hinsah, als er von dem Gold sprach. Er ist voller Höhlen.“
Er konnte es nicht fassen – sie hatte Katja den Rat gegeben, dort zu suchen, und offensichtlich hatten die Kosaken Erfolg gehabt. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Bogdan die Beute aufgeteilt hatte und jeder mit seinem Schatz davonzog. Nun, die meisten würden sich ihren Anteil früher oder später wieder abnehmen lassen, ihn verspielen und versaufen. Nicht so Bogdan, denn ihm stand Katja zur Seite.
„Und warum hast du mir nichts davon erzählt?“, fragte er sie ärgerlich.
„Hätte das etwas geändert, Liebster?“, erwiderte sie zärtlich und umarmte ihn. „Wir brauchen dieses schmutzige Gold nicht, Andrej. Wir werden auch so glücklich sein.“
Er hatte sie geküsst, überzeugt davon, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Am folgenden Morgen holte man ihn gegen acht Uhr aus dem Stadthaus ab, um ihn in die Festung zu bringen. Kaschubow wollte wissen, was aus dem Gold geworden war, und er scherte sich wenig darum, dass Andrej unter dem Schutz des Fürsten Berjow stand. Berjow war in Ungnade gefallen und verließ sein Haus kaum noch, Kaschubow ließ ihn sogar beobachten.
Andrejs linker Arm begann zu schmerzen, und er stellte die Liegestütze ein. Ärgerlich ließ er sich auf das Lager sinken,
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