Die Geliebte des Kosaken
ihren Füßen, sie glitt aus, fing sich wieder und blieb dann atemlos taumelnd stehen.
Vor ihr war der Bach durch einen Haufen Geröll und Felsbrocken versperrt, immer noch rutschten Steine von der Bergwand nach, rollten scheinbar harmlos über die abgestürzten Felsen, die Luft roch nach Erde und Staub. Das Wasser auf der anderen Seite der Verschüttung war jedoch bereits angestiegen und suchte sich leckend und schäumend einen neuen Weg durch die Schlucht. Feine Wasserfälle strömten an einigen Stellen über die Gesteinsbrocken, unter dem Geröll quoll es hervor, wühlte sich durch das Erdreich und wollte die gesamte Breite der Schlucht ausfüllen.
Natalja starrte verzweifelt auf die Gesteinsmassen, die sich vor ihr auftürmten, und Hoffnungslosigkeit überkam sie. Wer immer sich hier an diesem Ort befunden hatte, die Naturgewalt hatte ihn unter sich begraben.
Es war gefährlich, so dicht an dem aufgestauten Wasser zu bleiben, denn der Wildbach arbeitete sich jetzt mit wütender Kraft durch das Hindernis. Schon wankten einige der größeren Steinbrocken, die ihm noch den Weg blockierten, es war nur eine Frage der Zeit, dann würde der angestaute Strom mit Macht durch die Schlucht schießen. Natalja zögerte dennoch, ihre Augen glitten suchend über das Gestein, schon waren ihre Füße von den eiskalten Wellen umspült, der Boden unter ihr gab nach, und sie rettete sich auf einen der größeren Felsbrocken. Immer noch spähte sie umher, hartnäckig entschlossen, erst zu weichen, wenn sie Gewissheit hatte, so grausig diese auch sein mochte.
Das Wasser hatte in der Verschüttung eine dunkle Stelle freigespült, und Natalja spürte, wie ihr Herzschlag aussetzte. Ein Mensch lag dort zwischen dem Geröll, noch bewahrten einige dicke Felsblöcke seinen leblosen Körper davor, von den brüllenden Wassermassen fortgerissen zu werden. Sie kroch über den Felsblock, spürte, wie ihr Körper zitterte, und dennoch erfüllte sie eine irrwitzige Hoffnung, es könnte Andrej sein. Vielleicht war noch Leben in ihm.
Die ersten Wasserzungen schwappten über das schützende Gestein, da hatte sie ihn erreicht. Ein tiefer Schmerz wollte sie zerreißen – es war Andrej. Er lag wie leblos, rötlicher Staub hatte sein schwarzes Haar gefärbt, seine Augen waren geschlossen. Sie fasste ihn unter den Armen, zog seinen schweren Körper mit aller Kraft zwischen dem Geröll hervor, spürte, wie das Wasser jetzt aus der Lücke zwischen dem Gestein hervorsprudelte und zugleich aufschäumend über die Felsblöcke schoss, und sie erreichte mit ihrer Last unter großen Mühen eine schützende Stelle dicht an der steilen Felswand.
Das aufgestaute Wasser stürzte jetzt immer mächtiger durch die Schlucht, schoss in hohen Wogen über die Hindernisse hinweg, sie konnte nichts tun als sich gegen den Fels pressen, ohne Andrejs leblosen Körper loszulassen. Schon hatten die reißenden Fluten ihre Knie erreicht, wollten ihr den festen Stand nehmen, da spürte sie, wie Andrejs Muskeln sich spannten, er bewegte die Arme, seine Beine suchten nach Halt.
Er war am Leben – sie fühlte, wie ihr schwindelig wurde vor Glück – zugleich hatte sie Mühe, sich gegen die reißende Flut zu stemmen, denn sie war mit ihren Kräften am Ende.
Andrejs Körper straffte sich, es gelang ihm, sich aufzurichten, taumelnd stand er, starrte sie an, dann erfasste er die Lage.
Er schob sie gegen die Wand, bedeutete ihr, dass sie klettern müsse, hob ihren zitternden Körper an und stützte sie. Natalja begriff seine Absicht, er hatte recht, es war die einzige Rettung vor der tödlichen Flut. Doch sie war außer sich vor Angst, dass Andrej nicht mehr die Kraft haben würde, sich an dem Fels hinaufzuziehen.
Sie stieg langsam, sah sich immer wieder nach ihm um, rang keuchend nach Luft, spürte ihr Herz hämmern, ihre Glieder zittern. Andrej hatte Mühe, sich am Fels zu halten, sein linker Arm hing schlaff herunter, doch er achtete nicht darauf, sondern sah zu ihr hinauf, machte ihr wütend Zeichen, weiterzusteigen. Unendlich kräftezehrend war der Aufstieg, Natalja hatte schreckliche Mühe mit dem langen Kleid, zweimal rutschte ihr Fuß von seinem Halt, und wenn Andrej nicht rasch zugegriffen hätte, wäre es ihr Ende gewesen. Doch er war dicht hinter ihr, überwachte jede ihrer Bewegungen, und wenn sie sich nach ihm umwandte, blitzten seine Augen sie zornig an.
Weiter, befahl sein Blick. Kämpfe dich durch. Denke ja nicht daran, aufzugeben!
Als sie den Rand der Schlucht
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