Die Geliebte des Kosaken
dass die Weiber die Kantschu brauchen.“
Natalja stellte sich schlafend, während sie vor Empörung fast platzte. Hatte man so etwas je gehört?
„Jeder auf seine Art“, gab Andrej ruhig zurück, „ich zähme ein Weib auch ohne Kantschu, Brüderchen.“
Das wird ja immer besser, dachte Natalja und hörte Bogdans tiefes, heiseres Lachen.
„Es scheint dir ja sehr am Herzen zu liegen, das Mädel“, bemerkte Bogdan. „Gib zu, dass sie nicht deine Schwester ist.“
„Du zweifelst an meinem Wort?“
Bogdan steckte zurück. Wenn Andrej nicht wollte, dann wollte er nicht. War ein Sturkopf, dieser Kerl. „Wo werde ich zweifeln. Dann ist sie halt deine Schwester – gut. Aber du wirst sie doch wohl nicht wirklich nach Perm zu Oleg bringen wollen, oder?“
„Warum nicht?“
„Weil er ein dreckiger Verräter ist – darum. Hör zu, Brüderchen, ich hab eine andere Idee.“
„Gib dir keine Mühe …“
„So lass mich doch erst einmal ausreden. Ich gebe dir deinen Anteil zurück und meinen dazu. Dafür bekomme ich das Mädel. Was sagst du dazu?“
Natalja spürte, wie ihre Nackenhaare sich sträubten. War das Kosakenart, eine Frau einfach unter sich zu verschachern? Hatte Andrej sie am Ende mitgenommen, um mit ihr ein gutes Geschäft zu machen?
„Nein“, sagte Andrej mit großer Bestimmtheit.
„Du bist ein gerissener Fuchs, Brüderchen. Gut, ich lege noch meinen Anteil an unserem nächsten Geschäft darauf. Aber mehr ist nicht drin, Freund. Schließlich ist die Kleine keine Zarentochter.“
„Nein.“
„Heiliger Nepomuk – was bist du für ein hartnäckiger Kerl. Gut, ich mache einen anderen Vorschlag: Du vergnügst dich erst ein paar Tage mit ihr, und wenn du ihrer müde bist, dann verhandeln wir weiter. Kommen wir so ins Geschäft?“
„Ich sage es dir ein für alle Mal, Bogdan: Meine Schwester ist mit Oleg verlobt, wenn du sie haben willst, dann musst du mit dem Bräutigam verhandeln.“
Es war eine kleine Weile still, und Natalja fürchtete schon, man könne hören, wie laut ihr Herz klopfte. Oh, sie hatte in Nowgorod erlebt, wie starrköpfig Andrej handeln und feilschen konnte. Ganz gewiss war seine Ablehnung nur ein Trick – früher oder später würde er sie verkaufen.
„Mit Oleg soll ich verhandeln?“, meinte Bogdan verblüfft. Dann lachte er grimmig auf, der Vorschlag schien ihm Spaß zu machen. „Ich habe verstanden. Oleg will dir das Brautgeld in sibirischem Gold bezahlen, das ist freilich mehr, als ich dir bieten kann.“
„Du redest Schwachsinn!“, schimpfte Andrej mit leiser Stimme.
„Oh nein, Brüderchen. Du und Oleg, ihr wisst, wo das Gold ist.“
„Schweig“, befahl Andrej, „lass uns woanders reden.“
„Wozu reden?“, knurrte Bogdan. „Wir Kosaken lassen uns nicht betrügen. Entweder du besorgst uns das Gold, oder du und dein Freund verliert euer Leben. Dann bekomme ich dein Mädel umsonst.“
Natalja lag still und hielt sogar den Atem an. Aber Bogdan hatte nichts mehr hinzuzufügen, er schnaubte nur vernehmlich und stapfte davon.
Katja lag auf dem Diwan, naschte von dem türkischen Zuckerwerk, das ihr Vater für sie gekauft hatte, und gab sich goldenen Träumen hin. Kleider aus feinster Seide würde sie tragen, in einem weißen Haus aus Stein würde sie wohnen, und ein Heer von Dienern hatte ihr zu gehorchen. Sie wischte sich die Zuckerfäden vom Mund und übte ein herablassendes Lächeln. An den Abenden würde sie am Arm ihres Ehemannes rauschende Bälle besuchen, und jedermann würde ihre Schönheit bewundern.
„Katja!“, rief ihre Mutter aus dem Nebenzimmer. „Was liegst du wieder faul herum? Geh in die Küche und hilf Pelageja mit dem Gemüse!“
Katja fiel aus ihren schönen Träumen und zog die Stirn kraus. Gemüse putzen! Wie sie dieses eintönige Leben hasste. Den Haushalt besorgen, im Garten Kohl und Rüben pflanzen, mit der Mutter auf langweiligen Teegesellschaften sitzen und am Abend mit den Hühnern zu Bett. Ach – wenn es Oleg nicht gäbe, wäre dies alles nicht zu ertragen.
„Ja, Mama!“, rief sie hinüber, setzte sich seufzend auf und suchte nach ihren Schuhen.
„Ich gehe für ein Stündchen zur Nachbarin“, verkündete die Mama, „Warwara Pawlowna hat wieder scheußliche Kopfschmerzen, ich werde ihr die Schläfen massieren.“
„Ja, Mama.“ Katja, die gerade einen Schuh übergestreift hatte, warf ihn wieder auf den Fußboden und legte sich genüsslich zurück in die weichen Kissen. Was für ein Glück – die Mama würde
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