Die Geliebte des Kosaken
Iwan Andrejitsch. Nur bitte beeilen Sie sich, ich muss …“
„In die Küche“, unterbrach er lächelnd, „ich weiß. Kurz gesagt: Es geht um den Gefangenen Oleg Petrow.“
Er sah, dass sie blass wurde, und wusste, dass seine Vermutung richtig gewesen war. Er hatte Scharin mehrfach ermutigt, Oleg Petrow eine Geliebte anzubieten, doch der hatte immer abgelehnt. Orlow war erst nach einigem Nachdenken darauf gekommen, dass der Gefangene Oleg Petrow sich anderweitig versorgt hatte. Die kleine Katja war seine Hure geworden.
„Oleg Petrow?“, stammelte sie. „Wer ist das?“
Orlow hatte schon so manches Verhör geführt, man konnte ihm nichts vormachen. Ihre Aufregung hatte sie längst verraten.
„Der Mann, der Ihnen die Heirat versprochen hat“, schoss er direkt ins Ziel, „Ihr Geliebter, Katja.“
Sie fuhr von dem Diwan auf, stand zitternd vor Empörung vor ihm, und für einen Moment glaubte er, sie wolle ihm das Gesicht zerkratzen.
„Hinaus“, schrie sie und wies mit der Hand zur Tür. „Verlassen Sie den Raum, Sie boshafter, infamer Lügner!“
„Sie wissen so gut wie ich, dass es die Wahrheit ist, Katja.“
„Mein Vater wird sich über Sie beschweren“, schimpfte sie.
„Wollen wir Ihren Vater nicht besser aus dem Spiel lassen?“, entgegnete er sanft. „Es wäre weder für Sie noch für den armen Oleg gut, wenn dieses süße Geheimnis bekannt würde, nicht wahr?“
Sie starrte in seine kleinen Augen, die einen kalten Glanz angenommen hatten, und begriff, dass er sie erpressen wollte.
„Was wollen Sie?“, fragte sie beklommen.
Er lächelte zufrieden und wies auf den Diwan. „Setzen Sie sich, und hören Sie mir zu, Katja. Sie sind noch sehr jung, meine Liebe, deshalb ist es verzeihlich, dass Sie sich Ihren Gefühlen hingaben. Aber jetzt ist die Zeit gekommen aufzuwachen.“
Sie hatte sich gehorsam auf den Rand des Diwans gesetzt, immer noch am ganzen Leibe zitternd, jetzt aber vor Angst. Sie waren verraten, dieses Scheusal hatte sie in seiner Hand. Oh, wie widerlich er war, besonders wenn er lächelte und dabei seine gelblichen Zähne sehen ließ.
„Ich weiß nicht, welche Märchen Oleg Petrow Ihnen erzählt hat“, fuhr er fort, „aber Sie sollten wissen, dass dieser Mann vollkommen verschuldet ist und degradiert wurde. Zudem ist er des Hochverrats angeklagt und wird niemals in seinem Leben nach St. Petersburg zurückkehren können. Daran wird auch seine bezaubernde und todesmutige Verlobte nichts ändern können.“ Er zog ein schmales seidenes Etui aus seiner Jacke und öffnete es. Darin befand sich ein kleines ovales Gemälde, das eine blonde junge Frau zeigte. „Dies ist ein Bild seiner Verlobten, das man per Eilboten nach Perm geschickt hat. Damit wir sie bei ihrer Ankunft hier nicht etwa verwechseln.“
Katja starrte ungläubig auf das Bild. Diese junge Frau war keineswegs hässlich, im Gegenteil, sie war eine zarte, adelige Schönheit. Oleg hatte also gelogen.
„Wachen Sie auf, Katja“, beschwor sie Orlow in fast väterlichem Ton, „dieser Mensch wird Sie niemals heiraten, er will nur eines von Ihnen: Sie sollen ihm aus dem Gefängnis heraushelfen. Habe ich recht?“
Sie war vollkommen niedergeschmettert und gab keine Antwort. All ihre süßen Träume zerplatzten vor ihren Augen. Niemals würde sie seidene Kleider tragen und in St. Petersburg mit der Kutsche herumfahren.
Orlow erriet genau, was in ihr vor sich ging, und er wusste, dass jetzt der rechte Augenblick gekommen war, auf sein Ziel zuzusteuern. „Ich verstehe Ihre Enttäuschung“, sagte er mit einschmeichelnder Stimme. „Sehen Sie, liebe Katja, ich gebe Ihnen Gelegenheit, sich für alle Beleidigungen zu rächen und zugleich unserem heiligen Russland einen großen Dienst zu erweisen.“
Sie sah ihn verständnislos an. Was schwatzte er da? Was hatte das heilige Russland damit zu tun?
„Seine Majestät der Zar hat Gründe, diesen Mann beobachten zu lassen“, erklärte er ihr, „deshalb wäre es hilfreich, wenn Oleg Petrow – sagen wir einmal: ganz zufällig – aus dem Kerker entkommen würde. Sie verstehen mich, liebe Katja.“
„Kein Wort …“, stotterte sie.
„Wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass Oleg Petrow aus dem Gefängnis flieht, liebe Katja.“
„Aber … aber weshalb?“
Er hatte wenig Lust, ihr Näheres zu erklären. Oleg Petrow würde zielstrebig zu jenem Ort reiten, an dem er das Gold verborgen hatte, und er, Orlow, würde ihm unauffällig folgen. Es war die Chance
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