Die Geliebte des Kosaken
sich ganz sicher bei Warwara Pawlowna verplaudern, und Pelageja konnte in der Küche auch ohne sie fertig werden. Sie hörte, wie die Wohnungstür zugeschlagen wurde und die Mutter die Stiege hinabging. Aufatmend langte sie nach einem weiteren Stückchen des leckeren Zuckerwerks, stopfte es sich in den Mund und kaute vergnügt.
Oleg hatte ihr hoch und heilig geschworen, dass seine Verlobung längst gelöst sei. Außerdem habe ihm Natalja Galugina niemals etwas bedeutet, sie sei eine reizlose, dürre Person, und er habe sich nur auf den dringenden Wunsch seiner Eltern mit ihr verlobt. Natalja sei leider vollkommen vernarrt in ihn und glaube offensichtlich, seine schlimme Lage ausnutzen zu können, um ihn zu einer Heirat zu zwingen. Doch er würde lieber im Gefängnis sterben, als sich dieser Frau auszuliefern.
Katja bemitleidete die arme Natalja ein wenig. Sie nahm diese lange, gefährliche Reise auf sich und würde am Ende doch nicht bekommen, worauf sie hoffte.
Oleg redete jeden Abend auf sie ein, endlich die Flucht vorzubereiten. Wollte sie vielleicht warten, bis Natalja in Perm ankam? Dann würde alles nur viel komplizierter werden. Jetzt müsse gehandelt werden, bald sei es Herbst, und wenn erst der Winter da war, wäre alles zu spät.
Katjuscha hatte festgestellt, dass es sehr angenehm war, Oleg noch eine Weile zappeln zu lassen. Sie berauschte sich an seinen Versprechungen, gab sich süßesten Zukunftsträumen hin und genoss jede Nacht seine Liebesdienste. Längst genügte ihr nicht mehr, was er ihr beigebracht hatte, sie stellte Forderungen und maulte, wenn er nicht mit der rechten Liebesglut bei der Sache war.
Tatsächlich hatte Katja bereits darüber nachgedacht, dass sie sich später, wenn sie erst seine Frau war, einen Liebhaber nehmen würde. So etwas taten die feinen Damen doch, wie man so hörte. Sie stellte sich einen dunkelhaarigen Kerl vor, einen richtigen Bären, mit schwarzem Bart und großen, harten Händen. Es musste aufregend sein, mit solch einem Mann zu schlafen und seine Kraft zu spüren. Ja, wenn sie es genau überlegte, dann war Oleg ihr ein wenig zu schön, zu liebenswürdig und zu brav. Trotzdem würde sie natürlich seine Frau werden und mit ihm nach St. Petersburg …
Jemand läutete an der Wohnungstür, und sie hörte, wie Pelageja aus der Küche herbeilief, um zu öffnen.
„Es ist niemand da“, sagte Pelageja zu dem Besucher, „Petr Denissowitsch ist unten in seinem Büro, und die Herrin ist zu einem Besuch in der Nachbarschaft.“
„Und was ist mit Katja?“, sagte die Stimme des Polizeichefs Orlow.
„Die ist drüben.“
„Dann melde mich bei ihr an.“
Katja warf das angebissene Zuckerwerk in die Schachtel zurück und setzte sich auf. Es gefiel ihr wenig, dass dieser hässliche Kerl sie besuchen wollte, und das auch noch in Abwesenheit ihrer Eltern. Orlow hatte kurze, semmelblonde Stoppeln auf dem Kopf, und sein längliches, blasses Gesicht hatte nichts, was einer Frau gefallen konnte. Er besaß kleine, wasserblaue Äuglein, deren Lider ständig entzündet waren, und er schaute einen immer so merkwürdig an.
Sie empfing ihren Besucher auf dem Diwan sitzend, aus Verachtung für ihn hatte sie nicht einmal die Schuhe übergestreift.
„Verzeiht meinen unangemeldeten Besuch, Katja Petrowna“, sagte er und verneigte sich steif, „da ist eine Kleinigkeit, über die ich gern mit Ihnen sprechen wollte.“
Sie wies mit der Hand auf einen Stuhl, und während er sich setzte, dachte sie mit Schrecken daran, dass er möglicherweise auf die Idee kommen könnte, um sie anzuhalten. Die Vorstellung, mit diesem dürren Gespenst ins Ehebett steigen zu müssen, jagte ihr einen Schauder über den Rücken.
„Was gibt’s?“, fragte sie kühl und zog den Rock über die bloßen Füße, auf die Orlow gerade seinen Blick richtete. „Ich habe nicht viel Zeit, denn ich muss Pelageja in der Küche helfen.“
„Es handelt sich um eine etwas delikate Angelegenheit, liebe Katja“, begann er und lächelte sie an.
Großer Gott, dachte Katja entsetzt. Er will es wirklich tun. Papa wird wütend sein, wenn ich ihm jetzt eine Abfuhr erteile.
„Ich weiß, dass Sie eine treue Untertanin Seiner Majestät des Zaren sind, liebe Katja“, fuhr er fort, „deshalb hoffe ich auf Ihre Hilfe.“
Katjas Gesicht nahm einen verblüfften Ausdruck an. Was faselte er da von Väterchen Zar? Auf jeden Fall schien ihre Vermutung wohl doch falsch zu sein. Gott sei Dank.
„Ich stehe zu Ihrer Verfügung,
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