Die Geliebte des Piraten
diese, wie er zu sagen pflegt, habgierigen Kolonisten verschaffen konnten.« Willa sah die Männer an, ehe sie den Blick wieder auf Raiden heftete. »Er wurde nach Indien geschickt, um Clives Arbeit zu kontrollieren, denn man konnte sich in London den großen Erfolg der East India Company nicht erklären. Man war der Meinung, dass der Profit, den Clive herausschlug, ungewöhnlich hoch sei, besonders auch was die Geldzahlungen anging, die die Stammesfürsten an ihn leisteten. Kurz und gut, man wollte Clive etwas genauer auf die Finger schauen. Alistar fand eine blühende und profitable Gesellschaft vor – eine, die große Möglichkeiten bot, ihm Vorteile einzubringen.« Sie stieß einen verächtlichen Ton aus. »Vorausgesetzt, man findet einen Handlanger, der die Soldaten befehligt und bereit ist, jeden umzubringen, der sich ihm in den Weg stellt.«
»Es gibt genügend Männer, die einem solchen Befehl gehorchen würden«, sagte Kahlid.
Raiden winkte ungeduldig. »Was haben die Berichte an die Krone mit dir zu tun?«
»Alistars Berichte sind falsch.«
»Er hat der Regierung gefälschte Dokumente vorgelegt?«, fragte Tristan; sein Blick ging zwischen Willa und Raiden hin und her.
Raiden starrte Willa an und stand auf. »Du lügst schon wieder. Für ein solches Verbrechen müsste er mit seinem Leben büßen.«
»Dieses Risiko nimmt Alistar in Kauf, wenn ihm nur genug Geld winkt. Er stiehlt. Ich denke, er hält Gewürzladungen zurück, um die Preise in die Höhe zu treiben, oder er umgeht das Handelsmonopol und fälscht die Bücher.«
»Du hast Beweise dafür?«
Willa nickte. Sie ging zur Bank und hob eines der Polster hoch. Hinter sich hörte sie Raiden leise fluchen. Sie nahm den Samtbeutel an sich, schüttelte den Schmuck heraus und zog die unter dem Futter verborgenen Papiere hervor. Willa glättete sie behutsam und reichte sie Raiden.
Raiden ging um den Tisch herum zu Willa und griff nach den Papieren. Nachdem er sie gelesen hatte, schaute er auf. »Großer Gott, Willa.«
»Manav ist dafür gestorben. Ebenso der Offizier in der Schänke. Ich glaubte nicht, dass Alistar solcher Handlungen fähig sei, aber für mich steht es zweifelsfrei fest, dass er Barkmon die Anweisungen dazu gibt. Vermutlich tritt er ihm dafür einen Teil des Profits ab. Er könnte eines der Schiffe meines Vaters für seine Geschäfte benutzen, da er es nicht wagen kann, einen Kapitän der East India mit hineinzuziehen.« Willa rieb sich die Schläfe. »Alistar könnte dies tun und meinen Vater als Verräter an der Krone hinstellen«, murmelte sie mehr für sich, dann schaute sie auf und ließ die Hand sinken. »Du siehst also, mich als Geisel gefangen zu halten, wird dir seinen Zorn einbringen. Und ich traue seinen Handlangern zu, dass sie versuchen werden, dich zur Strecke zu bringen, nur um mich zu töten.«
Raiden wusste nicht, ob er ihr glauben sollte oder nicht. Und Lord Eastwick wusste nicht, wer seine Frau gefangen hielt. Er studierte noch einmal die Papiere, drei von ihnen waren von Eastwick unterzeichnet und trugen dessen Siegel. »Hier werden keine Gewürze erwähnt.«
»Natürlich nicht. Alistar ist gierig, nicht dumm. Er könnte behaupten, es ginge um Stoffballen, falls man ihm auf die Schliche käme, und innerhalb weniger Tage würde er genügend Beweise vorlegen können, die seine Geschichte untermauern würden.«
Raiden kniff die Augen zusammen, als er Willa ansah. Wie viel hielt sie noch vor ihm zurück? »Hast du diese Dokumente gestohlen? Oder hast du sie selbst fabriziert, um es Eastwick heimzuzahlen, dass er deinen Sohn gestohlen hat?«
Ein bitteres Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie die Papiere wieder an sich nahm und akribisch zusammenfaltete. »Ich gebe zu, dass ich den einen oder anderen Gedanken hatte, diesen Mann für alles, was er getan hat, zu demütigen, aber ich will nur meinen Sohn.« Willa verstaute die Papiere in dem kleinen Beutel. »Ich werde ihm alles zusichern, was er will, wenn er mir dafür Mason zurückgibt.«
»Und was ist, wenn du dich irrst und er den Jungen gar nicht hat – was dann?«
Tiefer Kummer spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider und sie wandte sich ab. »Dann werde ich weitersuchen.«
»Du vergisst, dass du meine Gefangene bist, allein und ohne Mittel.« Raiden hasste die Grausamkeit seiner Worte und bereute augenblicklich, sie ausgesprochen zu haben.
Über die Schulter warf sie ihm einen Blick zu, den drohenden Blick einer Tigerin, die ihr Junges verteidigte. »Mach
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