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Die Geliebte des Piraten

Die Geliebte des Piraten

Titel: Die Geliebte des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
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und unter ihrem Gesichtsschleier leise vor sich hin weinte, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Scheiterhaufen aus ölgetränktem Holz richtete. Auf diesem Scheiterhaufen lag der Leichnam Manavs. Man hatte Manav seine besten Gewänder angelegt, sein dunkles Haar war unter einem goldenen Turban verborgen. Eine Träne lief Willa über die Wange, als sie ihrem treuen Diener ein letztes Lebewohl zuflüsterte. Sie atmete tief durch, als ein Verwandter Manavs – ein entfernter Cousin, wie Willa erfahren hatte – vortrat und das Leichentuch über Manav deckte. Dann hielt er eine brennende Fackel an den Scheiterhaufen.
    Das Feuer griff rasch um sich und verschlang Manavs irdischen Körper. Willa stellte sich vor, dass sein Geist mit dem aufsteigenden Rauch des Sandelholzes davonflog und bis zum Himmel hinaufstieg. Sie verharrte schweigend und zollte ihm so ihren Dank für seinen Mut und die Rettung ihres Lebens. Denn ohne sein Opfer würde sie jetzt nicht mehr die Chance haben, ihren Sohn zu finden.
    Als hinter ihr lauter Hufschlag erklang, versteifte sich Willa, doch sie schaute sich nicht um. Sie hob die Arme vor die Brust und legte die Handflächen aneinander, ehe sie sich leicht verneigte, um dem toten Freund den Respekt zu erweisen, den er verdiente. Erst dann wandte sie sich vom Scheiterhaufen ab, um zu ihrer Kutsche zu gehen. Captain Atcheson kam herangeritten und sprang aus dem Sattel. Rajani ging rasch an ihm vorbei.
    »Ein unerwarteter Besuch, Captain.« Willa blieb nicht stehen, um ihn zu begrüßen. Ihr missfiel der lüsterne Blick, mit dem er dem jungen Mädchen nachsah. »Habt Ihr keine Unruhen niederzuschlagen? Oder Männer zum Marinedienst zu pressen?«
    Atcheson sah sie amüsiert an. »Der Direktor wünscht, dass Ihr ihm beim Mittagessen Gesellschaft leistet.«
    Willa fasste nach dem Griff der Kutschentür und sah den Captain über die Schulter an. Sie hatte ihrer Pflicht bereits vor vier Tagen zur Genüge getan, als sie mit Barkmon zu Abend gegessen hatte. Das reichte völlig. »Bestellt Mr Barkmon, dass ich nicht werde kommen können.«
    »Der Direktor besteht darauf.«
    Ihre Miene spannte sich an. »Tut er das?« Willa stieg in die Kutsche, und der Lakai schloss die Tür.
    Atcheson schaute durch das Fenster. »Mylady, ich soll Euch zu ihm bringen und -.«
    »Ihr habt mir seinen Wunsch unmissverständlich übermittelt, Captain.« Willa hatte neben Rajani Platz genommen und wandte den Kopf, um Atcheson anzusehen. »Richtet Mr Barkmon aus, dass es ihm nicht ansteht, mich wie eine Leibeigene zu sich zu befehlen. Seine dürftigen Manieren mögen vielleicht denen entsprechen, die bei der Company üblich sind, aber meiner Aufmerksamkeit sind sie jedenfalls nicht wert.« Sie klopfte an das Dach, damit der Kutscher losfuhr. »Übrigens ebenso wenig wie die Euren.«
    Die Kutsche machte einen Satz nach vorn und die vier Soldaten beeilten sich, ihr zu folgen. Sie ließen Captain Atcheson neben dem Scheiterhaufen zurück, auf dem Manavs Leiche zu Asche verbrannte.
    »Mich herumzukommandieren – der traut sich was«, stieß Willa hervor, während sie sich wütend die Handschuhe auszog.
    Rajani spähte aus dem Fenster. »Er sieht sehr unglücklich aus, Memsahib.«
    »Der Captain geht mich nichts an, und du solltest es ebenso halten.« Willa massierte sich die Stirn, hinter der ein dumpfer Kopfschmerz brütete. »Und ich hätte nicht übel Lust, diesem Barkmon in sein feistes blasses Gesicht zu schlagen.«
    Rajani keuchte entsetzt. »Dafür würde er Euch bestrafen.«
    Willa ließ die Hand sinken und schaute das junge, unerfahrene Mädchen an. »Das würde er nicht wagen.« Sie war die Frau eines Peers und ungeachtet seiner Macht würde Barkmon das respektieren müssen. Doch Rajanis Bemerkung erinnerte Willa daran, dass sie für den Schutz des Mädchens Sorge tragen musste. Sie würde veranlassen, dass Rajani zu ihrer Familie zurückkehrte, damit sie in Sicherheit war, sollte es Barkmon einfallen, seine Befugnisse zu überschreiten.
    Es war schon lästig genug, dass ihr die vier Soldaten auf Schritt und Tritt folgten und Willa allein durch ihre Anwesenheit immer wieder an ihre missliche Lage erinnerten. Wie sollte sie an Informationen über Alistars Aufenthaltsort herankommen, wenn die Männer sie keine Minute aus den Augen ließen? Und dann diese Kutsche – um Himmels willen! Sie fiel überall auf und wirkte in den engen Gassen geradezu lächerlich. Barkmon hatte sie ihr zur Verfügung gestellt, und

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