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Die Geliebte des Piraten

Die Geliebte des Piraten

Titel: Die Geliebte des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
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nicht so wie es war. Doch im selben Augenblick wurde ihm bewusst, dass er nichts an alldem ändern konnte. Und er würde seine Zeit nicht damit zubringen, sich zu rechtfertigen. »Ja.« Er trat an den großen Tisch und legte seine Waffen darauf ab. Dann ging er zum Waschtisch, beugte sich über die Schüssel mit dem Wasser und wusch sich. Nachdem er sich abgetrocknet hatte, warf er das Handtuch achtlos zur Seite und strich sich das Haar zurück, ehe er sich mit beiden Händen auf die Kommode stützte und diese umklammerte, bis seine Knöchel weiß hervortraten. Er atmete schwer.
    Willa dachte, er würde die Kommode jeden Augenblick packen, um sie durch die Kabine zu schleudern, so angespannt wirkte er.
    Abrupt richtete er sich auf und ging zu dem Schränkehen, das neben dem Bett stand, und öffnete es. Er nahm eine Karaffe mit einer goldbraunen Flüssigkeit und ein Glas heraus, schenkte das Glas voll und stürzte den Inhalt in einem Zug herunter.
    »Raiden.«
    »Gönnt mir ein wenig Ruhe, Willa … bitte.«
    Das Flehen in seiner Stimme war unüberhörbar. Er füllte das Glas ein weiteres Mal und trank einen großen Schluck daraus, ehe er reglos verharrte. Seine Hand hielt das Glas fest umschlossen. Minuten verstrichen, und Willa konnte sehen, dass der Alkohol wenig Wirkung zeigte. Wenn sie überhaupt eine Reaktion bemerkte, dann die, dass seine Schultern sich noch stärker anspannten. Raiden wollte Ruhe. Für wie lange? Die Worte lagen Willa auf der Zunge, und sie konnte sie nicht länger zurückhalten. »Was habt Ihr mit den Männern der Weston vor?«
    Statt ihr zu antworten, trank Raiden noch mehr von der braunen Flüssigkeit.
    »Sagt mir, dass Ihr diese armen Seelen nicht aussetzen werdet.«
    Sein Kopf fuhr hoch. »Haltet Ihr so wenig von mir?«
    »Ich weiß nicht, was ich von Euch halten soll. Dann sind die Geschichten über den Schwarzen Engel also unwahr?«
    »Nein, das sind sie nicht.«
    Jetzt ist es an ihm, den Namen Lügner zu tragen, dachte sie. »Sie sahen aus wie lebende Gerippe, so dünn und schwach«, sagte sie.
    »Ja, schlecht ernährt und geprügelt beim kleinsten Verstoß oder auch für nichts.«
    »Ihr wisst das aus eigener Erfahrung.« Es war eine Feststellung.
    Auch jetzt antwortete Raiden nicht. Alles in ihm sträubte sich dagegen, diesen Teil seines Lebens aufleben zu lassen. Jedes Mal, wenn sie auf ein englisches Schiff stießen, fand er dessen Mannschaft in einer ähnlichen Verfassung vor – ausgezehrt, ohne Hoffnung und um den Tod flehend. Kein Mensch sollte eine solche Erniedrigung erdulden müssen.
    »Raiden. Sagt es mir.«
    »Ja, verdammt, ja. Ja. « Beim letzten Wort drückte er zu, und das Glas zersplitterte klirrend. Willa erschrak, als sie das Blut aus seiner Handfläche hervorquellen sah wie eine sich entfaltende rote Blüte. Raiden starrte blicklos darauf, und Willa nahm rasch das Handtuch von der Kommode und lief zu ihm. Doch sein Gesichtsausdruck ließ sie jäh innehalten. Das dunkle Haar fiel Raiden ins Gesicht und verdeckte es halb. Er sah aus wie ein verwundetes Tier, und seine Augen glühten von einer Wut, wie sie es noch nie gesehen hatte.
    »Kommt nicht näher, denn ich bin in der Stimmung zu töten.«
    Willa stockte der Atem, mit solch tödlicher Ruhe kamen seine Worte. »Ihr würdet mir nichts antun, Raiden«, sagte sie schließlich. Es klang wenig überzeugt.
    »Ihr kennt mich nicht, Frau. Ihr solltet besser keine Vermutungen anstellen«, höhnte er.
    Willa ging näher. »Dann helft mir, diese Wut in Euch zu verstehen.«
    »Das ist keine Geschichte für die Ohren einer Lady.«
    »Aber Ihr müsst darüber sprechen. Ihr verzehrt Euch vor Qual. Mein Gott, ich kann es spüren. «
    Raiden starrte Willa an und glaubte, das Herz würde sich ihm abschnüren. »Ich verzehre mich vor Hass, Willa, einem so brennenden Hass, das nichts ihn abkühlen kann. Versteht Ihr das?«
    »Ja. Denn Männer sind nicht die Einzigen, denen Unrecht widerfährt.« Raiden runzelte die Stirn, und Willa traute sich einen weiteren Schritt vor. »Es ist nicht Eure Schuld – das Schicksal dieser Männer.« Sie ergriff sein Handgelenk und öffnete die zur Faust geballten Finger. Das Glas war in zwei Teile zerbrochen, und Willa nahm die Scherben und legte sie beiseite. Dann untersuchte sie den Schnitt in seiner Hand. »Es ist ein glatter Schnitt und muss nicht genäht werden, aber Ihr müsst die Wunde auswaschen.«
    »Lasst mich.« Mit einem Ruck riss er die Hand zurück.
    Sie sah Raiden an. »Aber es

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