Die Geliebte des Piraten
eine Ewigkeit darauf wartete, dass er sich zu ihr umdrehte. Als er es tat, glitt sein Blick vom Kopf bis zu den Füßen über sie, während er sich das nasse Haar zurückstrich.
»Du hast Gras im Haar.«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Und du bist fast nackt.«
»Meine Güte, wie scharfsichtig du bist.«
Er lachte leise in sich hinein, als er aus dem Wasser kam. Als er an ihr vorbeiging, blieb er kurz stehen, um sie zu küssen.
Willa zog die Augenbrauen zusammen, als er weiterging und sich über die Satteltaschen beugte. »Raiden Montegomery!«
»Ja.« Er kam mit den Taschen zu ihr.
»Sieh mich an.«
Er tat es.
»Warum bist du plötzlich so – kalt? Was habe ich getan?«
Er seufzte schwer und zog Willa in seine Arme. »Es ist nichts, was du getan hast – sondern ich.«
»Was du getan hast, war herrlich«, sagte sie.
Er lächelte und sie schmiegte sich an ihn, sein Kinn ruhte auf ihrem Kopf. »Was für ein großes Lob.« Raiden stieß einen langen Atemzug aus. »Ich hatte keine Ahnung, wie unschuldig du bist.«
Sie schnaubte. »Unschuldig? Ich bin keine Jungfrau mehr.«
»Was die Leidenschaft angeht, bist du es.«
»Ist das so schlimm?«
»Nein, aber ich mache mir Vorwürfe, dass ich dich so gnadenlos aufgezogen habe.«
Sie neigte den Kopf zurück und sah Raiden in die Augen. »Es gibt nichts zu verzeihen.« Die Falten in seinem Gesicht glätteten sich. »Und was das Necken angeht, so muss ich zugeben, dass es mir fast ebenso viel Vergnügen gemacht hat wie deine Berührung.«
Raiden lächelte und schüttelte den Kopf. Er wusste, dass er die Frauen niemals verstehen würde, und ganz besonders nicht diese eine. Er fühlte sich von ihren Worten auf unerklärliche Weise geehrt. Er küsste Willa, doch ehe das Verlangen nach ihr ihn wieder übermannen und er sie auf die Erde legen und lieben würde, tätschelte er ihren Po und schob sie in Richtung der Satteltaschen. »Zieh dich an. Die anderen werden vermutlich bald nach uns suchen.«
Die Aussicht, fast nackt und nur im Hemd gefunden zu werden, war wenig verlockend und trieb Willa zur Eile an. Vorwurfsvoll hielt sie das ruinierte Korsett hoch.
Als Raiden leise lachte, schnitt sie ihm eine Grimasse. »Zieh das hier an«, sagte er und warf ihr ein Bündel zu.
Willa fing es auf und knüpfte die Ärmel des Hemdes auf, in das Raiden die Sachen eingewickelt und zusammengebunden hatte. Sie fand darin ein Jungenhemd, Hosen, ein Paar kurzschaftiger Lederstiefel und dicke Strümpfe. Alles war getragen, aber sauber. »Hosen?«
»Ja, das Kleid ist viel zu auffällig. Und dein Haar auch.« Er warf ihr eine Kappe zu. »Und wir könnten nicht schnell genug fliehen, wenn deine Kleider dich dabei hindern.«
Willa streifte sich das Hemd über den Kopf und zog ihr Haar aus dessen Kragen. »Du schließt nicht aus, dass wir fliehen müssen?«
»In dieser Gegend hält sich Militär auf.«
Mit einem Bein steckte Willa schon in den Hosen, als sie innehielt und Raiden mit großen Augen ansah. Sie spürte ein Frösteln über den Rücken laufen. »Hier? Aber hier wohnt doch kaum jemand.«
»Ungefähr vier Meilen entfernt gibt es eine Stadt. Uns bleiben weniger als drei Tage, um den vereinbarten Treffpunkt zu erreichen, und unser Weg führt uns durch Gebiete, die von den Engländern und den Franzosen kontrolliert werden. Englands Krieg mit Frankreich und deren Feindseligkeiten gegen die Holländer wird nicht gerade dazu beitragen, dass sie uns mit besonderer Höflichkeit begegnen werden.«
Willa setzte sich nieder, um sich Strümpfe und Schuhe anzuziehen. »Dann scheint es aber nicht sehr klug zu sein, einen Treffpunkt genau zwischen den Fronten zu vereinbaren.«
»Als wir ihn festgelegt haben, hatte ich keine Frau bei mir.« Bei Gott, ich genieße es, ihr beim Anziehen zuzusehen, dachte er. »Und es ist schon richtig, man geht ein größeres Risiko ein, aber es erregt auch weniger Argwohn.«
»Sie würden nicht im Traum damit rechnen, dass du genau vor ihrer Nase auftauchen könntest, und deshalb suchen sie dort nicht nach dir, stimmt’s?«
Dieser Frau entgeht nichts, dachte Raiden, während er die Waffen zusammensammelte, Willas Kleid in die Tasche stopfte und dann ihre Spuren im Sand verwischte.
»Wie konnten sie wissen, wo wir waren? Jemand muss es ihnen hinterbracht haben, während wir in der Stadt gewesen sind.« Willa schlüpfte in die Stiefel, stand auf und stampfte mit den Füßen auf.
»Vielleicht ist es einer meiner Männer, der weiß, was ich
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