Die Geliebte des Rebellen
verschränkte lediglich die Arme vor der Brust.
“Meine kleine Närrin”, sagte er. “Du wolltest dich davonschleichen, um die Engländer von mir abzulenken. Aber du hast keine Ahnung, was für Männer das sind. Sie sind seit Jahren nicht zu Hause gewesen, und das Töten und die Brutalität haben sie abstumpfen lassen.”
“Aber ich muss dich doch wohl nicht daran erinnern, wer ich bin.”
“AnnaClaire, für die Bastarde bist du einfach nur eine hilflose Frau. Sie werden mit dir das Gleiche machen wie mit vielen Frauen, jungen und alten, in ganz Irland.”
Sie richtete sich ein wenig auf. “Das würden sie nicht wagen, denn ich würde meinem Vater davon erzählen, und der würde umgehend der Königin Bericht erstatten.”
AnnaClaire schien noch nicht erkannt zu haben, in welche Gefahr sie sich begeben würde, sollte sie ihren Plan tatsächlich ausführen. Rory fand es an der Zeit, sie schonungslos mit der harten Wirklichkeit zu konfrontieren. “Tote Frauen reden nicht, Liebste”, erklärte er. “Und wenn sie deinem Vater den toten, geschändeten Körper seiner Tochter bringen, werden sie behaupten, das sei eine Gräueltat des Blackhearted O’Neil gewesen. Wem werden dein Vater und die Königin dann wohl eher glauben, ihren treuen Soldaten oder einem irischen Gesetzlosen?”
AnnaClaire sah ein, dass Rory recht hatte. Aber sie wollte trotzdem versuchen, ihm ihren Standpunkt zu erläutern. “Aber die Soldaten sind doch meinetwegen hier. Ich glaube, wenn sie sich erst einmal beruhigt haben, werden sie deine Familie in Ruhe lassen.”
“Richtig. Und deshalb muss ich jetzt Ballinarin verlassen. Ich werde die Engländer von hier fortlocken. Wenn sie mich fangen, bin ich schon auf halbem Wege nach Dublin.”
Jetzt erst bemerkte AnnaClaire, dass Rory bereits Reitstiefel anhatte und sogar einen Mantel trug. Er war gekommen, um sich von ihr zu verabschieden! “Was willst du damit sagen?”
“Hör mir gut zu, AnnaClaire. Ich habe dich im Umgang mit meiner Familie beobachtet. Bald werden sie all das Gute in dir sehen und dich von Herzen lieben. Sie werden dich alle brauchen, wenn ich fort bin. Deine Stärke, dein süßes Wesen und deinen Mut.”
“Aber …”
“Nein”, wehrte Rory ihren Einwand ab. “Ich bin noch nicht fertig. Meine Mutter hat mir erzählt, dass Innis in den vergangenen zwei Jahren vor Schmerz und Verbitterung kaum je ein Wort gesprochen hat. Doch du hast es in nur zwei Tagen geschafft, ihn zum Reden zu bringen. Wenn er dich noch besser kennt, wird er sich dir öffnen wie eine Blume im Sonnenlicht. Er braucht dich von allen am meisten.”
“Und wer fragt danach, was ich brauche?”
Rory bemerkte das Zittern in ihrer Stimme, schüttelte jedoch entschlossen den Kopf. “Hör auf, AnnaClaire. Ich habe dir nie irgendwelche Versprechungen gemacht, weil ich kein Recht dazu hatte. Es ist jetzt meine Pflicht, die Soldaten von Ballinarin fortzulocken. Und wenn sie mich irgendwann fassen, werde ich sagen, du seiest tot.”
“Aber dann werden sie dich hängen, weil sie glauben, du hättest mich ermordet.”
“Pst, Liebste.” Sacht legte er ihr einen Finger auf die Lippen. Er hätte in diesem Moment alles dafür gegeben, noch eine einzige Nacht in ihren Armen verbringen zu können. Doch es sollte nicht sein.
“Ein Mann kann nur einmal hängen. Ich habe stets in dem Bewusstsein gelebt, dass dies mein Schicksal sein würde.”
“Nein, Rory, das lasse ich nicht zu.” AnnaClaire sprang aus dem Bett. “Ich schreie das ganze Haus zusammen. Dein Vater wird dich aufhalten. Dein Bruder …”
Rory presste ihr eine Hand auf den Mund, um ihre Rufe zu ersticken. Mit der anderen Hand griff er nach einem gefalteten Tuch auf der Nachtkonsole und knebelte AnnaClaire damit. “Es tut mir leid, Liebste, ganz bestimmt”, beteuerte er dabei unablässig.
Sie trat und strampelte, um sich aus seinem Griff zu befreien, aber Rory war natürlich viel zu stark für sie. Mit dem Bindegürtel ihres Kleides fesselte er ihr die Hände, legte AnnaClaire auf das Bett und band ihr auch noch die Füße zusammen. Dann deckte er sie bis zum Kinn zu.
“Ich hoffe, Geliebte, dass du mir irgendwann verzeihen wirst”, sagte er mit rauer Stimme. Er küsste sie auf die Stirn, auf die Lider. An ihrer Schläfe flüsterte er: “Wie könnte ich Angst vor dem Tod haben, wenn ich dich doch mehr als mein Leben liebe.”
Mit größter Willensanstrengung riss sich Rory von AnnaClaires Anblick los und eilte mit großen
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