Die Geliebte des Rebellen
während er und Moira sich so dicht wie möglich an das von Innis neu entfachte Kaminfeuer stellten.
Briana trat ein, dicht gefolgt von Conor, dessen Sachen unordentlich und zerknittert waren. Das Haar hing ihm wirr um das schmale Gesicht. Er warf einen Blick in die Runde. “Wo ist Rory?”
“Er ist der Grund, warum ich Euch alle habe rufen lassen”, sagte AnnaClaire. Sie unterbrach ihre rastlose Wanderung durch die Bibliothek und schaute zur Tür, durch die soeben Pater Malone hereinkam. Er schien als Einziger hellwach und frisch zu sein, als wäre er schon seit Stunden auf den Beinen. Wahrscheinlich hatte er in seiner Kammer gebetet und daher den Aufruhr auf Ballinarin gehört.
“Rory ist von englischen Soldaten gefangen genommen worden.” Entsetztes Schweigen folgte AnnaClaires Worten.
Gavin fand als Erster die Sprache wieder. “Und woher wollt Ihr das wissen?”
“Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie ihn fortgebracht haben.”
“Was redet Ihr denn da, Frau! Erklärt uns alles ganz genau”, verlangte Gavin.
“Rory hatte geplant, die Soldaten von Ballinarin fortzulocken, um Euch alle zu schützen. Doch er tappte in eine Falle. Als er in der Dorfschänke eintraf, warteten die Engländer dort schon auf ihn.”
“Ist er also tot?” Briana hatte die Augen weit aufgerissen.
“Nein.” AnnaClaire nahm den allgemeinen Stoßseufzer der Erleichterung wahr. “Aber er wurde verletzt. Dutzende von Soldaten waren um ihn herum, als man ihn fortbrachte.”
“Wohin werden sie ihn bringen?” erkundigte sich Gavin eindringlich.
“Tilden hat gesagt, er würde ihn mit nach England nehmen.”
“Tilden?” Conor umfasste AnnaClaires Arm mit schmerzhaftem Griff. “Der Bastard ist hier in unserem Dorf?”
“Ja, er stellte wohl den Köder dar, mit dem man Rory in die Falle locken wollte.”
Conors Augen glitzerten vor unterdrückter Erregung. “Und wie kommt es wohl, dass Ihr in der Lage wart, das alles zu beobachten? Woher kanntet Ihr denn die Pläne meines Bruders?”
“Er überraschte mich in meinem Schlafgemach, als ich gerade im Begriff stand, Ballinarin zu verlassen.”
“Zu verlassen?” Gavin erhob sich und machte einen Schritt auf AnnaClaire zu.
“Ich … ich hatte vor, ins Dorf zu reiten und mich den Engländern zu ergeben.”
Argwöhnisch musterte der alte Mann sie. “Damit Ihr sie auf direktem Wege zu Rory führen konntet?” mutmaßte er misstrauisch.
“Nein. Um sie von ihrer Suche nach ihm abzulenken. Aber als Rory von meiner Absicht erfuhr, meinte er, sein Plan sei besser und sicherer. Und als ich versuchte, ihn zurückzuhalten, hat er mich an Händen und Füßen gefesselt, sodass ich ihm nicht folgen konnte.”
“Aha, er hat Euch also gefesselt, und trotzdem habt Ihr es geschafft, zu entkommen.” Gavins sarkastischer Tonfall zeigte, dass er AnnaClaire kein einziges Wort glaubte.
“Es stimmt, was sie sagt”, mischte sich jetzt Innis ein, der bislang geschwiegen hatte. “Ich habe gehört, wie sie sich zu befreien versuchte. Dann habe ich der Lady die Fesseln abgenommen. Als ich hörte, dass sie allein ins Dorf reiten wollte, bestand ich darauf, sie dorthin zu begleiten.”
“Zwei Narren!” Gavin ging aufgebracht vor dem Kamin hin und her. “Zwei ausgemachte Dummköpfe! Ich werde die Männer aller umliegenden Dörfer zusammenrufen lassen. Innerhalb weniger Tage werden wir eine Streitmacht haben und den verdammten Hundesöhnen Einhalt gebieten.” Er bebte vor Zorn und musste seinen Gefühlen wie üblich durch besonders harsche Worte Luft machen.
AnnaClaire schüttelte den Kopf. “Nein, dazu ist es schon zu spät. Morgen schon wird er auf einem Schiff nach England sein und dort unverzüglich in den Kerker geworfen.”
Gavin stieß furchtbare Flüche aus. Er hasste es, untätig bleiben zu müssen. Doch gleichzeitig erkannte er auch die Wahrheit in AnnaClaires Ausführungen. “Ja, ich kann mir gut vorstellen, wie die Engländer meinen Sohn der Königin vorführen wollen.”
Er wandte sich an seinen jüngeren Sohn. “Conor, du machst dich noch in dieser Stunde auf den Weg nach England. Nutze jegliche Kontakte, die du in London hast, und bereite eine Verteidigung vor für Rorys Erscheinen am Hofe der Königin. Ich kümmere mich inzwischen darum, eine Streitmacht aufzustellen.”
“Ja.” Conor war heilfroh, eine Aufgabe zu haben. Nur so würde es ihm gelingen, das grauenhafte Gefühl zu verdrängen, dass sein Bruder möglicherweise rettungslos verloren war.
Er
Weitere Kostenlose Bücher