Die Geliebte des Rebellen
Schlimmeres bevor, als nur getötet zu werden. Sie würden ihn zwingen zuzusehen, wie Ihr gequält, den Bastarden ausgeliefert und schließlich umgebracht würdet. Könnt Ihr Euch vorstellen, was das für Rory bedeuten würde?”
“Woher willst du denn wissen, dass so etwas geschieht?” AnnaClaire war erschüttert zu hören, dass Innis beinahe genauso klang wie Rory.
“Ich habe gesehen, was sie meiner Mutter antaten. Und den anderen”, antwortete Innis leise. “Wir zwei allein können Rory nicht retten. Aber wenigstens lebt er. Und Tilden wird dafür sorgen, dass er lebend in England eintrifft.”
Nachdem der Schankraum sich geleert hatte, nahm Innis AnnaClaire an die Hand und führte sie nach draußen in die Dunkelheit.
“Wohin gehen wir?”
“Wir reiten nach Ballinarin”, erklärte der Junge. “Unsere einzige Hoffnung, Rory zu befreien, besteht darin, dass die O’Neils eine Armee bereitstellen.”
AnnaClaire war dankbar dafür, dass Innis einen so kühlen Kopf bewahrte. Ja, er hatte recht. Doch bei dem Gedanken daran, fortzureiten und Rory ganz allein seinen grausamen Gegnern zu überlassen, wurde ihr beinahe schwarz vor Augen. Zu entsetzlich war die Vorstellung von dem, was sie ihm möglicherweise antun würden.
Während sie sich von Innis beim Aufsteigen helfen ließ, die Zügel in die Hände nahm und hinter dem Jungen losritt, sah sie unentwegt Rorys Bild vor sich, wie er blutüberströmt von seinen Häschern aus dem Schankraum gezerrt wurde.
17. KAPITEL
Auf dem Weg zurück nach Ballinarin war sich AnnaClaire nicht sicher, was härter hämmerte – die Pferdehufe auf der unebenen Straße oder ihr Herz. Die Erinnerung daran, in welchem Zustand Rory gewesen war, als sie ihn zuletzt gesehen hatte, hatte sich ihr unauslöschlich eingeprägt. Der damit verbundene Schmerz war schlimmer, als eine körperliche Verletzung je würde sein können.
Sie musste ihn retten. Ihr blieb keine andere Möglichkeit, als es wenigstens zu versuchen. Dazu durfte AnnaClaire sich zunächst nicht mehr ausmalen, welchen Folterungen Rory möglicherweise ausgesetzt war und welche Qualen er erduldete. Denn sonst wäre sie wohl zusammengebrochen.
Sie und Innis galoppierten in halsbrecherischem Tempo nach Ballinarin. Hier und da erhaschte AnnaClaire dabei einen Blick auf im Dunkeln liegende Hütten der Dorfbewohner. Diese waren einfache Leute, zumeist Bauern, die Jahr um Jahr ihre Felder bestellten und sich um ihr Vieh kümmerten, oder Menschen, die vielleicht kleine Läden betrieben. Doch egal, womit sie den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien verdienten, so war ihnen allen doch gemein, dass sie friedliebende Menschen waren, die seit langer Zeit von den nach immer mehr Macht und Reichtum strebenden Herren aus England unterdrückt wurden.
Selbst wenn sie es tatsächlich schaffen sollten, sich gemeinsam gegen die Herrschaft der Engländer aufzulehnen, um einen der Ihren zu retten, so schien ihre Aussicht auf einen erfolgreichen Kampf gegen die erfahrenen und gut ausgerüsteten englischen Soldaten doch eher gering.
Rory, Geliebter, dachte AnnaClaire, halte durch! Bitte, gib nicht auf. Wir werden einen Weg finden!
Sie trieb ihr Pferd ohne Unterlass zu hohem Tempo an, um Innis nicht aus den Augen zu verlieren. Erst als sie in der Dunkelheit die Umrisse von Ballinarin ausmachen konnten und bald darauf in den Hof ritten, zügelten sie die Pferde.
An der Eingangstür kam ihnen die Haushälterin entgegen, die von dem Hufgetrappel aus dem Schlaf gerissen worden war.
“Weck die Familie”, rief AnnaClaire laut und hastete mit Innis an der fassungslosen, völlig überraschten Frau vorbei.
“Aber, Mylady, die Herrschaften schlafen doch alle noch tief und fest”, wandte Mistress Finn ein.
“Ich sagte, du sollst sie wecken”, befahl AnnaClaire in einem für sie ungewöhnlich harten Tonfall. “Sag ihnen, sie müssen sofort aufstehen und umgehend in die Bibliothek kommen.” Um weiterem Widerspruch zu entgehen, eilte AnnaClaire, dicht gefolgt von Innis, an Mistress Finn vorbei durch die Halle.
Gavin und Moira waren die Ersten, die sich in der Bibliothek einfanden. Zwar waren sie angekleidet, doch es war unschwer zu erkennen, dass sie sich in großer Hast angezogen hatten. Auch schienen sie einigermaßen ungehalten zu sein darüber, dass sie in ihrem eigenen Haus wie Dienstboten herbeigerufen worden waren.
“Hoffentlich habt Ihr einen wirklich guten Grund für Euer Verhalten, Engländerin”, meinte Gavin finster,
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