Die Geliebte des Rebellen
dröhnte.
Die Härchen in seinem Nacken richteten sich auf. Zu spät erkannte er, dass er in eine Falle getappt war. Er hatte die Gefahr gespürt und für sich entschieden, alle Anzeichen davon zu ignorieren.
“Lass die Waffe fallen, Rory O’Neil”, befahl eine Stimme hinter ihm. “Oder du hast deinen letzten Atemzug getan!”
Rory sah über die Schulter. Mindestens ein Dutzend Soldaten stand direkt hinter ihm. Jeder Einzelne hielt seine Schwertspitze auf Rorys Herzgegend gerichtet. “Nun, es mag mein letzter Atemzug sein”, entgegnete er völlig ruhig. “Aber wenigstens habe ich die Genugtuung, diesen Bastard mit in die Hölle zu nehmen.”
Tilden entging Rorys Wut nicht. Mit einem Satz sprang er auf die Füße, zerrte das Mädchen hinter dem Ausschank hervor und hielt es wie ein Schutzschild vor sich. Gleichzeitig zückte er sein Messer und presste dem Mädchen die Klinge so fest gegen den Hals, dass einige Blutstropfen sichtbar wurden. “Lass dein Schwert fallen, O’Neil”, befahl er, “oder die Frau hier stirbt.”
Diese stieß einen schrillen Schrei aus, und ihr Vater, dem das Wirtshaus gehörte, sank auf die Knie. Er begann zu weinen und flehte inständig, seine Tochter zu verschonen.
So verlockend nah, dachte Rory, und doch so fern! Sosehr er auch von dem Wunsch beseelt war, Tilden zu vernichten, so war sein Tun doch von dem Wissen um Recht und Unrecht bestimmt. Er wollte und durfte nicht schuld am Tod des Mädchens sein.
Deshalb ließ er das Schwert fallen, das mit einem Klirren auf dem Boden aufschlug. Einer der Soldaten schob es mit dem Fuß beiseite, sodass Rory keine Gelegenheit haben würde, es wieder aufzunehmen.
“Und nun tötet den Blackhearted O’Neil!” erklang eine eiskalte Stimme. Rory spürte, wie er an verschiedenen Stellen von den Klingen der Schwerter verletzt wurde. Brennender Schmerz durchzuckte seine Schulter und seinen rechten Arm.
Aus mehreren tiefen Wunden blutend, wurde ihm schwindelig. Er taumelte und fiel schließlich auf die Knie. Er wusste, dass nun der Moment gekommen war, da er sein Leben verlieren würde.
Doch bevor ihn der entscheidende Hieb traf, ließ sich Tilden vernehmen: “Nein, hört auf. Ich will diesen Mann lebend!”
“Warum?” wollte einer der Soldaten wissen.
“Tut einfach, was ich sage. Fesselt ihn und bindet ihn auf einem Pferd fest.” Tilden schob das Mädchen, das er noch immer umklammert hielt, vor sich her zu einem kleinen Nebenraum. “Ich habe hier noch eine Kleinigkeit zu erledigen.”
Anzügliche Bemerkungen wurden laut, und Gelächter ertönte. Tilden grinste seine Kameraden an und versicherte: “Aber es wird nicht lange dauern. Diese Bauerntölpel sind kaum besser als Kadaver. Wenn ich mit der hier fertig bin, reiten wir nach Dublin. Ich weiß zufällig, dass morgen ein Schiff von dort nach London in See sticht. Auf jeden Fall werde ich an Bord sein, zusammen mit dem Blackhearted O’Neil. Es wird mir außerordentlich großes Vergnügen bereiten, ihn in Ketten der Königin vorzuführen.”
Triumphierend lachend verschwand Tilden mit dem schluchzenden Mädchen. In Gedanken war er schon daheim in London. Wenn er dort mit dem berüchtigten Blackhearted O’Neil eintraf, würde ihn die Königin als Held feiern – und mit ihr ganz England!
“Lass mich los! Ich habe gesagt, du sollst mich loslassen!” AnnaClaire versuchte verzweifelt und voll ohnmächtiger Wut, sich aus Innis’ Griff zu befreien. Er hatte ihr eine Hand auf den Mund gepresst, um ihre Schreie zu ersticken. “Siehst du denn nicht, dass ich zu ihm muss? Er braucht mich!”
Sie wollte den Jungen zur Seite schieben. Doch Innis verfügte trotz seiner eher schmächtigen Erscheinung über erstaunliche Körperkräfte. “Nein, Engländerin. Hört mir einfach zu.” Er umklammerte ihr Handgelenk und schubste sie unsanft gegen die Wand, nur um sich sofort schützend vor sie zu stellen. In diesem Moment stapften einige Soldaten vorbei, die Rory mit sich schleiften. “Wenn Ihr Euch jetzt zeigt, seid Ihr so gut wie tot.”
“Das ist mir egal!” Tränen rollten ihr über die Wangen, und AnnaClaire wischte sie mit dem Handrücken fort. “Hast du ihn gesehen, Innis? Schwer verletzt und überall blutend? Ich muss zu ihm!”
“Was Ihr tun müsst, ist, sein Leben zu retten”, gab Innis leise zurück. Er war überaus zornig. “Und das werdet Ihr ganz gewiss nicht schaffen, indem Ihr Euch den Hundesöhnen jetzt in den Weg stellt. Wenn Ihr das macht, steht Rory
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