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Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Titel: Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Duncker
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dem heißen Druck der fiebernden kleinen Hand, nichts von der nahen Berührung des jungen Körpers, der seine Sinne sonst so leicht in Aufruhr gebracht hatte.
    Auch die leidenschaftlichen Worte, die Henriette ihm zuflüsterte, hörte er nicht. Er saß in gespannter Erwartung da, den Blick auf den Waldsaum gerichtet, an dem der Wagen entlangfuhr.
    Plötzlich hörte er, was er augenscheinlich zu hören gewünscht und erwartet hatte, den Hufschlag zweier sich nahender Pferde. Rasch wendete er sich zu seiner Schwägerin um, zog seine Hand aus der ihren und lüftete den Hut, an dem die Diamantagraffe höhnisch im Licht der Fackeln zu funkeln schien.
    „Verzeihung, Henriette, wenn ich mich jetzt empfehle. Ich habe mir mein Leibpferd bestellt. Sie wissen, ich brauche Bewegung. Das lange Sitzen ist meiner Konstitution nicht günstig.”
    Und ehe Henriette noch Zeit zu einer Antwort gefunden, war der König schon aus dem Wagen gesprungen. In wenigen Minuten war er im Sattel und sprengte davon, den Reitknecht sich selbst überlassend.
    Ihm war schwül und unbehaglich zumute. Madames Leidenschaft fing an ihn zu ermüden, ihre Eifersucht ihm unbequem zu werden. Sein ruheloses Temperament verlangte nach neuen Siegen, Siegen, die sich nicht direkt unter den Augen seiner Gattin abzuspielen brauchten, wie diese Liebelei mit Madame es getan.
    Mochte der Hof sich eines neuen Klatsches bemächtigen — ihm galt es gleich. Die zärtliche, arglose Liebe der Königin aber wollte er um keinen Preis brüsk verletzen. In dieser Stunde wieder machte Louis sich klar:
    Er hatte Marie Thérèse lieb, trotz allem, wenn ihm diese Liebe auch keinen Grund zur Treue gab. Er respektierte ihren rechtlichen Sinn, ihr unbeirrbares Pflichtgefühl. Die Eigenschaften aber ihn zu fesseln fehlten ihr. Ihr oft beinahe düsterer Ernst, ihre Schweigsamkeit — die Folgen ihrer strengen Erziehung — stießen ihn ab. Leichteres Blut als das der Spanierin floss in seinen Adern. Er gestand sich's ehrlich ein, allzu leichtes vielleicht!
    Mit verhängten Zügeln ritt er dahin, so nachdenklich, wie die Fontainebleauer Festtage den jungen König noch nicht gesehen hatten. Es schmerzte ihn, dass er der Königin nach dem ersten längst verflogenen Rausch der Flitterwochen nicht näher kommen konnte, dass er ihr mehr entfremdet war, als Marie Thérèse ahnte.
    Aber diese nachdenkliche Stimmung hielt nicht allzu lange an. Fester ergriff er die Zügel und trabte davon, dem Zuge der Wagen nach, der sich wie eine leuchtende Schlange vor ihm herzog.
    Das Bild der blonden, sanften Tourainerin, das einer dieser Wagen barg, schwebte ihm vor. Trotz aller Mühe, die er sich gegeben, war es ihm bis jetzt noch nicht gelungen, eine Gelegenheit zu finden, mit Fräulein von La Vallière ein Wort unter vier Augen zu sprechen. Stets war sie in Gesellschaft, öfters, als es dem König lieb war, in der des Grafen von Guiche. Ihm selbst schien sie auszuweichen.
    Seine Eitelkeit war verletzt. Alles suchte ihn, war von seinem Gruß beglückt. Jede Frau erlag ihm, wenn er wollte, auf den ersten Blick. Wie kam diese kleine Provinzialin dazu, ihn zu fliehen? Hatte sie ein zärtliches Geheimnis vor ihm zu hüten? Kamen die Veilchensträuße, die sie trug, nicht aus der Heimat, sondern von Guiche? War das Veilchen aus blassem Edelgestein, das er zuweilen an ihrem schneeweißen Hals bemerkt hatte, ein Geschenk von Guiche, ihr so teuer, dass sie es nicht selten unter dem Brusttuch, nahe dem Herzen barg?
    Zornig gab Louis dem Pferd die Sporen und sprengte geradeswegs auf die Wagenreihe zu, einen der Geiger Lullys fast überreitend, der hinter dichtem Eichengebüsch eine schmelzende Kantilene seines Meisters spielte.
    Aber Louis sollte heute kein Glück haben! Die Literatur fing ihn ab. Frau von Sévigné und die Grande Mademoiselle, auf die er gerade stieß, luden ihn ein, ihren Wagen zu begleiten. Als galanter Mann, der überdies die Literatur zu schätzen wusste, blieb ihm nichts als die Einladung anzunehmen.
    Und während Frau von Sévigné weitläufig ihr Lieblingsthema Frau von Grignan, ihre Tochter, behandelte, flogen des Königs Gedanken zu dem Fräulein von La Vallière, das vielleicht nur um wenige Schritte weit von ihm durch die immer dunkler werdende schwüle Nacht fuhr.
    Allgemach wurde er Herr seiner Enttäuschung. Wusste er denn, ob er das Fräulein nicht wieder in der Gesellschaft des Grafen finden würde? Wusste er denn, ob sie nicht wieder kühl und vornehm den reizenden, blonden

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