Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
seine Schwärmerei für sie ganz erkannt habe und gewillt sei, sie zu erwidern. Louise aber lachte über dieses Missverständnis so laut und herzlich, wie sie seit langer Zeit nicht mehr gelacht hatte, und klärte den Dichter über den Grund ihrer Bitte auf.
Benserade fasste sich schnell. Er brachte seinen Liebesüberfall in Zusammenhang mit einer neuen Ballettszene, die er gerade im Kopf gehabt habe. Dann erbat er den Brief, den er beantworten sollte.
Louise reichte ihn zögernd. Ihr war es als entweihe sie unkeusch ein Heiligtum, indem sie des Königs wundervolle Worte einem Fremden preisgab. Da sie hinter Benserade stand, sah sie nicht das schmunzelnde Lächeln, das über des Dichters Antlitz flog, ahnte sie nicht, dass es Eigenlob war, das der Dichter alsbald dem königlichen Briefe in großen Worten spendete.
Benserade aber war, trotzdem die Komödie artig genug war, nicht so ganz bei der Sache. Dass das reizende junge Geschöpf ihn ausgelacht, dass seine fünfundvierzig Jahre trotz seines Dichterruhms nichts Verführerisches mehr für die Jugend hatten, wurmte ihn doch. Aber er war klug und Hofmann genug, weder Louise von La Vallière die Falle entgelten zu lassen, in die seine Eitelkeit ihn gelockt hatte, noch dem König jemals mit einer Silbe zu verraten, dass er um dieses neue Liebesbündnis wisse.
Er schrieb und schrieb ohne Schwung und Laune, er schrieb, ohne Louises Beifall erringen zu können. Alles erschien ihr trocken und ohne Wärme.
Bei sich dachte sie, dass Herr von Benserade zwar als geistreicher Mann bekannt sei, aber in Herzenssachen doch wohl nicht recht Bescheid wisse. So verabschiedete sie ihn kurz und nahm selbst die Feder zur Hand.
„Sire”, schrieb sie, „dass wir uns doch in einer Sache so wenig gleichen. Ich möchte vor der ganzen Welt einen Geliebten verstecken, der der Stolz von tausend anderen Frauen wäre. Sie aber wollen sich laut zu einem Mädchen bekennen, um das niemand Sie beneiden dürfte. Ich beschwöre Sie, Sire, seien Sie mehr auf Ihren Ruf bedacht und gestatten Sie, dass man Sie im Geheimen liebt.”
Eine Laune hatte Madame mit ihrem Hofstaat um Anfang September nach Saint-Cloud getrieben, kurze Zeit nachdem der König nach Nantes gefahren, um an Fouquet das Urteil zu vollziehen, das ihm schon lange zugedacht war. Als Gefangener wurde der allmächtige Mann — der seine Allmacht mehr als missbraucht hatte — in das Schloss von Amboise eingebracht, in dasselbe Amboise, in dem Louise von La Vallière einen Teil ihrer Kindheit und Jugend zwischen La Vallière und Blois verlebt hatte.
Der König, dem diese erste Trennung von Louise schwer auf der Seele gelegen, war außer sich vor Zorn und Kummer, sie bei seiner Rückkehr nicht in Fontainebleau zu finden. Die heiße Sehnsucht, das geliebte Geschöpf endlich zu besitzen, hatte ihn die Tage zählen lassen, bis er sie wiedersah. Nun fand er nur die beiden Königinnen in Fontainebleau!
Aller Reiz, aller Zauber, alle Wonnen waren wie mit einem Schlag ausgelöscht. Grau schien ihm die Welt — grau und öde das Leben.
Zum ersten Mal ließ er an der Königin, die schwer unter ihrer Schwangerschaft litt, seinen Zorn und seine Enttäuschung aus. Eine Affäre, die schon im Juli während des Königs kurzer Krankheit in der Luft zu liegen schien, gab die Veranlassung: Der französische Gesandte in London war von dem spanischen Gesandten beleidigt worden.
In der leidenschaftlichen Aufregung, in der Louis sich befand, drohte er der Königin für diesen Affront Rache an ihrem Vater. Er verbot ihr jegliche Verbindung mit Madrid. Marie Thérèse, sonst die liebevollste Gattin, nahm, empört über das Benehmen des Königs, für ihren Vater Partei. Aufs Tiefste erbittert, trug sie ihren Kummer vor das Forum Anne d'Autriche.
Längst hatte die Königinmutter beschlossen, um jeden Preis eine ernsthafte Unterredung mit ihrem Sohn herbeizuführen. Sooft sie es bisher versucht, Louis dem Taumel zu entreißen, der ihn diesen ganzen Sommer über gefangen gehalten, hatte er widerspenstig jede „Bevormundung”, wie er es nannte, abgelehnt. Mit einer hochmütigen Geste hatte er alle Vorwürfe abgeschnitten, mit einem kategorischen: „ich will nicht!” jeder Auseinandersetzung die Spitze abgebrochen.
Anne d'Autriche aber wollte den Frieden von Val-de-Grâce nicht umsonst geopfert haben. Sie hatte nach ihrem an Stürmen reichen Leben nur den einen Wunsch gehabt, es im Kloster zu beschließen. Am Ende aber hatte die Liebe zu ihren Kindern
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