Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
Tage lang, tausend Dinge, die er ihr sagen wollte, in seinem Hirn wälzend. Wo aber würde er Gelegenheit finden auszusprechen, was einmal ausgesprochen sein musste? Mehr denn je bestand Louise darauf, ihr Sehen dem Zufallsglück anheimzugeben!
Der König dachte daran, ihr zu schreiben, aber er zweifelte an seiner Fähigkeit, seine Gedanken und Gefühle in die richtige Form zu kleiden. Er konnte nicht wie ein blöder Schulknabe vor sie hintreten.
Seine jammervoll vernachlässigte Erziehung kam ihm bei dieser Gelegenheit einmal wieder allzu lebhaft in Erinnerung. Mit Bitterkeit dachte er daran, wie wenig Beaumont sich um seine wissenschaftliche Ausbildung — heimlich von dem verhassten Mazarin in dieser Vernachlässigung unterstützt — bekümmert hatte. Was verstand der wilde Knabe davon, wie oberflächlich sein Unterricht, seine Erziehung gewesen waren! Mit Versen und Romanen, zur Not mit Corneille, hatte man ihn gefüttert. Nicht einmal fremde Sprachen beherrschte er. Kümmerlich nur hatte er sich mit seiner Gemahlin im Spanischen verständigen können.
Ärgerlich schlug er sich vor den Kopf. Was nun? Mit physischer Kraft schreibt man keine wohldurchdachten Briefe. Es blieb ihm nichts, als dieses erste Schreiben an Fräulein von La Vallière von einem anderen verfassen zu lassen. Aber von wem? Wen sollte er mit diesem heiklen Auftrag betrauen?
Saint-Aignan? — Nein. Besser er stellte jemanden vor diese Aufgabe, der von seiner Beziehung zu dem Fräulein nichts wusste. Einer fiel ihm ein — Benserade!
Er befahl den Dichter zu sich und teilte ihm mit, dass es sich um einen Brief an eine von ihm verehrte Dame handle, deren Namen er geheim zu halten wünsche. Der Inhalt dieses Briefes müsse voll von der zärtlichsten Liebe sein. Ferner müsse nachdrücklich betont werden, dass ihn, den König, die Rücksichten auf andere zu drücken begönnen, dass er die Stimme seines Herzens nicht länger Lügen strafen wolle, dass die Geliebte sich um das Gerede der anderen nicht kümmern, sich das Leben und seine Liebe von anderen nicht verderben lassen solle.
Benserade, fest überzeugt, dass dieser königliche Liebesbrief an die Adresse von Fräulein de Pons bestimmt war, verfasste drei Konzepte, bevor der König zufrieden war. Dann gab Louis seinem Freund Saint-Aignan den Brief zur Besorgung durch einen zuverlässigen Pagen, der schon öfters Botschaften und kleine Aufmerksamkeiten an das Fräulein von La Vallière überbracht hatte, ohne zu ahnen, dass sie vom König kamen.
Louise kehrte gerade vom Dienst zurück, als Rosalie ihr den Brief übergab. Ihr Herz sagte ihr, er kam vom König. Sie schloss sich in ihr kleines Gemach ein und erbrach das Siegel mit fliegenden Händen. Er hatte sie gemieden, sie fürchtete seinen Zorn!
Mit doppelter Rührung las sie die Zeilen, die nichts als Liebe atmeten. Liebe, aber auch eine grenzenlose Sorglosigkeit ihrem geheimen Einverständnis gegenüber.
„Glauben Sie mir”, schloss dieser Brief voll Enthusiasmus und schrankenloser Hingabe, „bekümmern Sie sich nicht um das, was man in Ihrer Umgebung spricht. Lassen Sie sich daran genügen, zu wissen, dass ich Sie liebe und dass meine Zärtlichkeit Sie zu verteidigen wissen wird, allem zum Trotz.”
Der Brief erheischte eine Antwort, aber Louise wagte sich nicht daran. Wie sollte ihre bescheidene Kunst des Schreibens, die man zwar oft an ihr gerühmt hatte, vor dem hohen Schwung, dem wahrhaft königlichen Stil des empfangenen Briefes bestehen?
Louise war noch zu keinem Entschluss gekommen, als der Dienst sie wieder zu Madame rief. Lully dirigierte eines seiner neuesten Werke.
In einer Musikpause kam Louise plötzlich ein Gedanke. Ganz in ihrer Nähe stand Benserade, der niemals aufgehört hatte, ihr zu huldigen. Er würde ihr sicherlich den Wunsch erfüllen, die Antwort an den König zu verfassen, ohne dass sie die Person, die den Brief geschrieben, zu verraten brauchte.
Bevor Lully den Taktstock zu seinem Adagio wieder hob, winkte sie den Dichter zu sich heran, der überglücklich ihrer Weisung folgte. Heimlich flüsterte Louise ihm die Bitte zu, sie morgen in der Dämmerung aufzusuchen. Strahlenden Antlitzes versprach er zu kommen. Benserade hatte seine fünfundvierzig Jahre und Fräulein von La Vallières knospende Jugend vergessen!
Als er am nächsten Nachmittag zu ihr kam, sank er in begeisterter Dankbarkeit zu ihren Füßen nieder. Er hatte nicht anders geglaubt, als dass das reizende Fräulein von La Vallière endlich
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