Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
ertrug es nicht länger ohne dich!”
Sie wollte sich ihm entwinden und hob scheu den Blick. Das Zimmer war leer. Sie waren allein. Da hing sie an seinem Hals und küsste ihn und sah zu dem geliebten Mann auf in gläubigem Vertrauen. Er zog sie an den Kamin, wo ein Tischchen mit kalten Speisen und einer Flasche Champagner bereitstand.
„Komm, meine kleine Louise, stärke dich und erwärme dich! Wie blass du bist von der langen, kalten Fahrt!”
Er setzte sich in einen der schweren goldgeschnitzten Stühle mit dem Wappen der Saint-Aignans und zog sie auf seine Knie. Er fütterte sie wie ein kleines Kind mit den besten Leckerbissen und hielt ihr das Glas mit Champagner an die Lippen, aus dem sie nippte wie ein kleines Vögelchen.
„Louise”, sagte er, „meine Louise”, und heißer und verlangender schlang er den Arm um sie.
„Weißt du, wie ich dich liebe?”, flüsterte er ihr ins Ohr.
Ihre blauen Augen blickten ihn voll zärtlicher Unschuld an.
„Ja, ich weiß.”
Er schüttelte den schönen Kopf.
„Nein, du weißt es nicht. Du kennst die Liebe nicht — soll ich sie dich lehren?”
Sie rückte scheu ein weniges von ihm ab. Es war etwas in seinem Blick, in seinem heißen fliegenden Atem, das sie namenlos ängstigte.
Der König riss das scheue Geschöpf von neuem an sein Herz. Er löste kosend ihre duftenden Locken und vergrub sein Gesicht in der blonden Fülle. Er bedeckte ihren Nacken, den weißen keuschen Busen, dessen zarte Linien aus dem Ausschnitt ihres golddurchwirkten Kleides hervorsahen, mit seinen glühenden Küssen.
„Louise”, stöhnte er, „Louise, liebe mich.”
Sie lag an seinem Herzen, überwältigt von der Glut seiner Liebe. Ahnungslos, was seine heißen dunklen Wünsche bedeuteten. Wie ein Verschmachtender presste er sie an sich.
„Liebe mich, liebe mich doch!”
Und da sie mit geschlossenen Augen, in halber Ohnmacht lag, nahm er die leichte Last und trug sie auf das purpurfarbene, rosenbestreute Seidenlager im Nebengemach.
IV
Die Novemberstürme heulten um das Schloss von Fontainebleau. Sie schlugen mit ihren rauen Händen die Blätter von den Bäumen und rissen die letzten Ranken von den Spalieren. Über den Teichen schwamm das dürre, tote Laub, und auf den Rasenplätzen, auf denen in diesen heißen Sommertagen so viel frohe Lust geherrscht, rannen die Nebelstreifen und zogen sich wie graue Leichentücher bis in den Wald, zwischen die ächzenden Eichenstämme, in dem der frohe Jagdruf verstummt war.
In dem einsam gewordenen Schloss lag die junge Königin in schweren Wehen. Anne d'Autriche und der König standen tröstend an ihrem Lager. Aber weder ihr Trost noch die heißen Gebete, die sie für das Leben der Königin zum Himmel sandten, vermochten die Schmerzensschreie aufzuhalten, die gellend durch die leeren Schlossgemächer hallten.
„ Non quiero parir, quiero morir — Ich will nicht entbinden, ich will sterben!”
Nach Stunden unerhörter Qualen wurde die Königin erlöst. Um Mittag dieses grauen Novembertages erblickte der Dauphin das Licht der Welt.
In tiefstem Herzen gerührt, küsste Louis das junge erschöpfte Weib und den Knaben. Dann nahm er den Dauphin, in warme Tücher gehüllt, in seine Arme und zeigte ihn vom offenen Fenster aus der jubelnden Menge, die im ovalen Schlosshof angstvoll der Stunde der Entbindung geharrt hatte.
Die Königin erholte sich schneller, als die Ärzte es anfangs für möglich hielten.
Louis' zarte Aufmerksamkeiten schufen ihr ein Glück ohnegleichen. Marie Thérèse hatte nur ein Gebet: Möchte das Glück anhalten, sich bewähren, auch wenn die wirbelnden Kreise von Paris und Versailles den König wieder in ihren wilden Strudel zogen!
Es war ein wundervoller klarer Wintertag, als der König in Gesellschaft des Herzogs von Saint-Aignan in die Rue Nicaise einbog. Vor einem kleinen, schiefen, altertümlichen Hause, das hinter zerbröckelndem Mauerwerk lag, blieb der König stehen.
„Wenn mich nicht alles täuscht, Herzog, sind wir zur Stelle!”
Saint-Aignan bejahte.
„Vorausgesetzt, Majestät wollen die Geschmeide für Ihre Majestät die Königin wirklich bei dem verrückten Kerl, dem Cardillac bestellen, dem man allerhand unheimliche Dinge nachsagt und der sich in vier Fällen von achten weigert, die ihm anvertraute Arbeit auszuführen.”
Der König lachte.
„Sie wissen, Herzog, ich frage nichts nach dem, was andere Leute sagen, im Guten nicht und im Bösen nicht. René Cardillac ist weitaus der
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