Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
tröstete sie mit freundlichen Worten. Ihre Tränen versiegten.
Sie sah ihn zweifelnd von der Seite an. War es ihm wirklich ernst um seine plötzliche Güte für sie, nachdem er sie so lange vernachlässigt hatte, konnte es Ernst sein nach allem, was die Soissons ihr gesagt?
In der frohen Aussicht auf ein paar glückliche Wochen mit Louise war der König heiter und nachgiebig gestimmt.
„Meine liebe Marie Therese”, sagte er, während der Schalk ihm im Nacken saß — „ich bin gekommen, nicht nur Ihnen Lebewohl zu sagen, sondern auch Ihnen ein feierliches Versprechen zu geben. Ich weiß, ich bin in Ihren strengen frommen Augen ein arger Tunichtgut und Sie eine Frau des besten Mannes wert. Ich bin heute sechsundzwanzig Jahre, Marie Thérèse. Lassen Sie mir noch vier Jahre Zeit, und ich verspreche Ihnen, mit dreißig Jahren der beste Ehemann von der Welt zu sein, dessen Treue diesseits und jenseits des Weltmeeres seinesgleichen suchen soll.”
Marie Thérèse wusste nicht, was sie aus diesem halb feierlich, halb scherzhaft vorgebrachten Geständnis machen sollte, aber als der König wirklich abgereist zwar, flossen ihre Tränen aufs Neue, und ihr Herz verzehrte sich in Kummer.
Villers-Cotterets war ein Fest gewesen. Vom frühen Morgen bis in die späten Nachtstunden allein, hatten die Glücklichen alle Wonnen ihrer Liebe genossen, ohne Zeugen, ohne Kritik, ohne Hass, ohne Missgunst. Aller Prunk, alle Etikette waren beiseite getan. Die Pracht von Versailles, das der König so gern „die schönste Blume in seiner Krone” nannte, lag hinter ihnen wie in einem goldenen Nebel. Dort waren Menschen um sie gewesen, hier in den Wäldern von Villers-Cotterets waren sie allein.
Sie haschten sich wie die Kinder, hügelauf, hügelab; sie spielten im Wald Verstecken miteinander und schrien laut auf vor Vergnügen und Überraschung, wenn eines das andere in seinem sicher geglaubten Versteck aufgestöbert hatte. Sie waren Schäfer und Schäferin und zogen in den einfachsten Kleidern — Louise das wundervolle Haar, das der König so zärtlich liebte, in goldenen Wellen aufgelöst —, ein frugales Mahl in der Tasche, für den ganzen Tag in die wundervollen Wälder der Landschaft hinaus.
Dann, wenn sie nach heiterem Spiel, nach Speis und Trank ruhten, hielt er das geliebte Weib in seinen Armen und koste den jungen Leib, der eine neue Frucht seiner Liebe trug. Und Louise gab sich ihm hin, anders als in Versailles, anders als in den Schlössern von Paris, wo jede neue Liebesfeier einen neuen Kampf bedeutete: für den König einen neuen Sieg, für Louise einen neuen Fall, von Tränen und heftigsten Selbstvorwürfen begleitet.
Hier vergaß das holde Geschöpf, dass der Geliebte König war, dass eheliche Bande ihn fesselten. Hier war er Louis und sie Louise; hier liebte sie ihn und ließ sich lieben ohne Selbstqual, ohne Gewissenspein.
Villers-Cotterets war eine neue Wollust für den Mann, eine neue Seligkeit für das Weib.
Erst als die Blätter fielen, kehrten sie nach Paris zurück. Sosehr Louise sich auch sträubte, fuhr der König sie ins Palais Brion. Sie sollte nicht noch einmal, wenn auch nur in das geringste Abhängigkeitsverhältnis von Madame zurück.
Zwei Tage nach seiner Heimkehr setzte der König seinen Willen bei Anne d'Autriche durch. Ohne zu fragen führte er die Geliebte in das Zimmer seiner Mutter zu einem intimen Spielabend, an dem nur die Königin, Monsieur, Madame und ein kleines Gefolge teilnahmen.
Keine der Königinnen verließ das Gemach, als der König, die Geliebte am Arm, eintrat, und wohl oder übel musste Madame es sich gefallen lassen, ihre Partie mit dem König, Monsieur und dem Fräulein von La Vallière zu spielen.
Louis hatte gesiegt. Aber sein Sieg war nicht mit Rosen, er war mit spitzigen Dornen gekrönt!
Marie Thérèse, weniger heroisch und weniger ergeben als ihre Schwiegermutter, warf die Kühnheit des Königs, der seiner Maitresse zuliebe alle Schranken durchbrach, auf ein schweres Krankenlager. Lange vor der Zeit gebar Marie Thérèse eine Prinzessin, ein Monstrum, schwarz von Angesicht, schrecklich von Gestalt, dessen grauenerregenden Anblick niemand so leicht vergaß. Ein glückliches Schicksal fügte es, dass die Prinzessin gleich nach der Geburt starb.
Verstört eilte der König ins Palais Brion. Er stürzte Louise zu Füßen, er umschlang ihren Leib und küsste ihn.
„Meine Louise”, flehte er, „schenke mir keine Tochter — erst Anne-Elisabeth, dann dieses furchtbare
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