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Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Titel: Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Duncker
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der Marquise, dessen Blut die Gräfin für die Hilfe des Satans benötigte, ist regelrecht getauft, ehe ich's zur Schwarzen Messe trug. Auch mit der kleinen Gräfin, die zu mir kam, um ihren Mann loszuwerden, habe ich das Geschäft nicht ohne weiteres abgeschlossen, so verlockend es war. Ich habe die kleine Gräfin in die Kapelle der heiligen Ursula geschickt, die Heilige um Besserung für den schlechten Ehemann zu bitten. Erst nachdem ihr Gebet nicht half, habe ich ihr geholfen.”
    Wieder lachte die Voisin gellend auf und klatschte sich auf die dicken Lenden.
    „Satan war heute großartig bei Laune. Meiner Klientin wird der Mord des Gatten glorreich gelingen. Auch der Abbé, zuweilen ein langweiliger Geselle, hat heute glänzend zelebriert. Er hat die Hilfe Satans für die Tat der Gräfin so beredt erfleht, dass alles fasziniert war, die kleine Gräfin selbst am meisten.”
    In den Augen der Giftmischerin leuchtete ein seltsam gierig sinnliches Funkeln auf. Sie schnalzte wollüstig mit der Zunge.
    „Sacré nom de Dieu, der nackte Leib der kleinen Gräfin war des Enthusiasmus wert. Möglich, dass der Abbé sich an ihm begeistert hat. Wie weißer Marmor lag er zwischen dem Kranz schwarzer Wachskerzen am Boden. Zum Küssen, sag' ich euch. Und als der Knabe der Marquise von dem Abbé erstochen wurde”, — die Voisin bekreuzigte sich aufs Neue — „Gott sei seiner unschuldigen Seele gnädig — leuchteten die großen schwarzen Augen der kleinen Gräfin wie Sterne!”
    Die Männer schauderten.
    „Dann setzte der Abbé mit eigener Hand den Becher auf die Brust der Gräfin. Eine unvermutete Menge Blut rann aus dem Körper des Kindes in den Pokal. Ein gutes Zeichen, wie ihr wisst. Je mehr unschuldiges Blut der Satan bekommt, umso gefügiger erweist er sich. Nachdem der Abbé von meinem Pulver in den Kelch geschüttet, setzte er ihn meiner Klientin selbst an die Lippen. Ich sage euch, so tief beugte er sich zu ihrem weißen nackten Leib herab, als wolle er ihn küssen. Parbleu, dann hätte es der alte Schurke mit mir zu tun gekriegt!”
    „Voisin!”, rief Gaston ängstlich und sah sich um, ob auch kein menschliches Wesen in der Nähe sei.
    Pierre stieß seinen Spießgesellen an.
    „Lasst sie — sie hat getrunken”, flüsterte er. Die alte Chiromantin hatte nicht auf die Männer gehört. Sie spann an ihren Gedanken weiter.
    „3.000 Francs für ein Sukzessionspulver! Die kleine Gräfin wird ja wissen, warum sie's tut. Morgen schon kann sie, wenn sie will, ihr neues Hochzeitsbett in Freuden genießen. Parbleu”, die Augen der Voisin funkelten gierig: „Ich beneide den Kerl, der es mit ihr teilt!”
    Gaston hatte die Hand über die Augen gelegt. Ein so gutes Geschäft sie war, schaurig blieb die Schwarze Messe doch!
    Die Voisin war inzwischen in die Hütte getreten, aus der die giftigen Gase und Dünste sich verflüchtigt hatten. Auf dem rußigen Herd stand eine Reihe von Tiegeln, Gläsern, Flaschen, Retorten und Kohlenbecken. Pierre und Gaston, die der Voisin in die Hütte gefolgt waren, legten ihre Einkäufe an Pulvern, Chemikalien, Arsenik und Giftkräutern auf einen Tisch neben dem Herd, auf dem ein paar zerlesene Schriften lagen.
    „Ich habe meinen Tag nicht verloren”, sagte die kleine dicke Person, sich wie ein Puter aufblähend.
    „Zwischen der Schwarzen Messe und dem Begräbnis habe ich meinen Meister Doktor Exili und die chemischen Aufzeichnungen des königlichen Apothekers Glaser wieder mal studiert.”
    „Der Italiener ist mir lieber als der Schweizer”, brummte Monsieur Pierre.
    Die Voisin lachte ihr bösartigstes Lachen.
    „Kein Wunder. Exilis Erfindung seines feinen, spurlosen Giftes macht uns alle zu reichen Leuten.”
    Sie rieb die fleischigen Hände.
    „Verlass dich nicht zu fest auf seine Spurlosigkeit. Noch ist die Pariser Polizei und die ,Chambre ardente` am Leben.”
    Er schauderte. Es lief dem Mann eiskalt über den Rücken. Die Voisin schnippte mit den kurzen, dicken Fingern.
    „Ah bah, mögen sie! Mich schleifen sie so leicht nicht vors Tribunal, und ein Place de Grève existiert nicht für mich!”
     
    Wie vor Jahren in jener dunklen, nebligen Herbstnacht in Fontainebleau stand der König seiner Mutter heute, an einem strahlenden Augustmorgen, in Versailles gegenüber. Er war eben mit Louise von einem jener langen Spaziergänge durch die Gärten zurückgekommen, die er fast täglich unter vier Augen mit ihr unternahm, wenn er nicht allein mit ihr zum Jagen ritt.
    Hand in Hand,

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