Die Geliebte des Trompeters
zufrieden aus! Wie konnte das sein? So viel hatte Chet in seinem kurzen Liebesleben schon gelernt, dass es darauf ankam, es den Frauen
zu besorgen
. Was? Das hatte er freilich noch nicht verstanden, es lief jedenfalls darauf hinaus, dass sie leise stöhnten und seufzten und dass sie ihre manikürten Fingernägel in seine Schultern gruben. Und je mehr man sich beeilte und ihnen harte Stöße verpasste, umso schneller stöhnten sie auch und waren dankbar und ließen sich nach Hause bringen.
Dieses Mädchen hier hatte kurze und ziemlich schmutzige Fingernägel. Sie hatte kein bisschen gestöhnt, sondern, wenn er es recht gehört hatte, eher leise gelacht. Sie hatte entschlossen nach ihm gegriffen und ihn sich einfach genommen wie eine Ware aus einem Regal im PX. Chet wusste, dass Mädchen wie Ricky gar keinen Zugang zum PX hatten, aber sie benahm sich so. Sie benahm sie wie eine, die es gewohnt war, auszusuchen und sich zu nehmen, was ihr gefiel. Und auch jetzt sah sie noch so aus, als wollte sie ihn. Wie konnte das sein? Chet verstand die Welt nicht mehr und hielt überrascht still, als Ricky nach seinem Geschlecht griff, es vorsichtig drückte und rieb, um dann, als ihre Bemühungen allmählich Erfolg zeigten, alle Vorsicht fahren zu lassen.
Er wollte sich aufstützen, sich zu ihr wenden und es erneut versuchen, aber Ricky schüttelte den Kopf und drückte ihn mit der freien Hand nieder. Sie wollte es ihm zeigen, wollte ihm zeigen, wie man hier und dort streicheln und drücken konnte, wie man zog und drehte, innehielt und beschleunigte, aber im Kopf des Jungen begann sich alles zu verwischen, und während er sich verwundert Rickys geübten Händen hingab, spürte er, wie in ihm etwas heiß wurde und schmolz und anfing, sich zu bewegen, und sich aufbäumte und wogte und ihn |110| schließlich machtvoll überwältigte wie eine einzige große Welle. Er tauchte ein, und er tauchte unter. Er kam zu Atem. Er hatte nichts begriffen. Aber er wollte mehr von dem, was er nicht begriff.
Danach war es Ricky gewesen, die ihm in die Hosen half. Sie selbst war die paar Meter zu ihren Kleidern allein zurückgegangen, um blitzschnell hineinzuschlüpfen. Und dann hatte sie ihn, so weit es ging, begleitet. Zum Abschied hatte sie ihn küssen wollen, einfach so, mitten auf der Straße, und Chet wunderte sich, warum die Mädchen immerzu aufs Küssen aus waren, er fand nichts dabei, und Ricky dachte: Das werde ich ihm schon noch beibringen! Und strich mit ihrer Zunge über seine fest geschlossenen Lippen. Chet öffnete nie die Lippen beim Küssen, er vermied es, seit ihm ein Stein einen Vorderzahn ausgeschlagen hatte, aber das hatte Ricky noch nicht bemerkt. Kein Mensch bemerkte es, wenn Chet das nicht wollte, er hatte eine gewisse Kunstfertigkeit im Lächeln mit geschlossenem Mund entwickelt, eine Serie von gefassten Mienen konnte er zeigen, und das trug nicht wenig zu seiner vermeintlichen Rätselhaftigkeit bei. Chet brachte die Frauen ins Grübeln, und so grübelte selbst Ricky. Obwohl sie ihm so überlegen gewesen war, kam auch Ricky nicht von ihm los, obwohl er nichts Großartiges geleistet und sich als unzureichender Liebhaber erwiesen hatte. Aber vielleicht war es ja gerade das.
Chet langweilte sich. Er langweilte sich während des Trainings, das die Männer in Form und bei Laune halten sollte. Er langweilte sich, wenn er Wache hatte und vor der Kaserne sinnlos auf und ab marschierte und niemanden zu verscheuchen hatte als ein paar unbotmäßige Liebespaare. Für ein paar Zigaretten ließ er sie einmal vorbei, Parfüm verschaffte ihnen einen Dauerpassierschein. Ricky war scharf auf Zigaretten wie |111| alle Deutschen, aber sie war geradezu versessen auf Parfüm, obwohl er es nie an ihr roch.
Chet langweilte sich zunehmend auch bei den Patrouillen, bei denen sie meistens nur in hohem Tempo durch die Berliner Wohnbezirke fuhren, die Scheinwerfer aufgeblendet, sobald sie einen russischen Konvoi sahen. Nichts als Imponiergehabe, durchsichtig wie das Getue der älteren Kameraden, die sich bei den Liegestützen, dem Handstand oder den Flic-Flacs hervortaten. Sinnlose Kunststücke, die niemandem etwas nützten!
Chet lag auf seiner Pritsche und spürte ein nervöses Zucken in den Kniekehlen, wie oft, wenn er zur Untätigkeit verurteilt war. Er kratzte sich lange, auch am Kopf. Einen kurzen Moment überlegte er, ob er es sich selbst besorgen sollte, aber dazu war er zu träge. Er hatte keinen Ausgang, die einzige Abwechslung war das
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