Die Geliebte des Zeitreisenden
auf die Vorratssäcke, die auf offenen Regalen lagerten. »Du hast gesagt, dass es hier etwas zu essen gibt?«
Sie hatte zwar Appetit, aber er musste sich doch kurz vor dem Verhungern befinden. Sie deutete auf die Stalagmiten und Stalaktiten. »Bedien dich. Diese Höhle ist reich an Platin.«
»Kann ich es essen, während ich noch in menschlicher Gestalt bin?« Er brach eine Spitze ab.
»Deine Zähne sind stärker geworden, und dein Verdauungssystem wird sich schon angepasst haben.«
Er hob eine Braue, roch an dem Zapfen und nagte daran. Sie tat dasselbe und füllte ihren Vorrat an denjenigen Nährstoffen auf, die sie so dringend benötigte.
»Was ist mit ihm?« Lucans Blick wanderte zu Merlin hinüber. »Fütterst du ihn nicht?«
»Die meiste Zeit geht er auf Jagd und ernährt sich selbst.«
»Merlin hat dir in der Residenz das Leben gerettet. Wenn er nicht angegriffen hätte ...«
»Er ist ein guter Freund.«
Merlin hockte über dem Eingang, als schiebe er Wache. Hin und wieder drehte er den Kopf und blinzelte.
»Wie hat er uns hier gefunden?«, fragte Lucan.
Sie zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung.«
»Als dich diese Männer bei der Residenz gefangen genommen haben, hat mich Merlin unmittelbar zu dir geführt.« Lucan blickte von der Eule zu Cael hinüber. Seine Augen wirkten leuchtend klar, und eine blaue Eindringlichkeit schimmerte unter der Oberfläche. »Ist er dir auch nach Avalon gefolgt?«
Cael glaubte ihn in dem Kühlschacht gesehen zu haben. »Ich bin mir nicht sicher. Warum?«
»Ich bin bloß neugierig. Wie lange ist er schon dein Haustier?«
»Merlin ist kein Haustier. Er ist wild und frei.«
»Aber er taucht immer dann auf, wenn...«
»Wenn er es für nötig hält.« Sie legte ein Laken auf den Boden, setzte sich und rutschte zur Seite, damit auch Lucan Platz darauf hatte. »Merlin war plötzlich da, als ich mich zum ersten Mal in einen Drachen verwandelt habe. Er begleitet mich oft. Über seine Gesellschaft bin ich froh.«
Sie goss ihnen Saft aus den Vorräten ein und teilte mit Lucan ein paar Honigküchlein, die sich in einem luftdichten Behälter befunden hatten. Lucans Fragen erschienen ihr seltsam. Es war beinahe so, als wollte er andere Themen unbedingt vermeiden - zum Beispiel das der Gefühle, die sich offensichtlich zwischen ihnen entwickelten.
Mit den Fingern fuhr sie ihm über den Handrücken, spielte mit seinem Ärmel und seinem Handgelenk, an dem die empfindlichen Schuppen ins Flattern gerieten.
Er zuckte zusammen, wandte sich aber nicht von ihr ab. Er schien überrascht zu sein. Seine Augen weiteten sich, er knöpfte die Manschetten seines Hemdes auf, drehte die Handflächen nach oben und starrte sie an. Die Schuppen traten deutlich hervor und vibrierten.
Er atmete tief ein. »Was wird sonst noch alles passieren?«
»Du wirst stärker. Dein menschliches Fleisch wird dichter und fester. Wenn du dich verletzt, wird es schneller heilen. Und du wirst langsamer altern.«
»Wie langsam?«
Sie beugte sich zu ihm hinüber und küsste seine Schuppen, die mit einer wellenartigen Bewegung auf diese Berührung reagierten. »Drachenwandler können mehrere hundert Jahre alt werden. Aber da du nicht mit diesem Blut geboren wurdest...«
»Mehrere hundert Jahre?« Er stieß einen Pfiff aus. »Und es gibt keine Möglichkeit, diesen Prozess umzukehren?«
»Warum solltest du das wollen?« Sie schenkte ihm ein verführerisches Lächeln und beobachtete, wie sich seine Schuppen kräuselten, während seine Lust stärker wurde. Seine Iris wurde dunkler und größer, bis das Weiß in den Augen ganz verschwunden war.
Er war ein wunderschöner Mann. Als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, war er schon größer als die meisten Dragonier gewesen, aber auch stärker und agiler. Doch das Drachenblut hatte seine Wangenknochen kantiger und seine Sehnen kräftiger gemacht. Er hatte zugelegt - aber nur an Muskeln.
Er war nicht mehr bloß ein Mann - eher glich er einer Naturgewalt. Eine sehr männliche und gut aussehende Naturgewalt.
Er legte sich auf dem Laken zurück, und sie kuschelte sich an ihn und presste ihre Wange gegen seine Brust. Sie hörte seine Herzschläge - beide. Gütige Göttin! Sein Körper entwickelte sich und machte ihn in fast jeder Hinsicht zu ihrem vollendeten Partner.
Sie sah, dass er die gegenseitige Anziehungskraft genauso wenig leugnen konnte wie sie. Sie hörte, wie sein Puls schneller und sein Atem unregelmäßig wurde.
»Ich will dich«, murmelte sie.
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