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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hat?«
    Er blickte an sich hinunter und strich nachdenklich über die Stelle.
    »Hm, nein, nicht dieselbe. Diese Dame hat niedrigere Zahlen vorgezogen. Ich glaube, sie hat sich für die Sechs entschieden. Die Neun kümmerte sie nicht.«
    »Jamie«, sagte ich und klopfte nachdrücklich mit dem Fuß auf den Boden. »Wo warst du die ganze Nacht?«
    Er schöpfte mit den Händen ein wenig Wasser aus dem Becken, spritzte es sich ins Gesicht und ließ es über seine dunkelroten Brusthaare rinnen.
    »Hm«, antwortete er und zwinkerte die Tropfen aus den Wimpern. »Laß mich überlegen. Zuerst haben wir in der Taverne zu Abend gegessen und sind dort auf Glengarry und Millefleurs gestoßen.« Monsieur Millefleurs war ein Pariser Bankier und Glengarry einer der jungen Jakobiten und Oberhaupt eines Seitenzweiges des MacDonell-Clans. Jamies Bemerkungen zufolge war er auf Besuch und seit kurzem des öfteren in Charles’ Gesellschaft anzutreffen. »Anschließend haben wir uns auf den Weg zum Duca di Castellotti gemacht, um bei ihm Karten zu spielen.«
    »Und danach?« fragte ich.
    Eine Taverne. Und noch eine. Und dann ein Etablissement, das einer Taverne ähnelte, dazu aber noch von etlichen Damen von ansprechendem Äußeren und noch ansprechenderen Talenten geschmückt wurde.
    »Aha, Talenten!« sagte ich und blickte auf die Bißwunde.
    »Mein Gott, sie haben das in aller Öffentlichkeit gemacht«, wehrte sich Jamie schaudernd. »Zwei von ihnen. Auf dem Tisch. Zwischen dem Lammrücken, den Kartoffeln und dem Quittengelee.«
    » Mon dieu «, sagte das Mädchen, das soeben mit einer weiteren Kanne eingetreten war, und bekreuzigte sich.
    »Sie halten den Mund«, wies ich sie grimmig an. Erneut wandte ich meine Aufmerksamkeit meinem Ehemann zu. »Und anschließend?«
    Offenbar ging man anschließend zu allgemeineren Vergnügungen über, wenn auch immer noch unter den Augen des Publikums. Mit gebührender Rücksicht auf Marguerites Gefühle wartete Jamie
mit weiteren Ausführungen, bis sie das Zimmer verlassen hatte, um eine weitere Kanne Wasser zu holen.
    »... Castellotti zog die Dicke und die kleine Blonde in eine Ecke, und...«
    »Und was hast du währenddessen getan?« unterbrach ich seinen aufregenden Bericht.
    »Zugeschaut«, entgegnete er überrascht. »Es schien mir nicht besonders anständig, aber unter den Umständen blieb mir kaum eine andere Wahl.«
    Während er redete, kramte ich in seiner Felltasche und förderte nicht nur eine kleine Geldbörse zutage, sondern auch einen großen, wappenverzierten Metallring. Neugierig streifte ich ihn mir über den Finger. Aber er war um einiges weiter als ein normaler Ring und sah an meinem Finger aus wie ein Wurfring an einem Stecken.
    »Wem gehört dieses Ding?« fragte ich und streckte es Jamie entgegen. »Das Wappen sieht aus wie das des Duca di Castellotti, aber derjenige, dem es gehört, muß Finger wie Würste haben.« Castellotti ähnelte einer ausgezehrten italienischen Bohnenstange, und sein verkniffenes Gesicht deutete auf eine chronische Verdauungsstörung hin. Kein Wunder angesichts dessen, was Jamie über ihn erzählte. Quittengelee - meiner Treu!
    Als ich hochblickte, sah ich Jamie vom Scheitel bis zur Sohle erröten.
    »Äh«, stotterte er und widmete sich mit übertriebenem Eifer einem Schmutzfleck auf dem Knie. »Er... gehört nicht an den Finger.«
    »Wohin denn...? Ach so.« Ich betrachtete den runden Gegenstand aus einem neuen Blickwinkel. »Guter Gott, von diesen Dingern habe ich schon gehört...«
    »Wirklich?« Jamie war schockiert.
    »Aber ich habe nie zuvor einen gesehen. Paßt er dir?« Ich wollte ihn Jamie überstreifen, doch der legte hastig die Hände über seine intimsten Teile.
    Marguerite betrat das Zimmer mit einer neuen Kanne und versicherte ihm: » Ne vous en faites pas , Monsieur. J’en ai deja vu un .« Keine Sorge, Monsieur, ich habe schon mal einen gesehen.
    Sein Blick wanderte zwischen dem Mädchen und mir hin und her. Dann warf er sich die Decke über den Schoß.
    »Schlimm genug, daß ich die ganze Nacht meine Tugend verteidigen
mußte«, bemerkte er bitter. »Nun muß ich mich auch noch in aller Frühe dafür rechtfertigen.«
    »Deine Tugend, so so!« Ich warf den Ring von einer Hand in die andere, wobei ich ihn jeweils mit dem Zeigefinger auffing. »Ein Geschenk, nehme ich an? Oder nur eine Leihgabe?«
    »Ein Geschenk. Hör auf, Sassenach«, sagte er und verzog das Gesicht. »Du weckst Erinnerungen.«
    »Ach, wirklich?« Ich ließ ihn

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