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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Nasenrücken feucht glänzte, war Jamie längst nicht so schlapp wie ich.
    »Nein, ich bin jetzt ziemlich sicher, daß Louis mit den Stuarts nichts zu tun haben will - zumindest nicht mit deren Bemühungen, den Thron zu besteigen. Monsieur Duverney versichert mir, daß der Staatsrat dergleichen vehement ablehnt. Es kann zwar sein, daß Louis auf Drängen des Papstes Charles doch noch eine kleine Apanage zugesteht, aber der König ist nicht geneigt, die Stuarts in Frankreich populär zu machen, solange ihm der englische König George über die Schulter guckt.« Jamies Plaid wurde heute von einer Brosche zusammengehalten - ein schönes Schmuckstück, das ihm seine Schwester aus Schottland geschickt hatte. Es hatte die Form springender Hirsche, deren gekrümmte Leiber sich zu einem Kreis schlossen, so daß sich Köpfe und Schwänze berührten. Mit einem Zipfel des Plaids wischte sich Jamie das Gesicht ab.
    »Ich glaube, ich habe in den letzten Monaten mit allen bedeutenden Bankiers von Paris gesprochen, und sie alle sind grundsätzlich
nicht interessiert.« Er lächelte schelmisch. »Niemand hat so viel Geld, daß er nicht weiß, wohin damit und ein so prekäres Unternehmen wie die Restauration der Stuarts finanziert.«
    »Und damit«, sagte ich und reckte mich stöhnend, »bleibt nur noch Spanien.«
    Jamie nickte. »Genau. Dougal MacKenzie«, bemerkte er selbstgefällig. Neugierig setzte ich mich auf.
    »Hast du etwa von ihm gehört?« Trotz anfänglicher Zurückhaltung hatte Dougal Jamie als eifrigen Mitstreiter akzeptiert, und die übliche Ausbeute an verschlüsselten Briefen wurde durch eine Reihe vertraulicher Mitteilungen ergänzt, die Dougal uns aus Spanien schickte, damit Jamie sie las und an Charles Stuart weiterleitete.
    »Das habe ich.« Aus seinem Gesichtsausdruck schloß ich, daß es gute Nachrichten waren - wenn auch nicht für die Stuarts.
    »Philipp lehnt es ab, die Stuarts in irgendeiner Weise zu unterstützen«, sagte Jamie. »Er hat vom päpstlichen Offizium Nachricht erhalten: Er soll sich aus dieser Sache raushalten.«
    »Weißt du, warum?« Wir hatten zwar kürzlich mehrere Briefe eines päpstlichen Boten abgefangen, aber da sie alle an James oder Charles Stuart adressiert waren, enthielten sie nicht unbedingt Hinweise auf Unterredungen Seiner Heiligkeit mit Vertretern Spaniens.
    »Dougal jedenfalls glaubt es zu wissen.« Jamie lachte. »Ziemlich empört ist er, der Gute. Seit fast einem Monat hängt er in Toledo herum und wird schließlich mit einem vagen Versprechen abgespeist, man werde ›zu gegebener Zeit helfen, Deo volente ‹.« Mit seiner tiefen Stimme ahmte er den frommen Tonfall so gut nach, daß auch ich lachen mußte.
    »Benedikt will Spannungen zwischen Spanien und Frankreich vermeiden. Er möchte nicht, daß Philipp und Louis Geld verschwenden, für das er selbst Verwendung haben könnte, weißt du«, bemerkte er zynisch. »Es gehört sich zwar nicht für einen Papst, dergleichen zu äußern, aber Benedikt hat seine Zweifel, ob ein katholischer König England halten könnte. Schottland hat seine katholischen Oberhäupter unter den Highland-Clans, aber es ist einige Zeit her, daß in England ein katholischer König regiert hat - und wahrscheinlich wird es noch verdammt lange dauern, bis wieder einer kommt - Deo volente « , fügte er grinsend hinzu.
    Er kratzte sich am Kopf und zerzauste sich dabei die rotgoldenen
Haare. »Sieht ziemlich übel aus für die Stuarts, Sassenach, und das sind gute Nachrichten. Nein, von den bourbonischen Monarchen ist keine Hilfe zu erwarten. Das einzige, was mir jetzt noch Sorgen macht, ist das Geld, das Charles Stuart beim Comte de St. Germain investiert hat.«
    »Du glaubst also nicht, daß es dabei nur ums Geschäft geht?«
    »Vordergründig schon«, meinte er stirnrunzelnd, »aber es steckt noch mehr dahinter. Ich habe etwas munkeln hören.«
    Die Bankiersfamilien von Paris waren zwar nicht ernsthaft geneigt, den jungen Prätendenten auf den schottischen Thron zu bringen, aber dies konnte sich leicht ändern, wenn Charles plötzlich Geld für Investitionen besaß.
    »Seine Hoheit hat mir von einer Unterredung mit den Gobelins erzählt«, berichtete Jamie. »St. Germain hat ihn dort eingeführt, sonst hätten sie ihn wohl nicht empfangen. Der alte Gobelin hält Charles für einen Narren und Tunichtgut, und einer seiner Söhne denkt genauso. Aber der andere - er möchte abwarten; wenn Charles mit seiner Unternehmung Erfolg hat, kann er ihm vielleicht

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